- Botho Strauß
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Botho Strauß (* 2. Dezember 1944 in Naumburg) ist ein deutscher Schriftsteller und Dramatiker. Er gehört zu den erfolgreichsten und meistgespielten zeitgenössischen Dramatikern auf deutschen Bühnen.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Botho Strauß studierte nach Schulbesuch im Ruhrgebiet und in Hessen einige Semester Germanistik, Theatergeschichte und Soziologie in Köln und München, brach das Studium jedoch ohne Abschluss ab. Zwischen 1967 und 1970 war er Journalist bei der Zeitschrift Theater heute. Anschließend war er bis 1975 Dramaturg an der Schaubühne am Halleschen Ufer. Danach etablierte er sich als freier Schriftsteller. Seine Erstlingswerke wurden von der Kritik positiv aufgenommen. So schrieb Marcel Reich-Ranicki am 10. August 1977 in der FAZ: Denn was er schon kann, zeugt von Talent. Was ihm noch fehlt, lässt sich erlernen. Dieser Mann ist eine große Hoffnung unserer Literatur. Vielleicht wird von ihm der Roman seiner Generation kommen.
Eine kontroverse Diskussion hat in der Literaturwissenschaft sein erster Roman Der junge Mann (1984) ausgelöst. Im Jahre 1985 hat er sein erstes längeres Gedicht (75 S.) publiziert: Diese Erinnerung an einen, der nur einen Tag zu Gast war. Es berührt, in vielfältigen Strophenformen und Versmaßen gefasst, alle Formen des gesellschaftlichen Miteinander der Menschen. Es ist der Versuch eines lyrischen Ichs, seine Position neu zu definieren.
Neben Theaterstücken hat Strauß Kurzgeschichten und Bücher mit Essays und Aphorismen verfasst. Darin setzt er sich auch mit naturwissenschaftlichen und philosophischen Fragen auseinander: mit Fragen der Technik und der Evolution. So in Beginnlosigkeit (1992). Seit Ende der 1980er Jahre geriet er aufgrund seiner demokratie- und zivilisationskritischen Essays – allen voran Anschwellender Bocksgesang[1], veröffentlicht 1993 in Der Spiegel – unter Kritik. Sätze wie, "dass ein Volk sein Sittengesetz gegen andere behaupten will und dafür bereit ist, Blutopfer zu bringen, das verstehen wir nicht mehr und halten es in unserer liberal-libertären Selbstbezogenheit für falsch und verwerflich", wurden scharf kritisiert.[2] Ignatz Bubis nannte Strauß einen Rechtsintellektuellen. Aufgrund seiner antiliberalen Auffassungen ordnen namhafte Extremismusforscher wie Richard Stöss den Autor in die Denktradition der Neuen Rechten - des Scharniers (Gessenharter) zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus - ein.[3]
Lob und Kritik sind auch 2004 - anlässlich seines 60. Geburtstags - in der deutschen und internationalen Presse erschienen. Im Februar 2006 veröffentlicht Strauß: (Der Konflikt in Der Spiegel). 2005/2006 wurde in Paris und Berlin sein neuestes Stück Die Schändung uraufgeführt. 2006 erscheinen seine 41 Kalendergeschichten (Mikado) im Hanser Verlag. 5 Kalendergeschichten werden mit 8 Kreidezeichnungen von Neo Rauch im Verlag Kleinheinrich (Münster) in einer limitierten Auflage (180 Exemplare) unter dem Titel Der Mittler zusätzlich veröffentlicht. 2007 erschien seine erste Novelle: Die Unbeholfenen.
In seinem Essay: Der Maler löst den Bann (Der Spiegel 30/2008) setzt er sich mit den 'übermalten Fotos' von Gerhard Richter auseinander. Durch die Kooperation mit Neo Rauch und die Bearbeitung von 'übermalten Fotos' von Gerhard Richter hat Strauß sein schriftstellerisches Werk auch auf die aktuelle Malerei bezogen. Eine Fortsetzung folgt 2009 in einer Kooperation mit Thomas Demand: Zu Fotografien der deutschen Geschichte seit 1945, die der bildende Künstler in der Neuen Nationalgalerie Berlin ausstellt, liefert Botho Strauß unveröffentlichte Texte als Bildlegenden.[4]
Anfang April 2009 wird am Bayrischen Staatsschauspiel das neue Stück "Leichtes Spiel. Neun Personen einer Frau" von Dieter Dorn uraufgeführt. Dazu schreibt die FAZ (siehe auch die Süddeutsche Zeitung v. 3. April 2009) am 4. April 2009: Das große Weiberwelttheater. Uraufführungen von B.S. sind die Feste des Theaters. Der Leichtnehmer Dorn ist der kongeniale Regie-Partner des Dramatikers Strauß, der das Schwerste leicht nimmt, weil er es nicht löst, sondern in der Schwebe hält …
Seine Werke werden in zahlreichen Sprachen publiziert.
