- Aciclovir
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Strukturformel Allgemeines Freiname Aciclovir Andere Namen - Acyclovir
- 2-Amino-9-(2-hydroxyethoxymethyl)- 3H-purin-6-on
- 9-(2-Hydroxyethoxymethyl)guanin
- 2-Amino-6-hydroxy-9-[(2-hydroxyethoxy)methyl]-9H-purin (IUPAC)
Summenformel - C8H11N5O3
- C8H10N5O3Na (Mononatriumsalz)
CAS-Nummer - 59277-89-3
- 69657-51-8 (Mononatriumsalz)
PubChem 2022 ATC-Code DrugBank APRD00567 Kurzbeschreibung weißes, kristallines Pulver[1]
Arzneistoffangaben Wirkstoffklasse Verschreibungspflichtig: Teilweise Eigenschaften Molare Masse 225,21 g·mol−1 Schmelzpunkt 256,5−257 °C[2]
Löslichkeit Sicherheitshinweise Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln EU-Gefahrstoffkennzeichnung [3] keine Gefahrensymbole R- und S-Sätze R: keine R-Sätze S: keine S-Sätze LD50 - >20000 mg·kg−1 (Ratte p.o.)[4]
- >10000 mg·kg−1 (Maus p.o.)[4]
- 910 mg·kg−1 (Ratte i.v.)[4]
- 1118 mg·kg−1 (Maus i.v.)[4]
- 860 mg·kg−1 (Ratte i.p.)[4]
- 1000 mg·kg−1 (Maus i.p.)[4]
- 620 mg·kg−1 (Ratte s.c.)[4]
- 1118 mg·kg−1 (Maus s.c.)[4]
- >20000 mg·kg−1 (Ratte p.o., Mononatriumsalz)[4]
- >10000 mg·kg−1 (Maus p.o., Mononatriumsalz)[4]
- >600 mg·kg−1 (Ratte i.v., Mononatriumsalz)[4]
- 1210 mg·kg−1 (Ratte i.p., Mononatriumsalz)[4]
- 999 mg·kg−1 (Maus i.p., Mononatriumsalz)[4]
- 650 mg·kg−1 (Ratte s.c., Mononatriumsalz)[4]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Aciclovir ist ein Arzneistoff, der zur Behandlung von Infektionskrankheiten durch bestimmte Viren aus der Familie der Herpesviren verwendet wird.
Chemisch ist Aciclovir mit der Nukleinbase Guanin verwandt, einem Bestandteil der DNA und RNA.
Inhaltsverzeichnis
Anwendungsgebiete
Aciclovir wird bei Infektionen mit Herpes-simplex-Viren, wie z. B. Herpes der Geschlechtsteile (Herpes genitalis), Herpes des Neugeborenen (Herpes neonatorum) und durch Herpes-simplex-Viren verursachte Hirnentzündung (Herpes-simplex-Enzephalitis) verwendet, ebenso bei Infektionen mit Varizella-Zoster-Viren wie der Gürtelrose (Herpes zoster).
Bei einem geschwächten Immunsystem (angeborene oder erworbene Immundefizienz) ist Aciclovir ferner angezeigt zur Behandlung der Windpocken (Varizellen) und von durch Herpes-simplex-Viren verursachten Infektionen der Haut und Schleimhäute. Zur Vorbeugung vor Herpes-simplex-Infektionen während einer immunsuppressiven Therapie nach Organtransplantationen oder während einer Strahlentherapie ist Aciclovir ebenfalls angezeigt.
Aciclovir wird als Tablette oder Suspension eingenommen oder auch, insbesondere bei schwerem Krankheitsverlauf, intravenös verabreicht. Wichtig ist der Therapiebeginn möglichst früh im Krankheitsverlauf und eine regelmäßige Gabe, die ein Zeitintervall von 6 Stunden nicht überschreitet.
Äußerlich wird Aciclovir in Cremes bei Lippenherpes (Herpes labialis) und Herpes genitalis, in Augensalben bei Herpes-simplex-Infektionen der Hornhaut verwendet.
Pharmakologische Eigenschaften
Wirkungsweise
Aciclovir ist ein sogenannter Antimetabolit und hemmt in seiner aktiven (phosphorylierten) Form den Stoffwechsel der Zelle. Das Besondere an Aciclovir ist, dass es nur in infizierten Zellen aktiviert wird. Es wirkt also nur da, wo es auch gebraucht wird, um das Virus an der Replikation zu hindern. Um sich zu vermehren, bringen Herpesviren eine Reihe von eigenen Enzymen mit in die Zelle. Zu diesen Enzymen gehört z.B. die virale Thymidinkinase. Die eigentliche Aufgabe der Thymidinkinase bei der Virusreplikation ist es, Phosphatgruppen an das natürliche, zelleigene Nukleosid Thymidin zu heften. Das so aktivierte Thymidin wird dann von der DNA-Polymerase der befallenen Zelle verwendet, um unter anderem auch die Virus-DNA aufzubauen. Hier setzt das Aciclovir an: Die virale Thymidinkinase erkennt Aciclovir als Thymidin und aktiviert es, obwohl die aktivierte Form von Aciclovir für die DNA-Synthese unbrauchbar ist. So kommt es zum Kettenabbruch, und die Virusvermehrung wird gestoppt.
