Christian Schultz-Gerstein

Christian Schultz-Gerstein

Christian Schultz-Gerstein (* 2. Oktober 1945 in Dahl (Hagen); † März 1987 in Hamburg) war ein deutscher Journalist.

Schultz-Gerstein absolvierte an den Universitäten von Hamburg und Tübingen ein Studium der Germanistik und Theologie. Ab 1970 arbeitete er als Mitarbeiter der Zeit und als Tennislehrer. 1976 wurde er Kulturredakteur des Spiegels.

1979 veröffentlichte er den Band „Der Doppelkopf“. Dieser enthielt im Wesentlichen ein Interview mit dem österreichischen Schriftsteller Jean Améry, in dem es um Amérys Buch Hand an sich legen ging und einen Essay, in dem er sich mit dem Verhalten seines Vaters als Richter in der NS-Zeit auseinandersetzte.

Die Zeitungsbeiträge Schultz-Gersteins zeichneten sich durch eine besondere Meinungsfreudigkeit des Verfassers aus. Besonderen Respekt gegenüber den großen Namen der Kulturszene zu zeigen war seine Sache nicht. In Erinnerung bleiben seine Entgegnungen auf kulturkritische Äußerungen von Botho Strauß:

„[...] in der Kultur-Moral der 50er Jahre stehengeblieben [...], als das Fernsehen und die Rockmusik noch des Teufels waren, des Menschen wahre Bestimmung aber darin lag, ein gutes Buch zu lesen und klassische Musik zu hören. Wie der selige Süsterhenn mit der Aktion "Saubere Leinwand" einst, so tritt uns jetzt Botho Strauß als Anwalt der reinen Seele mit Abitur, Allgemeinbildung und Belesenheit entgegen und kämpft den alten Kampf gegen ihre Verunreinigung durch neumodische Belanglosigkeiten. Der Ungeist des Fernsehens, die böse Reklame, die banalen Magazine - die ganze verbotene jugendgefährdende Welt des pfäffischen Bildungskleinbürgertums der Adenauer-Ära breitet Strauß noch einmal aus.“[1]

Die Lebensgeschichte von Schultz-Gerstein zeigt Parallelen zum Leben von Bernward Vesper. Beide zeigten eine große Begabung für Literarisch-Feuilletonistisches, und beide schieden freiwillig aus dem Leben. Die beiden Vätern vorgehaltene NS-Vergangenheit trifft bei Schultz-Gerstein allerdings nicht gleichermaßen zu. Sein Vater galt als ein entschiedener Gegner des Nationalsozialismus. Gegen seinen Willen wurde er 1943 an einen Strafsenat abgeordnet und wirkte dort an Prozessen nach den "Nürnberger Gesetzen" mit. Diese Verstrickung führte zu einem unüberbrückbaren Gegensatz zwischen Vater und Sohn.

Literatur

  • Christian Schultz-Gerstein: Der Doppelkopf, nach einem Gespräch mit Jean Améry, März bei Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1979
  • Christian Schultz-Gerstein: Rasende Mitläufer, Porträts, Essays, Reportagen, Glossen. Edition Tiamat, Berlin 1987, ISBN 3-923118-16-3

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Christian Schultz-Gerstein: Das Evangelium der kritischen Opportunisten. In: Der Spiegel. Nr. 35, 1982, S. 164 (online).

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Schultz — ist ein deutscher Familienname Herkunft und Bedeutung Schultz ist eine Schreibvariante des Namens Schulz und ist wie dieser vom Amt des Schultheißen abgeleitet. Varianten Schulz, Schultze, Schulze, weitere siehe Schultheiß anglisiert: Shultz… …   Deutsch Wikipedia

  • Gerstein — ist der Name folgender Personen: Christian Schultz Gerstein (1945–1987), deutscher Journalist David Gerstein (* 1944), israelischer Künstler Kurt Gerstein (1905–1945), Abteilungsleiter im Hygieneinstitut der Waffen SS Ludwig Gerstein (1928–1994) …   Deutsch Wikipedia

  • Christian Wirth — Nickname Christian the Terrible (German: Christian der Grausame), The Wild Christian …   Wikipedia

  • Liste der Biografien/Schu — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Henryk Broder — Henryk M. Broder 2007 Henryk Modest Broder (* am 20. August 1946 in Kattowitz, Polen) ist ein deutscher Journalist und Buchautor. Als Publizist beschäftigt er sich bevorzugt mit der deutschen Politik und Israel. Kennzeichnend für seinen Stil ist… …   Deutsch Wikipedia

  • Henryk Modest Broder — Henryk M. Broder 2007 Henryk Modest Broder (* am 20. August 1946 in Kattowitz, Polen) ist ein deutscher Journalist und Buchautor. Als Publizist beschäftigt er sich bevorzugt mit der deutschen Politik und Israel. Kennzeichnend für seinen Stil ist… …   Deutsch Wikipedia

  • Jörg Schröder — Jörg Walter Paul Schröder (* 24. Oktober 1938 in Berlin), der auch die Pseudonyme Walter Paul und Hari Beaux benutzt, ist ein deutscher Verleger und Schriftsteller. Der März Verlag wurde in der Nacht vom 18. auf 19. März 1969 gegründet… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Suizidenten — Diese Liste sammelt in der Wikipedia mit einem Artikel vertretene Personen, die ihr Leben durch Selbsttötung (Suizid) beendeten. Die Liste ist aufsteigend nach dem Jahr des Todes geordnet, innerhalb desselben Jahres alphabetisch.… …   Deutsch Wikipedia

  • Die Erben — Filmdaten Originaltitel Die Erben Produktionsland Österreich …   Deutsch Wikipedia

  • Lukjan Detector — Joachim Schumacher (* 1904; † 1984; Pseudonym: Lukjan Detector) war ein deutschsprachiger Autor, der wegen seine politischen Ansichten 1932 aus Deutschland emigrierte. Das Vorwort zu seinem bekanntesten Werk, Die Angst vor dem Chaos, schrieb… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”