Stresstest (Finanzwirtschaft)

Stresstest (Finanzwirtschaft)
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Ein Stresstest ist ein Instrument des Risikomanagements. Mittels Szenariotechnik wird hierbei die Auswirkung einer außergewöhnlich starken Veränderung exogene Faktoren (meist Marktwerte) auf Unternehmen, Anlageportfolien, Renditen oder ähnlichem untersucht. Im Finanzwesen werden Stresstests vor allem zur ergänzenden Bewertung des Marktrisikos herangezogen.[1]

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Welchen Wert der Verlust einer bestimmten Risikoposition (z. B. eines Portfolios von Wertpapieren) mit einer gegebenen Wahrscheinlichkeit und in einem gegebenen Zeithorizont nicht überschreitet wird üblicherweise mit dem Value at Risk ermittelt. Diese Kennziffer hat jedoch eine wesentliche Einschränkung: Das Risiko ist im Gegensatz zu dem Modell nicht normalverteilt.

Daher wird ergänzend zur Berechnung des Value at Risk auch ein Stresstest durchgeführt, der die Auswirkungen extremer Szenarien bewertet, die im Value at Risk nicht angemessen berücksichtigt werden.

Stresstests sind bei Kreditinstituten, Fondsgesellschaften oder Versicherungsgesellschaften teilweise gesetzlich vorgeschrieben um durch hypothetische Krisensimulation zu zeigen, welche Auswirkungen sie auf die Ertrags- und damit Eigenkapitalsituation von Finanzdienstleistern hat und ob sie zur Unternehmenskrise führen kann.

Spezielles

Insbesondere die Finanzkrise 2007 und die Bankenpleite der Lehman Brothers 2009 hatten bekanntlich gravierende negative Auswirkungen zunächst auf relevante Teilmärkte (Börse, Interbankenmarkt) und später auch auf die weltweite Volkswirtschaft. Da die Funktionssicherheit von Kreditinstituten, Versicherungen und sonstigen Finanzdienstleistern essentiell für eine funktionierende Volkswirtschaft ist, wurden auf den wichtigsten Finanzmärkten Stresstests für bestimmte Kreditinstitute eingeführt. Diese Stresstests basierten auf einem bestimmten Krisenszenario, das durch genau festgelegte Datenveränderungen auf diese Institutionen einwirkte.

Vorbild für europäische Maßnahmen war der Stresstest für 19 US-amerikanische Banken, der im April 2009 stattfand. Dabei wurde geprüft, ob die getesteten Institute zwei Jahre durchhalten könnten, wenn sich die Wirtschaft noch schlechter entwickelt, als von der Regierung angenommen. Kritisiert wurde dabei, dass die Szenarien, die unterstellt wurden, immer noch zu optimistisch gewesen seien. So war die Arbeitslosigkeit im ersten Quartal 2009 mit 8,1 % bereits höher als von der Regierung im Stresstest angenommen.[2]

Parameter

Datenverändernde exogene Faktoren wie wirtschaftliche Parameter können z. B. steigende/fallende Zinsen, Aktienhausse/-baisse, Rohstoffpreisveränderungen, Devisenkursveränderungen oder eine allgemeine Rezession sein. Derzeit stehen Stresstests für das Kreditportfolio durch die Umsetzung des ICAAP (Internal Capital Adequacy Assessment Process) im besonderen Fokus der Banken.

Nach der Griechenlandkrise 2009/2010 unterzogen staatliche und EU-Institutionen[3] das europäische Bankensystem im Mai 2010 einem Stresstest. Bei diesem wurde eine heftige Rezession simuliert, die mit einem Einbruch an den Aktienbörsen und Turbulenzen am Markt für Staatsanleihen einherging. Das Ergebnis wurde im Juli 2010 veröffentlicht.[4] Bestanden hatten nur Kreditinstitute, die selbst unter diesen widrigen Bedingungen immer noch eine Kernkapitalquote von mindestens 6 % aufweisen konnten. Danach haben von den 91 getesteten Banken nur sieben (7,7 %) den Stresstest nicht bestanden. In Deutschland hat lediglich die Hypo Real Estate (HRE) die Hürde nicht geschafft; sie befand sich in der Umstrukturierung. Den simulierten erheblichen Belastungsszenarien konnten außerdem 5 spanische Sparkassen und eine griechische Bank nicht standhalten.[5]

Ziele

Generelles Ziel solcher Stresstests ist die Prüfung der Stabilität des Bankensektors. Die Stresstests sollen mögliche Schwachstellen aufdecken, die bei einer wirklichen Marktstörung möglicherweise existenzielle Auswirkungen hätten, die Robustheit der Kernkapitalquoten verifizieren und Wirkungen auf die Liquidität der betroffenen Institute offenlegen. Nicht zum Worst-Case-Szenario des Stresstests aus 2010 gehörte indes eine Staatsinsolvenz, die zu verlustbringenden Zwangsabschreibungen der von den Kreditinstituten gehaltenen betroffenen Staatsanleihen führen würde. Hierzu wurde argumentiert, dass eine Staatsinsolvenz in der EU durch die ergriffenen und noch geplanten Stabilisierungsmaßnahmen auszuschließen sei und deshalb nicht simuliert werden müsse.[6]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. z.B. Daniela Unger: Value-at-Risk basiertes Risikomanagement zur Beurteilung von Marktrisiken, 2009, ISBN 3640331826, Seite 35 ff. Online
  2. Süddeutsche.de vom 7. Mai 2009, Geithner gibt Entwarnung
  3. organisiert von der Vereinigung der europäischen Bankenaufseher CEBS
  4. zeit.de, Die Zeit vom 23. Juli 2010, Mark Schieritz: Restrisiko Staatspleite. - Der Stresstest zeigt: Europas Banken sind sicher, so lange die Pleite eines Landes verhindert wird. Wenn nicht, fallen sie wie Dominosteine.
  5. Die Zeit vom 23. Juli 2010, Schäuble erfreut über gute Resultate der deutschen Banken
  6. Die Zeit vom 23. Juli 2010, Mark Schieritz, a.a.O.

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