- Dachsteinkalk
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Als Dachsteinkalk wird eine weitverbreitete Gesteinsart der Ostalpen bezeichnet, die vor allem in den Nördlichen Kalkalpen sowie den östlichen Südalpen (Julische Alpen) vorkommt. Es handelt sich um einen hellgrauen bis weißlichen, manchmal auch rötlichen sowie relativ reinen Kalkstein. Der Dachsteinkalk wird in zwei verschiedene Typen unterteilt, den Bankkalk und den Riffkalk. Der Dachstein-Pionier und Naturforscher Friedrich Simony beschrieb das Gestein erstmals im 19. Jahrhundert und benannte es nach dem aus diesem Gestein bestehenden Dachsteingebirge.
Inhaltsverzeichnis
Alter
Der Dachsteinkalk ist vor etwa 217 bis 200 Mill. Jahren in der oberen Abteilung der Trias entstanden. In einem Zeitraum von etwa 10 bis 15 Millionen Jahren lagerte sich Kalkmaterial bis zu einer Schichtdicke von einem Kilometer ab. Die Ausbildung dieses Gesteins begann im Karn; allgemein setzte die Hauptsedimentation jedoch erst im Nor ein, so dass er den oberen beiden Dritteln des oberen Alpenkalkes entspricht. Seine Sedimentation endete gegen Ende des Rhät vor etwa 200 Millionen Jahren an der Zeitenwende Trias-Jura. Nach der Ablagerung des Dachsteinkalkes wurde der Meeresboden durch Dehnungstektonik zerbrochen und in den entstandenen Spalten des Meeresgrundes, so genannten „Neptunian Dikes“, wurden jüngere Rotkalke aus der Zeit des unteren Jura abgelagert. Diese Spaltenfüllungen kommen innerhalb des Dachsteinkalkes häufig vor und sind durch ihre violettrote Färbung sehr auffällig.
Vorkommen
In den Nördlichen Kalkalpen findet der Dachsteinkalk sich in allen höheren Bergmassiven von der Ostgrenze Tirols ostwärts. Aus diesem Gestein sind die Gipfelbereiche von breiten Gebirgsstöcken gebaut, wie etwa Loferer und Leoganger Steinberge, Watzmann, Steinernes Meer, Hochkönig, Hagengebirge, Tennengebirge, Dachsteingebirge, Totes Gebirge, Gesäuse oder Hochschwab. Im westlichen Teil der Nördlichen Kalkalpen dagegen findet sich anstatt des Dachsteinkalkes der gleichalte Hauptdolomit.
In den Südalpen kommt Dachsteinkalk nur in den Julischen Alpen vor; weiter westlich ist dort die gleichaltrige Gesteinsserie dolomitisiert und wird als Dachsteindolomit oder ebenfalls als Hauptdolomit bezeichnet. Zwischen den einzelnen Gebirgen aus Dachsteinkalk befinden sich sehr oft Schichtfolgen mit andersartiger Ausbildung bei gleichem Alter, die sogenannten „Hallstätter Kalke“, so dass das Vorkommen unterbrochen ist.
Außerhalb von Österreich werden Gesteine aus Ungarn als Dachsteinkalk bezeichnet, welche in dem Gebirgszug nördlich des Plattensees zur Donau aufgeschlossen sind (Balaton felvidék, Vorkette des Bakonygebirges). Weitere dem Dachsteinkalk ähnliche Gesteine werden aus Westsizilien, Nordkalabrien, dem südlichen Balkan und der südlichen Türkei erwähnt; beispielsweise die Aladaglari nördlich von Adana als höchste Berggruppe des Mittleren Taurus.
In Neuguinea ist die Carstensz-Pyramide, mit knapp 5000 Metern Meereshöhe der höchste Berg der australischen Kontinentalplatte, aus Kalkstein vom Typ Dachsteinkalk aufgebaut.
Bankkalk
Die am weitesten verbreitete Fazies des „Bankkalkes“ oder des „gebankten Dachsteinkalkes“ ist ein sehr deutlich gebankter Kalk mit einer sehr groben Schichtung im Meter- bis Dekameterbereich.
Der Bankkalk ist das mächtigste Schichtglied im Dachsteinkalk, er ist sehr widerstandsfähig und fest. Die massiven Kalkbänke von 1 bis etwa 20 Meter Dicke sind aus Kalk von sandig bis schlammiger Korngröße entstanden. In ihnen finden sich häufig die Reste von sehr großen Muscheln, den Megalodonten. Kurz nach der Sedimentation entstandene Hohlräume und Spalten sind mit Brekzien und sehr auffälligem ziegelrotem bis ockerfarbenem Ton oder rotgefärbtem Kalk gefüllt.
Die „Trennfugen“ der Kalkbänke bestehen aus 1/2 bis 1 Meter starken Zwischenlagen aus Dolomit mit millimeterfeiner Schichtung, manchmal aus dünnplattig brechenden Kalken und stellenweise Mergeln. Das unterschiedliche mechanische Verhalten dieser brüchigeren Zwischenschichten führt zu der stufig gebänderten Struktur der Berge.
Die Schichtplatten des Kalksteins sind wegen ihrer Mächtigkeit und der klaren Abgrenzung der Einzelbänke untereinander aus großer Entfernung zu erkennen. Diese klar abgegrenzte Schichtungsstruktur entsteht durch den rhythmischen Wechsel der verschiedenen Gesteinstypen im Bankkalk. Der rhythmische Wechsel einzelner Schichtglieder (Zyklothem) im Dachsteinkalk wurde von dem amerikanischen Geologen Alfred G. Fischer als Lofer-Zyklothem beschrieben. Er erklärt die Lofer-Zyklotheme durch Meeresspiegelschwankungen im Rhythmus von mehreren 1.000 Jahren.