Botho Strauß lebt heute in Berlin und in der Uckermark.
Werke
- Die Hypochonder (1972)
- Bekannte Gesichter, gemischte Gefühle (1974)
- Marlenes Schwester (1975)
- Trilogie des Wiedersehens (1977)
- Die Widmung (1977) ISBN 3-423-10248-9
- Groß und klein (1978)
- Rumor (1980) ISBN 3-446-12990-1
- Kalldewey, Farce (1981) ISBN 3-423-10346-9
- Paare, Passanten (1981) ISBN 3-423-10250-0
- Der Park (1983) nach Ein Sommernachtstraum von William Shakespeare
- Der junge Mann (1984) ISBN 3-446-14134-0
- Diese Erinnerung an einen, der nur einen Tag zu Gast war, München 1985
- Die Fremdenführerin (1986)
- Das Sparschwein (1987)
- Niemand anderes (1987)
- Molières Misanthrop (1987) (Übersetzung und Nachdichtung des Molièrestücks)
- Versuch, ästhetische und politische Ereignisse zusammenzudenken,1987 ISBN 3-88661-080-2
- Besucher (1988)
- Sieben Türen (1988)
- Kongress. Die Kette der Demütigungen (1989)
- Über Liebe (1989)
- Die Zeit und das Zimmer (1989)
- Schlusschor (1991)
- Angelas Kleider (1991)
- Beginnlosigkeit (1992) ISBN 3-423-12358-3
- Das Gleichgewicht (1993)
- Wohnen, Dämmern, Lügen (1994) ISBN 3-446-17875-9
- Ithaka, München 1996
- Die Fehler des Kopisten (1997) ISBN 3-446-19029-5
- Der Kuss des Vergessens (1998)
- Die Ähnlichen (1998)
- Jeffers-Akt I und II. Theaterstück. Hanser, München 1998, ISBN 3-446-19528-9.
- Der Gebärdensammler (1999) ISBN 3-88661-217-1
- Das Partikular (2000) ISBN 3-446-19886-5
- Der Narr und seine Frau heute abend in Pancomedia (2001) ISBN 3-423-13274-4
- Die Nacht mit Alice, als Julia ums Haus schlich (2003) ISBN 3-446-20357-5
- Der Untenstehende auf Zehenspitzen (2004) ISBN 3-446-20491-1
- Schändung (2005) nach Titus Andronicus von William Shakespeare
- Die eine und die andere (2005) ISBN 3-446-20620-5
- Nach der Liebe beginnt ihre Geschichte. (in: Theater der Zeit 09/2005)
- Mikado (2006) ISBN 3-446-20808-9
- Botho Strauß / Neo Rauch: Der Mittler, 5 Kalendergeschichten mit 8 Kreidezeichnungen, einm. nummerierte und signierte Auflage von 180 Exemplaren, Verlag Kleinheinrich, Münster 2006 ISBN 3-930754-44-4
- Die Unbeholfenen. Bewußtseinsnovelle (2007), Carl Hanser Verlag, München ISBN 978-3-446-20917-6
- Mädchen mit Zierkamm, Kurzgeschichte, Cornelsen Verlag
- Vom Aufenthalt (2009), Hanser Verlag ISBN 978-3-446-23441-3
- Das blinde Geschehen, UA: März 2011, Burgtheater Wien
- Leichtes Spiel, (2009), Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg ISBN 978-3-498-06409-9; UA: 2011, Residenztheater München
Essays
- Der Aufstand gegen die sekundäre Welt. Nachwort zu George Steiner: Von realer Gegenwart. Hanser, München 1990, ISBN 978-3-446-23673-8.
- Anschwellender Bocksgesang. In: Der Spiegel, 8. Februar 1993, Nr. 6
- Der Buchstabe wird zum Atemzug. Das Genie der Werkversessenheit: Dem Regisseur Peter Stein zum sechzigsten Geburtstag. In: FAZ vom 27. September 1997
- Das letzte Jahrhundert des Menschen. Was aber kommen wird ist Netzwerk. Bemerkungen zu Sein und Zeit. In: FAZ vom 2. Januar 1999, (Ausschnitt)
- Am Rand. Wo sonst. In: Die Zeit, 31. Mai 2000, Gespräch (bzw. Die Zeit, 2003, Nr. 6)
- Wollt ihr das totale Engineering? In: Die Zeit vom 20. Dezember 2000, Nr. 52
- Orpheus aus der Tiefgarage. Botho Strauß über Gene, Liebe und die Verbrechen der Intimität. In: Der Spiegel, 21. Februar 2004, Nr. 9, S. 164 – 166.
