Romanisches Haus (Berlin)

Romanisches Haus (Berlin)
Das Romanische Haus um 1900

Das Romanische Haus war ein Gebäude an der Westseite des Auguste-Viktoria-Platzes in Berlin-Charlottenburg zwischen Kurfürstendamm und Kantstraße. Es trug die Adresse Kurfürstendamm 10 und 10a und wird manchmal auch als erstes Romanisches Haus bezeichnet, weil gegenüber im Jahr 1901 noch ein zweites Gebäude mit dieser Bezeichnung errichtet wurde.

Geschichte

Das erste Romanische Haus in Berlin wurde auf Anregung des Kaisers von Franz Schwechten geplant. Schwechten hatte bereits die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche entworfen, die 1895 eingeweiht wurde, und sollte auch die Umgebung dieser Kirche entsprechend gestalten. Das erste Romanische Haus wurde in den Jahren 1893 bis 1896 gegenüber dem Hauptportal der Kirche errichtet; später folgte noch das zweite Romanische Haus, in dem sich das Romanische Café befand. Zum Romanischen Forum gehörten ferner noch die Ausstellungshallen am Zoo von Carl Gause sowie das Haus Kaisereck.[1]

Beim Bau des ersten Romanischen Hauses blieb Schwechten, um den Eindruck der Kirche nicht zu schmälern, etwa 7 Meter hinter der für den Bau zulässigen Fluchtlinie zurück. Zusammen mit dem aufwändigen Fassadenschmuck aus Sandstein mit durchgehenden Loggien und der Innenausstattung, zu der Mosaiken, Marmorsäulen und -kamine und bunte Glasfenster gehörten,[2] trieb dies den Preis des Gebäudes in die Höhe: Die Baukosten betrugen rund 1 600 000 Mark. Wohnungen im Romanischen Haus wurden entsprechend teuer vermietet.

Das Haus gehörte von 1894 bis 1910 dem Landschaftsmaler Julius Bodenstein (1847–1932). Nach dem Verkauf wurde es umgebaut: Schwechten plante auf dem Nachbargrundstück in der Kantstraße ein Romanisches Hotel und das Erdgeschoss des Romanischen Hauses wurde zum Restaurant „Regina-Palast“ umgebaut. Der unbebaute Baugrund zwischen Fluchtlinie und Haus wurde für die Zeit bis 1928 zum Wirtsgarten, dann fiel er einer Straßenverbreiterung zum Opfer.

1924/25 erfolgte ein weiterer Umbau: Der „Regina-Palast“ wurde vom „Café Trumpf“ abgelöst. Dieses Café wurde 1931 von der Haus Vaterland GmbH übernommen und später an Kempinski übergeben.[3] Der italienische Schriftsteller Giuseppe Tomasi di Lampedusa verfasste 1930 in einem Brief eine detailreiche Schilderung des Cafés. Darin heißt es, das Café Trumpf sei „so groß wie das Dach des Palermer Bahnhofs“, aber durch Treppen, Zwischenetagen etc. geschickt unterteilt gewesen. Laut Tomasi di Lampedusa waren die unteren Teile der Wände mit grünem Marmor verkleidet, die oberen mit Wachsmalerei in hellerem, goldpailettiertem Grün geschmückt, die Decke golden. Er erwähnt auch eine Arkade aus grünen Holzsäulen, eine Tanzfläche und eine gläserne Wand, durch die man „den Kurfürstendamm, die Myriaden Lichter, den infernalischen Verkehr und den unbeschreiblichen Regen“ gesehen habe. Ein fünfzehnköpfiges Orchester spielte laut Tomasi di Lampedusas Schilderung im Café Trumpf auf.[4] Obwohl er das Café Trumpf als ein „ganz gewöhnliches respektierliches und banales Kaffeehaus“ ansah, berichtete Tomasi di Lampedusa auch von „allzu glatt rasierten Jüngelchen, die schmachtend an den Ecktischchen sitzen, bis ein alter fetter Herr mit rot angelaufenem Gesicht und glubschenden Augen sich entscheidet“.[5] Während des Dritten Reichs gehörte das Café Trumpf zu den Etablissements, in denen das jüdische „Greifer“paar Stella Goldschlag und Rolf Rogoff im Auftrag der Gestapo Juden aufspürte.[6]

Das Romanische Haus mit dem Gloria-Palast um 1940

Im 1. und 2. Obergeschoss wurde beim Umbau das Filmtheater „Gloria-Palast“ eingerichtet. Zuvor hatte die Firma J. C. Pfaff, die Möbel und Raumkunst produzierte,[7] diese Stockwerke genutzt. Das Kino fasste etwa 1200 Zuschauer und war luxuriös ausgestattet. Es wurde 1926 eingeweiht und entwickelte sich schnell zum Kino für Uraufführungen. Unter anderem wurde hier 1930 Der blaue Engel zum ersten Mal gezeigt.[8]

Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Romanische Haus von Bombentreffern schwer beschädigt; später wurden die Überreste abgetragen.

Rolandsbrunnen

Im Jahr 1900 wurde im Vorgarten des Romanischen Hauses, der von einem schmiedeeisernen Zaun eingefasst war, ein Brunnen aufgestellt, dessen Entwurf Schwechten auf der Gewerbeausstellung 1896 gezeigt hatte. Er bestand aus einer großen Brunnenschalde, in deren Mitte ein von vier Löwen umgebenes Podest übereinander drei weitere Schalen trug. Gekrönt war dieser Aufbau von einer Rolandsstatue. Dieser Brunnen wurde 1928 abgebaut, als der Vorgarten des Romanischen Hauses der Straßenverbreiterung zum Opfer fiel. Der Rolandsbrunnen wurde an die Stadt Riesenburg in Westpreußen verkauft und ist als einziges Überbleibsel des Romanischen Hauses erhalten geblieben.[9]

Einzelnachweise

  1. http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/bezirk/lexikon/romanischesforum.html
  2. http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/bezirk/lexikon/romanischehaeuser.html
  3. Jochen Kleining, M. Kempinski & Co. Die „Arisierung“ eines Berliner Traditionsunternehmens, Diplomica-Verlag 2008, ISBN 978-3836661942, S. 44
  4. Giuseppe Tomasi di Lampedusa, Ein Literat auf Reisen. Unterwegs in den Metropolen Europas, München/ Zürich 2009, ISBN 978-3-492-26368-9, S. 161
  5. Giuseppe Tomasi di Lampedusa, Ein Literat auf Reisen. Unterwegs in den Metropolen Europas, München/ Zürich 2009, ISBN 978-3-492-26368-9, S. 162
  6. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13680169.html
  7. http://www.aktiensammler.de/br/archiv_branchen_detail.asp?AREA=711&ID=336113&NS=1
  8. http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/bezirk/lexikon/gloriapalast.html
  9. http://www.diegeschichteberlins.de/geschichteberlins/berlin-abc/stichworteag/544-charlottenburg-rolandbrunnen.html
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