Abteufen

Abteufen
Schild am Karl-Liebknecht-Schacht in Oelsnitz/Erzgebirge. Das Abteufen erfolgte hier von 1869-1874

Abteufen oder Teufen (auch: Niederbringen) ist ein Begriff aus der Bergmannssprache. Es bezeichnet die Herstellung von senkrechten Hohlräumen (Schächten oder Bohrlöchern) von oben nach unten zur Erschließung von Lagerstätten.[1]

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen

Das Wort wird aus der bergmännischen Bezeichnung Teufe für „Tiefe“ hergeleitet. Der Gegensatz dazu ist „Hochbrechen“. Ein weiteres gebräuchliches Substantiv ist die Teufung, das Untergraben wird auch unterteufen im Sinne von Unterminieren gebraucht. In der Bergbaugeschichte wurde das Abteufen von Schächten früher häufig nicht von dem eigentlichen Abbaubetrieb durchgeführt, sondern als eigenes Gewerk von Fremdbetrieben, es wurde „verakkordiert“.

Beim Abteufen von Tagesschächten müssen oftmals unterschiedlich beschaffene Schichten bearbeitet werden. Zufluss von Wasser kann die Teufarbeiten erschweren. Im Normalfall reicht es aus, das eindringende Wasser aus der Schachtsohle abzupumpen. Stark eindringendes Wasser kann während der Teufarbeiten mit einem speziellen Druckluftverfahren zurückgedrückt werden. Starke Probleme bereiten Deckgebirgsschichten mit Schwimmsand; hier müssen spezielle Verfahren angewendet werden, um den Einbruch von Schwimmsand zu stoppen.[2]

Beim Abteufen unterscheidet man zwei Verfahren: das konventionelle Abteufen und das Bohrverfahren. Beide Verfahren werden beim Niederbringen eines Schachts zu einer Lagerstätte untertage verwendet. Zur Erschließung von Erdgas- und Erdölvorkommen und beim Brunnenbau zur Gewinnung von Grundwasser werden Großlochbohrungen erstellt.

Konventionelles Verfahren

Beim konventionellem Verfahren erfolgt das Abteufen im festen Gestein mittels Bohr- und Sprengarbeit. Hierzu wird in der Mitte der Schachtsohle eine Vertiefung erstellt; in dieser Vertiefung sammelt sich das anfallende Wasser und kann abgepumpt werden. Das seitliche Gestein wird mittels mehrerer, nach einem speziellen Bohrschema erstellter, Löcher angebohrt. Anschließend wird das Gestein mittels Sprengstoff gesprengt. Das so hereingewonnene Gestein wird entweder von Hand oder mit einem speziellen Greifer in einen Abteufkübel gefüllt und mittels Teufhaspel oder Teufbobine bis zum Schachtansatzpunkt hochgefördert. Bei größeren Schächten werden Doppelbobinen mit zwei gegenläufigen Teufkübeln verwendet.[3]

Bestehen bereits ältere Strecken unterhalb des Schachtes oder ist es ohne besonderen Aufwand möglich, eine Strecke bis unter den Schacht aufzufahren, ist dies eine große Erleichterung für die Abteufarbeiten. Bevor nun der Schacht durch die Gesteinsschichten geteuft wird, wird zunächst ein größeres Bohrloch bis zur Schachtunterfahrung erstellt. Durch dieses Bohrloch kann das anfallende Wasser nach unten zur Schachtunterfahrung abgeleitet und von dort zur Wasserhaltung des Bergwerks abgepumpt werden.[4] Teilweise ist es auch möglich, das Haufwerk durch das Bohrloch von der Schachtsohle zu entfernen; in der Regel muss das Haufwerk zum Schachtansatzpunkt hochgefördert werden.