Riffkalk
Der zweite Gesteinstyp des Dachsteinkalkes ist der Riffkalk. Er ist gleichalt mit dem Bankkalk und wird auch als Hochgebirgskorallenkalk bezeichnet. Dieser Typ ist nicht so weit verbreitet wie der Bankkalk und tritt vor allem an der Süd- oder Südostseite einiger Gebirgsstöcke auf, so etwa am Hochkönig, im Tennen- und Hagengebirge, am Hohen Göll und am Gosaukamm des Dachsteingebirges.
Der größte Teil des anscheinend ungeschichteten Riffkalks besteht aus Riffschutt, was an der ungeordneten Position vieler der Korallenstöcke und riffbildenden Algenmatten erkennbar ist. Die Fossilien waren vor der Ablagerung im Riff vergesellschaftet, sind durch Brandung oder Erdbeben davon abgebrochen und wurden im Riffschutt weiter unten vor dem Riffabfall in größeren, zusammenhängenden Blöcken einzementiert. Nur in wenigen Bereiche des Riffes sind die Riffbildner in Lebensstellung erhalten. Diese Bereiche werden als Riffkerne bezeichnet und stellen Reste des ursprünglichen Riffkomplexes dar. Im Göllmassiv ist der Übergang vom Vorriff bis zur gebankten Riffrückseite bis in die Lagunenfazies dokumentierbar.[1]
Ablagerungsmilieu
Beide Faziestypen des Dachsteinkalks sind in relativ flachem Meer entstanden. Das Vorkommen von Flachwasserfossilien in Lebendstellung im gesamten Schichtkomplex des Dachsteinkalks bezeugt, dass Sonnenlicht in wesentlichen Mengen den Meeresboden erreichte. Der Untergrund muss sich während der Ablagerung des Dachsteinkalks ständig abgesenkt haben, denn auch die unterste Schicht des kilometerstarken Gesteinsstapels ist im Flachmeer entstanden.
Zwischen den beiden Faziestypen gibt es Übergänge; ebenso zu der Fazies der Hallstätter Kalke sowie der Fazies des Hauptdolomits. Im Hochschwab ist der Übergang des Riffes über den Schutthang des Vorriffs in eine südlich gelegene Beckenfazies („Aflenzer Kalk“) sehr gut erhalten. Der Aflenzer Kalk ist dunkel, dünnbankig, mergelig und kieselig, und wird ebenso wie der gleichaltrige Teil der Hallstätter Kalke nicht als Dachsteinkalk bezeichnet.
Zur Ablagerungszeit des Dachsteinkalkes war der Ostalpenraum ein von der Festlandsküste abgesetzter Flachmeerbereich in subtropischen Breiten am Südrand der westlichen Tethys. Die Ostalpen boten aufgrund der damals tropischen Lage – etwa vergleichbar mit der heutigen Karibik – ideale Lebensbedingungen für die Riffbildung.
Fossilien
Typische Fossilien im Bankkalk sind die sogenannten Megalodonten, eine als Dachstein-Bivalven bezeichnete Gruppe von Riesenmuscheln, die mit mehreren Gattungen wie Neomegalodus und Conchodus vertreten ist. Im Volksmund werden sie als Kuhtritte bezeichnet, da die beiden Schalen im allgemeinen noch beisammen liegen und somit an der Gesteinsoberfläche einen hufartigen oder herzförmigen Querschnitt zeigen. Weiterhin häufig und unter Sammlern bekannt ist die früher mit dem Namen Thecosmilia benannte Korallengruppe, die heute in mehrere Gattungen aufgeteilt ist (unter anderem Thecosmilia, Retiophyllia)[2]. Der häufigste Typ hat etwa bleistiftdicke Stängel und bildet manchmal mehrere Dezimeter große Stöcke. Die Koralle kommt häufig im Riffkalk vor, ist jedoch selten im Bankkalk. Aus dem Dachsteinkalk sind noch viele andere Fossilien beschrieben worden, darunter Schnecken und Fischreste. Im Toten Gebirge wurde ein Saurierskelett gefunden, welches in einem Museum in Bad Ischl ausgestellt ist. Die genaue Biostratigraphie des Dachsteinkalkes wird anhand von Foraminiferen durchgeführt.
Einzelnachweise
- ↑ Zankl 1969
- ↑ Upper Triassic reef fauna from the Quesnel terrane, central British Columbia. Auswertung bei The Paleobiology Database (en.). URL: http://paleobackup.nceas.ucsb.edu:8090/cgi-bin/bridge.pl?action=displayReference&reference_no=6622. Abgerufen am 10. Dezember 2007
Literatur
- Heinrich Zankl: Der Hohe Göll. Aufbau und Lebensbild eines Dachsteinkalk-Riffes in der Obertrias der nördlichen Kalkalpen. Abhandlungen der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft, Band 519, 123 Seiten, 74 Abbildungen, 15 Tafeln. Frankfurt 1969
- Alfred G. Fischer: The Lofer Cyclothems of the Alpine Triassic; Kansas Geol. Surv. Bull. 169, S. 107-149. Topeka 1964
Weblinks
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