Codex Eberhardi

Codex Eberhardi
Widmungsbild aus dem Codex Eberhardi

Der Codex Eberhardi ist ein so genanntes Kartular, ein zusammenfassendes Verzeichnis der zahlreichen Güter des Reichsklosters Fulda. Etwa zwischen 1150 und 1160 fertigte der Mönch (oder Konverse) Eberhard, der wahrscheinlich einer thüringischen Ministerialenfamilie entstammte, Abschriften der im Kloster gesammelten Besitzurkunden aus früherer Zeit an. Beim Codex Eberhardi handelt es sich um "eine der größten Fälschungsaktionen, die im Mittelalter jemals in einer einzigen Werkstatt erfolgten." (Vogtherr, S. 47). Man urteilt aber auch so "Der Codex Eberhardi ist bei weitem die umfassendste Überlieferungsform der älteren Fuldaer Urkunden" (Stengel, XXX) und "Diese Sammlung ist denn auch von jeher in der Abtei Fulda selbst das bequeme Nachschlagewerk gewesen und jahrhundertelang geblieben, in dem man alle seine Rechtstitel geborgen glaubte wie in Abrahams Schoße..." (Stengel, XXXI). Man muss auch gerechterweise hinzufügen, dass große Teile der Sammlung frei von Interpolationen und Fälschungen sind.

Eberhard stützte sich unter anderem auf die etwa 350 Jahre früher begonnene Urkundensammlung des Fuldaer Abtes Rabanus Maurus. Von ursprünglich acht Bänden existiert heute nur mehr einer. Einen Überblick über die Sammlung des Rabanus Maurus gewährt lediglich die erhalten gebliebene Zusammenfassung des Mönches Eberhard.

Den Auftrag, ein Kopialbuch archivierter Urkunden und Regesten zu schaffen, erhielt er von Abt Markward I. (1150-65) (andere Schreibweisen: Marquard oder Marcwart). Die Benediktiner-Abtei Fulda befand sich in der Mitte des 12. Jahrhundert, als Markward (1150-65) das Abbatiat übernahm, in einem wirtschaftlich desolaten Zustand. Als Kopist setzte es sich Eberhard zum Ziel, möglichst viel verlorenes Klostergut zurückzugewinnen. Dabei machte er auch vor Verfälschungen und Fälschungen nicht Halt. Mit derart manipulierten Rechtstiteln sollte Fuldaer Besitzrechte an Gütern bewiesen werden, die dem ab 744 gebildeten Kloster aber teilweise nie vermacht worden waren. Der Versuch, die wirtschaftliche Situation durch die Aufzeichnung der Besitztümer und deren Einforderung von Lehensträgern oder Ministerialen zu verbessern, hatte zum Teil Erfolg.

Eine Fülle von Detailangaben in der Handschrift gestattet Historikern Einschätzungen über die Anfänge von Siedlungen und Orten bis in die Zeit der Frankenkönige. Der Codex Eberhardi wird im Hessischen Staatsarchiv Marburg aufbewahrt.

Zusammenfassend sei angemerkt, dass der Mönch oder Konverse Eberhard seine Fälschungen unter anderen Gesichtspunkten sah als heutige Juristen: "Was dieser Mönch tat, diente nicht seinem eigenen Vorteil, sondern er fälschte zum Wohle des Konvents, dem er angehörte." (Vogtherr, S. 49).

Literatur

  • Pistorius Niddanus: Rerum Germanicarum veteres jam primum publicati scriptores..., (Erstdruck aller vorhandenen Urkunden und Diplome), Frankfurt 1583/1607.
  • Johann Friedrich Schannat: Corpus traditionum Fuldensium..., Leipzig 1724.
  • Edmund Ernst Stengel: Urkundenbuch des Klosters Fulda, Marburg 1953/1958.
  • Heinrich Meyer zu Ermgassen (Herausgeber): Der Codex Eberhardi des Klosters Fulda, Band 1 (1995), Band 2 (1996) und Band 3 (2007), Marburg. ISBN 3770810449 (Bd. 1), ISBN 3770810597 (Bd. 2), ISBN 9783770813131 (Bd. 3)
  • Thomas Vogtherr in: Fulda im Alten Reich, hrsg. von Berthold Jäger (Veröffentlichungen des Fuldaer Geschichtsvereins 59), Fulda 1996, ISBN 3790002755
  • Romanhafte Aufarbeitung von Eberhards Leben: Günter Ruch: Gottes Fälscher, München: Knaur-Taschenbuch-Verl., 2009

Weblinks

 Commons: Codex Eberhardi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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