Bohrverfahren

Das Abteufen von Schächten durch Bohrverfahren erfolgt ähnlich wie das Tieflochbohren. Zunächst wird ein größeres Bohrloch bis in die wasserführende Schicht erstellt. Nun wird der Schacht freigemacht und ausgemauert, anschließend beginnt das eigentliche Schachtbohren. Mit einem kleineren Bohrer wird ein zentrales Vorbohrloch mit einer Weite von 1,5 – 2 Meter über die gesamte Schachttiefe erstellt. Anschließend wird mit einem Bohrer in Schachtdurchmesser die restliche Gesteinsmasse nachgebohrt. Der Bohrschlamm sammelt sich im Vorbohrloch und läuft nach unten zur Schachtunterfahrung oder wird mit Wasser nach oben gespült.[5]

Bei trockenem und standfestem Gebirge werden unter Tage Blindschächte mit konventionellen Großlochbohrern erstellt. Hierbei ist das sogenannte Raise boring, das aus dem amerikanischen Erzbergbau stammt, Stand der Technik. Bei Tagesschächten sind Bohrschächte in Europa eher die Ausnahme, das liegt insbesondere an der heute guten Beherrschbarkeit des Deckgebirges.[6]

Probleme

Probleme beim Abteufen entstehen immer dann, wenn der Schacht durch sehr wasserreiche Lockergesteinsschichten oder Schwimmsand geteuft werden muss. Das Durchteufen von mächtigen Schwimmsandschichten ist immer mit großen Schwierigkeiten verbunden, da die Gefahr besteht, dass die seitlichen Stöße hereinbrechen oder während der Teufarbeiten in den unteren Bereich der Schachtsohle laufen. Um einen Überblick über die örtlichen Gebirgsverhältnisse zu erhalten, wird mittels Tiefbohrungen das Gebirge untersucht, um so einen Punkt zu ermitteln, an dem die Schwimmsandschicht am dünnsten ist. Um die Teufarbeiten in Schwimmsandschichten zu sichern, gibt es drei Verfahren:[7]

Beim Senkschachtverfahren wird in den Abmessungen des Schachtes ein sogenannter Senkschuh erstellt, der aus eisernen Segmenten besteht. Der Senkschuh sichert die Stöße ab und dient gleichzeitig als bewegliche Montagebühne für die Schachtmauerung.

Beim Spundwandverfahren von Haase werden in Form des Schachtes Spundwände in den Boden getrieben. Früher wurden Spundwände aus Holzpfählen erstellt, die mit Nut und Feder versehen waren; heute bestehen diese Spundwände aus Stahlsegmenten.

Beim Gefrierschachtverfahren von Poetsch wird das Gebirge mit seinem Wasseranteil eingefroren und somit standfest gemacht. Anschließend wird der Schacht konventionell abgeteuft.

Abteufen bei laufender Förderung

Im Steinkohlenbergbau ist es oft erforderlich, einen Schacht tiefer zu teufen, ohne dabei die laufende Förderung zu unterbrechen. Damit die im Schacht arbeitenden Bergleute nicht gefährdet werden, werden Schutzmaßnahmen getroffen. Eine Möglichkeit ist der Einbau einer Schutzbühne, die die gesamte Schachtscheibe abdeckt und im oberen Teil des Schachtsumpfs platziert wird. Die Bühne besteht aus einer Trägerlage, Unterzügen und einem sogenannten Sprengwerk. Über der Bühne wird eine mehrere Meter dicke Schicht aus Schwemmbims oder Lavakies aufgetragen. Diese Schicht hat die Aufgabe, den Aufprall eventuell in den Schacht fallender Gegenstände zu dämpfen.[8]

Eine weitere Möglichkeit ist das Stehenlassen einer mehrere Meter dicken Gebirgsschicht, der sogenannten Bergfeste. Hierzu wird neben dem Schacht ein Blindschacht geteuft, der einige Meter tiefer ist als der Schachtsumpf. Anschließend wird eine kurze Strecke bis unter den Schachtsumpf gefahren und von dort der Schacht tiefer geteuft. Die Bergfeste wird mit Ausbau gesichert und dient als natürliche Sicherheitsbühne. Nachdem der Schacht genügend tief geteuft ist, wird die Bergfeste entfernt. Es wurden Kombinationen von Bergfeste und Schutzbühne eingesetzt. Dabei bestand die eine Hälfte des Schutzdaches aus einer Bergfeste und die andere Hälfte aus einer mit einem Polster bedeckten Schiebebühne. Das Polster bestand dabei aus einer etwa 1 1 / 2 Meter dicken Schicht aus alten Förderseilen oder aus Faschinen. So konnte die Bergeförderung durch die Fördermaschine ausgeführt werden, und es wurde kein zusätzlicher Haspel benötigt. [9]