Aciclovir wird nur durch die virale Thymidinkinase in die Monophosphatform überführt. Dabei wirkt die virale Thymidinkinase weit (3000-mal) effektiver bei der Phosphorylierung als die zelluläre Thymidinkinase. Anschließend wird die Monophosphatform durch die zelluläre Kinase in die aktive Triphosphatform, Aciclo-GTP, weiterphosporyliert. Wird Aciclo-GTP anstelle von GTP durch die DNA-Polymerase der befallenen Zelle zur DNA-Replikation verwendet, so führt dies unweigerlich zum Abbruch der DNA-Synthese, da beim Aciclo-GTP keine 3'-OH-Gruppe vorhanden ist, an die ein folgendes Desoxynucleotid-Triphosphat (dNTP) angeknüpft werden könnte. Aciclo-GTP hat eine ungefähr 100-mal höhere Affinität zur viralen DNA-Polymerase als zur zellulären DNA-Polymerase. Die Monophosphatform des Aciclovirs wird aber auch in die virale DNA eingebaut, was bei der DNA-Synthese zum Kettenabbruch führt. Es wurde nachgewiesen, dass virale Enzyme Aciclo-GMP nicht aus der Kette entfernen können, was zur nachhaltigen Hemmung der DNA-Polymerase führt. Aciclo-GTP wird in der Zelle recht schnell metabolisiert, möglicherweise durch zelluläre Phosphatasen.
Pharmakokinetik
Der Einsatz von Aciclovir wird eingeschränkt durch die geringe Wasserlöslichkeit und die geringe Absorption bei oraler Verabreichung, die zu einer Bioverfügbarkeit von nur 20% führt. Bei oraler Verabreichung wird die Spitzenkonzentration im Serum nach 1-2 Stunden erreicht. Große Dosen müssen daher intravenös verabreicht werden. Aciclovir liegt im Blut zum großen Teil in freier Form vor; nur 30% sind an Transportproteine gebunden. Die Plasmahalbwertszeit des Aciclovirs beträgt ungefähr 3 Stunden.
Die Ausscheidung von Aciclovir findet über die Niere statt, teils durch glomeruläre Filtration, teils durch tubuläre Sekretion. Es sind Nierenprobleme bekannt geworden bei großen, schnell und intravenös verabreichten Dosen, weil dann Aciclovir in den Nieren auskristallisieren kann.
Nebenwirkungen
Da Aciclovir auch in die zelluläre DNA eingebaut werden kann, stellt es ein chromosomales Mutagen dar. Daher sollte es nicht während der Schwangerschaft verwendet werden. Trotzdem konnte bisher weder ein teratogener noch ein karzinogener Effekt nachgewiesen werden. Die akute Giftigkeit (LD50) von Aciclovir bei oraler Verabreichung liegt über 1 g/kg, dies wegen der geringen Absorption im Magen-Darm-Trakt. In Einzelfällen haben irrtümlich verabreichte, extrem hohe (bis zu 80 mg/kg) intravenöse Dosen keinerlei Nebenwirkung gezeigt. Die häufigsten Nebenwirkungen sind örtliche Irritationen an der Einstichstelle, Kopfschmerzen bei oraler Verabreichung und stechende und brennende Empfindungen bei äußerlicher Anwendung. Gegen Aciclovir entwickeln sich ziemlich schnell Resistenzen, was den klinischen Einsatz aber kaum beschränkt hätte. Am wahrscheinlichsten besitzen resistente Virusstämme Mutationen in ihrer Thymidinkinase oder ihrer DNA-Polymerase.
Sonstige Informationen
Ohne ärztliche Verordnung ist Aciclovir in Apotheken in Deutschland und Österreich nur als fünfprozentige Creme oder Salbe in Packungsgrößen bis zu 2 g ausschließlich zur Behandlung des Lippenherpes erhältlich. In der Schweiz sind diese Präparate zur Behandlung von Herpes labialis in der Abgabekategorie D, d. h. sie können nach Fachberatung in Apotheken und Drogerien bezogen werden.
Handelsnamen
Accarix (A), ACERPES (D), Acic (D), Aciclostad (D), Acivir (CH), Acyclovir (CH), Aviral (CH), DYNEXAN Herpescreme (D), Helvevir (CH), HerpoMed (A), Nycovir (A), Supraviran (D), ViroMed (A), Virucalm (CH), Virupos (D), Virzin (D), Xorox (A), Zoliparin (D), Zovirax (D, A, CH) als Tabletten, Suspensionen, Infusionslösungskonzentrat, Augensalben und 5 % Creme, zahlreiche Generika (D, A, CH)
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ a b F. von Bruchhausen, S. Ebel, A. W. Frahm, E. Hackenthal: Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis. Band 7: Stoffe A–D. 5. Auflage, Birkhäuser/Springer, 1991, ISBN 3-540-52688-9, S. 44.
- ↑ The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage, 2006, S. 698, ISBN 978-0-911910-00-1.
- ↑ Datenblatt Aciclovir-Pulver (Acycloguanosine) bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 2. Mai 2010.
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n A. Kleemann, J. Engel, B. Kutscher, D. Reichert: Pharmaceutical Substances – Synthesis, Patents, Applications, 4. Auflage, Thieme-Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 978-1-58890-031-9.
Weblinks
- Aktuelle Ergänzungen zu Aciclovir (aus 1983)
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