- Zivildienst in Österreich
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Der Zivildienst in Österreich ist der Wehrersatzdienst in Österreich. Der Wehrdienst kann seit 1975 aus Gewissensgründen verweigert werden, dann muss Zivildienst geleistet werden. Der Zivildienst umfasst in der Regel Tätigkeiten im sozialen Umfeld, wie etwa in Krankenhäusern, Jugendhäusern, Altenheimen, im Rettungsdienst und Krankentransport oder in der Behindertenbetreuung. Der ordentliche Zivildienst dauert neun Monate, etwa ein Drittel (2010 waren es 12.981) Männer erklären ihre Gewissensnöte und leisten dann ihren Wehrersatzdienst ab.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Unter der Regierung Kreisky II wurde unter dem Druck pazifistischer Verbände der Zivildienst eingeführt. Auch dem Bundesheer war der Zivildienst nicht unrecht, da Waffenverweigerer für den normalen Dienst eher einen Störfaktor darstellten. Mit Feststellung der Zivildienstpflicht ist in Österreich ein Zivildiener zeitlebens nicht mehr wehrpflichtig und kann somit auch nicht zum Präsenzdienst einberufen werden.
Obwohl auch der Zivildienst gleichzeitig mit dem Präsenzdienst verfassungsrechtlich verankert wurde, sollte er die Ausnahme darstellen. Zunächst mussten Wehrdienstverweigerer ihre Gewissensvorbehalte vor einer Kommission glaubwürdig begründen. Wurden diese Gewissensgründe anerkannt, war ein Zivildienst von acht Monaten (gleiche Länge wie der Grundwehrdienst) abzuleisten. Seit der Novelle des Zivildienstgesetzes 1991 ist eine formelle Erklärung ausreichend, um zum Zivildienst zugelassen zu werden. Nachdem mit der Abschaffung der Gewissensprüfung die Anzahl der Zivildiener stark anstieg, wurde der Zivildienst ab 1992 in Schritten zuerst auf zehn Monate, dann auf elf Monate und ab 1997 auf zwölf Monate (de facto mit zwei Wochen Urlaubsanspruch) verlängert.
Vom 1. April 2002 bis zum 30. September 2005 war die Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H., eine Tochterfirma des Österreichischen Roten Kreuzes, im Auftrag des Innenministeriums für die Zuweisung von Zivildienern verantwortlich. Diese Zuständigkeit endete, da der Verfassungsgerichtshof die Zuweisung als Kernbereich der staatlichen Verwaltung betrachtete und eine Eingliederung in das Bundesministerium für Inneres verlangte. Seit dem 1. Oktober 2005 ist die Zivildienstserviceagentur, die dem Bundesministerium für Inneres rechtlich unterstellt ist, für die Zivildienstverwaltung in erster Instanz zuständig.[1]
Auf Empfehlungen der Bundesheerreformkommission wurde der Wehrdienst 2004 auf sechs Monate verkürzt. Die Dauer des Zivildienstes wurde ebenfalls mit Jänner 2006 adäquat angepasst (nunmehr neun Monate), wobei der Zivildienstleistende die Möglichkeit bekommen hat, seine Dienstzeit freiwillig um drei Monate (bei besserer Bezahlung in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis) zu verlängern.
2008 leisteten etwas mehr als 12.000 Personen ihren Zivildienst in Österreich ab. Im Jahr 2009 waren es bereits 13.122 junge Männer.[2] Frauen unterliegen keiner Wehrpflicht und sind somit auch vom Zivildienst, der ja nur ein Wehrersatzdienst ist, ausgeschlossen.
Dienststellen
Die Organisation, bei der die meisten Zivildienstleistenden arbeiten, ist das Österreichische Rote Kreuz. Darüber hinaus werden viele Zivildiener im Bereich der Betreuung in Altersheimen oder Krankenhäusern eingesetzt. Weitere Organisationen sind z. B. der Arbeiter-Samariter-Bund, Kindergärten, Freiwillige Feuerwehren oder andere soziale Einrichtungen wie Behindertenbetreuung oder Flüchtlingsbetreuung. In geringem Ausmaß ist auch eine Beschäftigung in der Landwirtschaft möglich.
Sonderform Auslandsdienst
In Österreich besteht seit 1992 die Möglichkeit, seinen Zivildienst als Auslandsdienst zu absolvieren. Andreas Maislinger hatte die Idee von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste übernommen. Der Auslandsdienst stellt eigentlich offiziell keinen ordentlichen Zivildienst dar, sondern einen Ersatzdienst, der aber dazu führt, dass man zu keinem ordentlichen Zivildienst mehr zugewiesen wird. Ein solcher Auslandsdienst dauert zwölf Monate und kann entweder in Form eines Gedenkdienstes, Sozialdienstes oder Friedensdienstes geleistet werden. Viele Auslandsplätze sind sehr beliebt, weshalb Zivildienstpflichtige oft jahrelang auf den Wunschplatz warten müssen.
Verpflegung
In Österreich gab es jahrelang eine Kontroverse um die Verpflegungssituation der Zivildiener. Im Jahr 2001 trat eine Novelle des Zivildienstgesetzes (ZDG) in Kraft, die festlegte, dass die Rechtsträger der Einrichtungen „… dafür Sorge zu tragen [haben], dass die Zivildienstleistenden angemessen verpflegt werden“ (ZDG § 28, Abs. 1) ohne jedoch näher zu definieren, was unter angemessen zu verstehen ist.