Literatur

  • Carl Hellmut Fritzsche: Lehrbuch der Bergbaukunde. Zweiter Band, 10. Auflage, Springer Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1962
  • Springer, F. P.: Von Agricolas pompen im Bergbau, die das wasser durch den windt gezogen, zu den Gestängetiefpumpen der Erdölförderung. Erdoel-Erdgas-Kohle Heft 10, 2007 S. 380 – 386

Einzelnachweise

  1. Walter Bischoff, Heinz Bramann, Westfälische Berggewerkschaftskasse Bochum: Das kleine Bergbaulexikon. Verlag Glückauf GmbH, Essen, 1988, ISBN 3-7739-0501-7
  2. Franz Rziha: Lehrbuch der gesammten Tunnelbaukunst. Zweiter Band, Verlag von Ernst & Korn, Berlin 1872
  3. Carl Hartmann: Handbuch der Bergbaukunst. Erster Band, Verlag Bernhard Friedrich Voigt, Weimar 1852
  4. Albert Serlo: Leitfaden der Bergbaukunde. Erster Band, Verlag von Julius Springer, Berlin 1869
  5. Schachtabteufen bei Zeno.Org
  6. Steinkohleportal.de: Schachtbau
  7. Emil Stöhr, Emil Treptow: Grundzüge der Bergbaukunde einschließlich der Aufbereitung. Spielhagen & Schurich Verlagsbuchhandlung, Wien 1892
  8. Durchblick vor Ort: Bergwerk Prosper Haniel
  9. Gustav Köhler: Lehrbuch der Bergbaukunde. 2. Auflage, Verlag von Wilhelm Engelmann, Leipzig 1887

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Teufe – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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  • Abteufen — * Abteufen, verb. reg. act. bey den Bergleuten, in die Teufe, das ist Tiefe, arbeiten, für abtiefen. Einen Schacht abteufen, graben, absinken. Daher die Abteufung …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Abteufen — Abteufen, einen Schacht anlegen od. tiefer führen; bei geringerer Tiefe ablörschen. Der Schacht selbst heißt in seinem tiefsten Punkte ein Abteusen, bei geringem Umfang Gelörsche …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Abteufen — (Absinken), Schächte oder Bohrlöcher durch bergmännische Arbeit oder Tiefbohrung herstellen. Vgl. Bergbau und Tiefbohrungen …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Abteufen — Abteufen, s.v.w. einen Schacht durch Vertiefen herstellen; Gegensatz: einen Schacht durch Ueberhauen herstellen, d.h. dadurch, daß man von einem Punkte in der Grube aufwärts arbeitet (s. Schacht und Schachtabteufen) …   Lexikon der gesamten Technik

  • Abteufen — Abteufen, Schächte, Bohrlöcher anlegen …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Abteufen — Abteufen, einen Schacht graben …   Herders Conversations-Lexikon

  • abteufen — teufen; niederbringen * * * ạb||teu|fen 〈V. tr.; hat; Bgb.〉 einen Schacht abteufen senkrecht in die Erde graben [zu mhd. teufe „Tiefe“] * * * ạb|teu|fen <sw. V.; hat [zu bergmannsspr. Teufe < spätmhd. teuf(fe) = Tiefe] (Bergbau): einen… …   Universal-Lexikon

  • abteufen — ạb|teu|fen (Bergmannssprache); einen Schacht abteufen (senkrecht nach unten bauen) …   Die deutsche Rechtschreibung

  • Abteufung — Abteufen oder Teufen (auch: Niederbringen) ist ein Begriff aus der Bergmannssprache. Es bezeichnet die Herstellung von senkrechten Hohlräumen (Schächten oder Bohrlöchern) von oben nach unten zur Erschließung von Lagerstätten. Der Begriff wird… …   Deutsch Wikipedia

  • Sondierbohrung — Abteufen oder Teufen (auch: Niederbringen) ist ein Begriff aus der Bergmannssprache. Es bezeichnet die Herstellung von senkrechten Hohlräumen (Schächten oder Bohrlöchern) von oben nach unten zur Erschließung von Lagerstätten. Der Begriff wird… …   Deutsch Wikipedia

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