- Man muß wissen, wie die Sonne funktioniert. In: FAZ vom 21. Oktober 2005
- Der Konflikt. In: Der Spiegel, 13. Februar 2006, Nr. 7
- Was bleibt von Handke? In: FAZ vom 1. Juni 2006
- Der Maler löst den Bann: über Gerhard Richter und seine „übermalten Fotos“. In: Der Spiegel, 21. Juli 2008, Nr. 30
- Heideggers Gedichte. In: FAZ vom 19. September 2008
- Uns fehlt ein Wort, ein einzig Wort. In: FAZ vom 23. August 2011, (Ausschnitt)
Auszeichnungen
- 1974 Hannoverscher Dramatikerpreis
- 1977 Förderpreis zum Schiller-Gedächtnispreis
- 1981 Großer Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste
- 1982 Mülheimer Dramatikerpreis
- 1987 Jean-Paul-Preis
- 1989 Georg-Büchner-Preis
- 1993 Theaterpreis Berlin
- 2001 Lessing-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg
- 2007 Schiller-Gedächtnispreis
Literatur
- text + kritik, Zeitschrift für Literatur. Heft 81: Botho Strauß 1984 ISBN 3-88377-162-7
- Jürgen Schröder: Who's Afraid Of…? Botho Strauß und die deutsche Nachkriegsliteratur. In: Robert Weninger u. Brigitte Rossbacher (Hrsg.): Wendezeiten - Zeitenwenden. Positionsbestimmungen zur deutschsprachigen Literatur 1945-1995. Stauffenburg Verlag, Tübingen 1997, S. 215–231.
- Pia-Maria Funke: Über das Höhere in der Literatur. Ein Versuch zur Ästhetik von Botho Strauß. 1996, ISBN 3-8260-1159-7.
- Stefan Willer: Botho Strauß zur Einführung. Junius, Hamburg 2000, ISBN 3-88506-317-4.
- Sebastian Schauberger: Permanenz der Urbilder. Mythische und biblische Anspielungen bei Botho Strauß. Dissertation der Universität Bielefeld, 2000, Online-Datei, 277 S.; 670 KB.
- Michael Wiesberg: Botho Strauß. Dichter der Gegen-Aufklärung. Perspektiven 3. Edition Antaios, Dresden 2002. ISBN 3-935063-03-2.
- Dirk Michael Becker: Botho Strauß: Dissipation. Die Auflösung von Wort und Objekt. Bielefeld 2004, ISBN 3-89942-232-5.
- Marcin Nowak: Das 'Leben in Scheidung'. Conditio humana im Werk von Botho Strauß. Dresden und Wroclaw 2006, ISBN 3-934038-56-5 und 83-7432-107-5.
- Geum Hwan Choo: Intertextualität in Botho Strauß’ Dramen anhand ausgewählter Stücke und Inszenierungen, München 2006.
- Christoph Kappes: Schreibgebärden - zur Poetik und Sprache bei Thomas Bernhard, Peter Handke und Botho Strauß, Würzburg 2006.
- Eva C. Huller: Griechisches Theater in Deutschland: Mythos und Tragödie bei Heiner Müller und Botho Strauß, Weimar; Köln 2007.
- Franziska Regner: „Horchendes Verlauten“. Globale Resonanzräume in den Prosatexten von Botho Strauß. Dissertation, Universität Mannheim 2008 (Volltext)
- Natascha Siouzouli: Wie Absenz zur Präsenz entsteht. Botho Strauß inszeniert von Luc Bondy. Transcript, Bielefeld 2008 ISBN 978-3-89942-891-9
- Ralf Havertz: Der Anstoß. Botho Strauß’ Essay "Anschwellender Bocksgesang" und die Neue Rechte. Eine kritische Diskursanalyse. 2 Bände. Traktor, Berlin 2008 ISBN 978-3-9811991-2-3 und ISBN 978-3-9811991-4-7.
- Helga Arend: Mythischer Realismus - Botho Strauß’ Werk von 1963 bis 1994. Trier 2009, ISBN 978-3-86821-192-4.
Weblinks
- Literatur von und über Botho Strauß im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Wikiquote: Botho Strauß – Zitate- Botho Strauß: Neue deutsche Dramatik. Seite des Goethe-Instituts
- Der Essay „Anschwellender Bocksgesang“ auf spiegel.de
- iasl.uni-muenchen.de – Übersicht über Literatur zu Strauß
- www.ub.fu-berlin.de – Linksammlung der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin
- Gespräch mit Botho Strauss. Die Zeit 2003, abgerufen am 6. Januar 2011.
- Botho Strauß über Jutta Lampe. FAZ vom 17. Mai 2010, abgerufen am 6. Januar 2011.
- Botho Strauß über Thomas Hürlimann. Die Zeit vom 26. Dezember 2010, abgerufen am 6. Januar 2011.
Einzelnachweise
- ↑ Anschwellender Bocksgesang im Spiegel 6/1993
- ↑ Technische Universität Dresden: Anschwellender Bocksgesang 1993
- ↑ Extremismus.Com: Richard Stöss "Die neue Rechte in der Bundesrepublik" 1995
- ↑ Nationalgalerie
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