Aufgrund dessen entschieden sich viele Zivildiensteinrichtungen, ihren Zivildienern ein Verpflegungsgeld von rund 6 Euro/Tag zu zahlen, was zu Protesten und Beschwerden seitens der Zivildiener führte. Nach Ansicht der Zivildiener kann mit 6 Euro/Tag keine angemessene Verpflegung gewährleistet werden, deshalb wurde eine Prüfung vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) angestrebt. Im Oktober 2005 kam der VfGH zu dem Urteil, dass eine Verpflegung von 6 Euro/Tag als zu wenig anzusehen sei und legte eine Bezugsgröße für die Angemessenheit der Verpflegung von 11,26 Euro bis 13,60 Euro/Tag fest. Dies entspricht dem im Heeresgebührengesetz geregelten Aufwandersatz für die Verpflegung von Soldaten.
Seit Bekanntwerden herrschte einige Zeit Uneinigkeit über die Umsetzung des VfGH-Urteils, da weder das für Zivildiener zuständige Innenministerium noch die jeweiligen Zivildiensteinrichtungen bereit waren, für die nun rückwirkend anfallenden sowie zukünftigen Mehrkosten aufzukommen.
Inzwischen haben sich die wichtigsten Einrichtungen mit dem Innenminister auf folgende Vorgehensweise geeinigt: Per Verordnung der Innenministerin (Verpflegungsverordnung) gibt es eine Umstellung auf Naturalverpflegung. Sollte eine Einrichtung keine Naturalverpflegung leisten, ist stattdessen Verpflegungsgeld zu zahlen. Dieses Verpflegungsgeld hat zwar prinzipiell 16 Euro/Tag zu betragen, die Verordnung erlaubt aber Abschläge bis zur Höhe von 35 %. Als Gründe für diese Abschläge werden ein gleichbleibender Dienstort (15 %), eine vorhandene Kochgelegenheit (10 %) und leichte körperliche Tätigkeit genannt (bis zu 10 %). Da fast jede Einrichtung Abschläge vornimmt, liegen die ausbezahlten Verpflegungsgeldbeträge der Einrichtungen zwischen 8,84 Euro/Tag und 10,20 Euro/Tag.
Bis zum 29. September 2006 konnten ehemalige Zivildienstleistende der Jahre 2001–2006 Nachforderungen wegen zu wenig bezahltem Verpflegungsgeld an die Rechtsträger der Zivildiensteinrichtungen stellen. Innerhalb von 3 Monaten sollte sich der Rechtsträger mit dem Zivildienstleistenden auf einen angemessenen Betrag einigen. Zur Berechnung der Nachzahlung wurde die Verpflegungsverordnung herangezogen (siehe oben).
Die Rechtsträger bekamen dabei bis zu 4,20 Euro pro nachzuzahlendem Tag vom Innenministerium refundiert, sofern es sich nicht um eine Gebietskörperschaft oder einen von einer solchen finanzierten Rechtsträger handelte. Sollte es innerhalb der Frist zu keiner Einigung gekommen sein, so konnte innerhalb von vier Wochen, bei sonstiger Verjährung, ein Antrag an die Zivildienstserviceagentur gestellt werden, die die Höhe des nachzuzahlenden Betrages feststellte.
Von Seiten der (ehemaligen) Zivildienstleistenden wird dabei die Diskrepanz der angebotenen Nachzahlung vom Betrag, der im Urteil des VfGH genannt wird, kritisiert. Im VfGH-Urteil ist von geringen Abschlägen bei gleichbleibendem Einsatzort die Rede. 35 % Abschläge werden daher von vielen Zivildienern nicht als gering angesehen. Im Falle von im Rettungsdienst tätigen Zivildienern wird besonders die Anwendung des Abschlages bei gleichbleibendem Dienstort kritisiert, der aber von allen Rettungsorganisationen angewandt wird.
Krankenstand
Krankheitstage, die durch rechtzeitige Vorlage einer Dienstunfähigkeitsbescheinigung entschuldigt sind, müssen nicht nachgedient werden. Es gibt keine Höchstgrenze an Krankheitstagen, die ein Zivildienstleistender während der Ableistung seines Zivildienstes haben darf. Allerdings sind Zivildienstleistende, bei denen die Herstellung der Dienstfähigkeit innerhalb von 24 Tagen nicht zu erwarten ist vorzeitig mittels Bescheid aus dem Zivildienst zu entlassen. Diese Regelung gilt nicht, wenn der Krankenstand auf einem Arbeitsunfall während des Zivildienstes beruht. Die verbleibende Zeit seiner Zivildienstpflicht muss der Zivildienstpflichtige nach der Herstellung seiner Dienstfähigkeit bei einer anderen Einrichtung ableisten, zu der er gesondert durch Bescheid zugewiesen wird. Der Zivildiener ist im Krankheitsfall verpflichtet, sich einer Untersuchung durch einen Vertrauensarzt der Einrichtung, bei welcher er den Zivildienst ableistet, zu unterziehen, wenn diese dies fordert.
Waffenverbot
Mit Abgabe einer gültigen Zivildiensterklärung ist ein Verbot zum Führen von Schusswaffen für die Dauer von 15 Jahren verbunden, was dementsprechend auch bei der Ausübung mancher Berufe von Nachteil sein kann. Auch die Aufnahme bei der Polizei ist aufgrund der Gewissengründe nicht möglich. Eine Regierungsvorlage von Maria Fekter ermöglicht es ehemaligen Zivildienstleistenden seit einer Gesetzesnovelle im November 2010, vom Waffenverbot ausgenommen zu werden oder auch zur Polizei oder Justizwache zu wechseln, wenn keine Gewissengründe mehr bestehen.[3] [4]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ http://www.bmi.gv.at/cms/zivildienst/
- ↑ www.zivildienst.gv.at
- ↑ Zivildienst: Weg zur Polizei für Ex-"Zivis" frei
- ↑ Gesetzesnovelle: Zivildiener können Polizisten werden
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