Tierhorror

Tierhorror

Tierhorror ist ein Genrebegriff, der Horrorfilme bezeichnet, in denen Tiere eine zentrale Rolle spielen. Im englischen Sprachraum werden Tierhorrorfilme zumeist unter den weitergefassten Begriffen natural horror oder auch eco-horror (Öko-Horror) zusammengefasst.[1] Diese Genres schließen sämtliche denkbare Horrorszenarien ein, denen der Mensch in seiner Umwelt ausgesetzt sein kann, also auch Naturkatastrophen, Seuchen oder auch die Bedrohung durch die Pflanzenwelt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die ersten Produktionen mit Tierhorror-Motiven waren Verfilmungen von literarischen Klassikern wie Arthur Conan Doyles Der Hund von Baskerville (erstmals 1914 von Rudolf Meinert oder die besonders bekannte Fassung 1939 mit Basil Rathbone), Herman Melvilles Moby-Dick (The Sea Beast von 1926 und später John Hustons herausragende Verfilmung im Jahr 1956) oder H.G. Wells Die Insel des Dr. Moreau, etwa Die Insel der verlorenen Seelen (The Island of the Lost Souls, 1932). In den Fünfzigern begannen mit Formicula (Them!, 1954) und Tarantula (1955) erstmals Insekten die Horrorfilme zu bevölkern. Sie bildeten den Ausgangspunkt für eine bis heute immer wieder erfolgreiche Sparte des Tierhorrors. Prägend und stilbildend für viele spätere Tierhorrorfilme wurde Alfred Hitchcocks Die Vögel (The Birds, 1963)[2], obschon der Film nicht auf das Horrorgenre reduziert werden kann. Hitchcock zeigte als Meister des Suspense jedoch, wie effektvoll der unberechenbare Angriff von Tieren, kombiniert mit angedeuteten Motiven wie der oben schon erwähnten Rache der Natur in Szene gesetzt werden kann. Der Publikumserfolg des Films war überragend.

Spätestens seit Steven Spielbergs Der weiße Hai (Jaws, 1974) etablierte sich eine wahre Flut an Tierhorrorfilmen, deren Protagonisten im Wasser zuhause sind. Neben Haien waren und sind vor allem Reptilien wie Krokodile und Seeschlangen oder auch Riesenkraken häufig auf der Leinwand zu sehen. Die zahlreichen an den Erfolg von Jaws angelehnten Haifilme sind gleichzeitig ein gutes Beispiel für die hohe Anzahl an qualitativ unterdurchschnittlichen Produktionen, die in den 1970er-Jahren begannen (Tintorera! Meeresungeheuer greifen an, 1977 oder The Last Jaws – Der weiße Killer, 1980) und sich bis heute fortsetzen (Shark Attack 3: Megalodon, 2002 - Der weiße Hai in Venedig, 2008). Allgemein wurden und werden im Tierhorror-Genre zahlreiche kostengünstige B-Movie- und Trashfilme produziert.[3] Im Jahr 2008 wurde der Billigproduktion Birdemic: Shock and Terror gar die zweifelhafte Ehre zuteil, von diversen Filmkritikern als der vielleicht schlechteste Film aller Zeiten bezeichnet zu werden.[4][5]

Motive

In seinem Buch Horror - Geschichte und Mythologie des Horrorfilms unterteilt der deutsche Filmkritiker Georg Seeßlen Tierhorror-Filme in zwei Hauptmotive. Das erste ist die Verwandlung des Menschen in ein Tier oder umgekehrt. Dies schließt auch die zahlreichen im Horrorgenre fest etablierten Tiermenschen wie Affen- und Katzenmenschen, Werwölfe oder das berühmte Schuppenwesen aus Der Schrecken vom Amazonas (Creature from the Black Lagoon, 1954) mit ein. Das Motiv der Metamorphose durch menschliche Einflüsse wie wissenschaftliche Experimente, Umweltverschmutzung, atomare Strahlung und so weiter überschneidet sich mit anderen Filmgenres wie der Science Fiction.[6]

Das zweite Hauptmotiv ist das den Menschen bedrohende Tier. Die Bedrohung wird in der Regel als vom Menschen direkt oder indirekt provoziert dargestellt. Das Tier wird durch Magie, Experimente oder andere menschliche Einflüsse besonders aggressiv und gefährlich, die Natur schlägt zurück. Dazu stellt Seeßlen fest, dass „diese hochmoralische Botschaft selten mehr ist als ein schöner Vorwand, unseren alten Albträumen ein neues kinematographisches Gewand zu verleihen“.

Die Bedrohung durch ein Tier unterscheidet Seeßlen wiederum in zwei verschiedene Typen: Den Horror aus der Nähe und aus der Entfernung. Das heißt, dass das Tier entweder dadurch gefährlich und beängstigend wirkt oder ist, weil es anfängt, sich wie ein Mensch zu verhalten, oder weil das Tier durch die völlige Abwesenheit jeglicher menschlicher Eigenschaften die gefühls-, rücksichts- und mitleidlose Natur verkörpert.[7]

Literatur

  • Georg Seeßlen/Fernand Jung: Horror - Geschichte und Mythologie des Horrorfilms, Marburg 2006

Einzelnachweise

  1. Barry Langford: Film genre: Hollywood and beyond, Edinburgh 2005, S. 169
  2. Seeßlen/Jung: Horror, S. 587
  3. Seeßlen/Jung: Horror, S. 596
  4. http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/kino/Unsaeglich-schlechter-Film-fuellt-amerikanische-KinoSaele/story/22086159
  5. http://www.welt.de/kultur/kino/article7099903/Trash-Fans-feiern-skurrilen-Hitchcock-Verschnitt.html
  6. Jung, Weil, Seeßlen: Der Horrorfilm - Regisseure, Stars, Autoren, Spezialisten, Themen, Filme von A - Z, München 1977
  7. So wie der Alien in Science Fiction einen Schrecken auslösen kann, weil er dem Menschen zu ähnlich, oder weil er dem Menschen zu entfernt ist, so kann im Tierhorror die amoklaufende Natur zu menschlich werden [...] oder doch einfach zu „natürlic“h ist (sic), Seeßlen S. 614

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