Dangast

Dangast
Dangast
Stadt Varel
Koordinaten: 53° 27′ N, 8° 7′ O53.4441558.117845Koordinaten: 53° 26′ 39″ N, 8° 7′ 4″ O
Einwohner: 545 (30. Juni 2010)
Postleitzahl: 26316
Vorwahl: 04451
Strand von Dangast
Nordseebad Dangast – Hafen
Sonnenuntergang am Jadebusen
Skulptur am Strand von Dangast
„Friesendom“ am Strand Dangast

Der Kurort Nordseebad Dangast liegt am südwestlichen Jadebusen im Landkreis Friesland und ist Teil der Stadt Varel. Er hat 545 Einwohner.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Anfänge Dangasts reichen bis in das 11. Jahrhundert zurück. Bei der Zweiten Marcellusflut 1362 wurde die erste Siedlung Dangast, die einige hundert Meter nordwestlich des heutigen Ortes lag, zerstört und mit ihr der Stammsitz des friesischen Häuptlingsgeschlechts der Wimekinge, aus dem Edo Wiemken der Ältere (Häuptling von Rüstringen ca. 1354/1378 bis 1415) hervorging. Nach der Marcellusflut wurde Dangast an flutgeschützter Stelle auf dem Südhang eines eiszeitlichen Geestrückens neu gegründet. Dank dieser Lage ist Dangast heute einer der wenigen Plätze an der deutschen Nordseeküste, an dem der Bau eines Schutzdeiches nicht erforderlich ist. Der hierdurch ermöglichte „deichlose Meerblick“ gehört zu den wichtigsten Attraktionen des Ortes.

Um 1795 beschloss Graf Gustav Friedrich Wilhelm Bentinck, ein Seebad nach englischem Vorbild anzulegen. Schon 1797 wurde berichtet, dass Dangast gern von Badegästen aufgesucht werde. Die provisorischen Anlagen wurden in den Jahren 1804 bis 1865 durch die endgültigen, überwiegend bis heute erhaltenen Baulichkeiten ersetzt. 1874 übernahm der Wilhelmshavener Bauunternehmer Linde die See-Badeanstalt Dangast. Er ließ die vorhandenen Einrichtungen renovieren und baute ein weiteres Logierhaus für Gäste. Im Jahre 1878 wurde in Dangast als so genannter Erdhöllander eine Windmühle an der Wulfsgast errichtet und als Müllerei betrieben. 1882 kaufte Carl Gramberg die See-Badeanstalt mit allen Einrichtungen. Dangast verfügte zu diesem Zeitpunkt über drei Logierhäuser mit 100 Betten. Weitere 30 Betten standen in Pensionen als Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung. Eine Sturmflut vom 5. bis 8. Dezember 1895 verursachte extrem hohe Wasserstände über sechs Tiden lang. In Dangast wurden wieder die Bade- und Strandeinrichtungen beschädigt. Das Amt Varel zählte zu diesem Zeitpunkt in Dangast 58 Häuser.

1904 schrieb Meyers Reiseführer erstmalig über das Nordseebad Dangast: „Wohnung nimmt man in einem der drei Logierhäuser, die alle demselben Besitzer gehören ...“. Nach dem Abriss des Vareler Leuchtturmes auf dem Kohlhof-Gelände am Vareler Hafen wurde auf einem Geestinselrest des ehemaligen Kirchspiels Arngast bei Dangast im Jahre 1910 der Arngaster Leuchtturm gebaut. Eine Dangaster Einwohnerin, bekannt als „Tante Klara“, eröffnete am Kukshörner Weg im Jahre 1925 eine Gaststätte und Pension mit dem Namen „Haus Tante Klara“. 1935 übernahm Anton Tapken das Kurhaus mit all den dazu gehörigen Liegenschaften und ließ es 1947 umbauen, so dass ein ganz neuer Komplex mit Saal, Küche, Wohnräumen und Personalzimmern entstand.

Die Sturmflut vom 16. auf den 17. Februar 1962 traf auch Dangast massiv. Verheerende Schäden an den Strandeinrichtungen und nahe gelegenen Gebäuden waren die Folge. Das Wasser überschwemmte die gesamte Rennweide. Im Jahre 1970 sollten nach den Wünschen einiger Objektplaner vier Hochhäuser entstehen. Als zentraler Standort war die Ortsmitte vorgesehen. Nach massiven Protesten der Dorfbewohner gegen die geplante „Dorfverschandelung“ wurde das Projekt aufgegeben. Im selben Jahr verstarb die in Dangast wohnhafte Malerin Trude Rosner-Kasowski. 1974 begannen die Bauarbeiten am Deich für das neue Meerwasserquellbad, das ein Jahr später den Betrieb aufnahm. Dangast begann, sich schwerpunktmäßig zum Fremdenverkehrsort auszurichten. Die Nordsee-Kuranlage „Deichhörn“ wurde gebaut und die Bademöglichkeiten am Strand wurden durch Sandaufspülungen erweitert. 1980 wurde dieses Kurzentrum, dem ein medizinischer Badebetrieb angegliedert ist, eröffnet.

1984 sorgt der Bildhauer Eckart Grenzer dafür, dass der Seebadeort Dangast zum Medienmittelpunkt wird. Er meißelt direkt am Strand unter den Augen zahlreicher Zuschauer einen 3,20 Meter hohen Phallus aus Granit mit dem Titel „Begegnung der Geschlechter“[2].

Dangast ist seit langem ein beliebter Wohn- und Treffpunkt von Künstlern.

Tourismus

Dangast ist das südlichste Nordseebad. Es hat einen ca. 2 km langen Sandstrand, an dem während der Flutzeiten gebadet werden kann, ferner mehrere große Campingplätze sowie ein Meerwasserschwimmbad, das „DanGastQuellbad“. Letzteres wird aus einer 573 Meter unter dem Meeresspiegel gelegenen Iod-Sole-Quelle gespeist. Hierbei handelt es sich um etwa 40 Millionen Jahre altes Meerwasser. Der Strand am Kurhaus ist kostenlos zugänglich.

Bekannt ist Dangast für sein altes Kurhaus und den Sielhafen. Das Kurhaus wurde 1820 als Nachfolger des abgebrannten ersten „Conversationshauses“ von 1804 erbaut. Vom Sielhafen aus werden Schiffsrundfahrten durch den Jadebusen mit der „Etta von Dangast“ durchgeführt.[3]

In den Sommermonaten ist das drei Tage dauernde Dangaster Hafenfest eine überregional bekannte Attraktion, zu der eine so seltene wie spektakuläre Meisterschaft im Schlickschlittenrennen gehört. Das Watt vor Dangast besteht auf Grund fehlender Strömung aus viel Feinsediment und ist daher sehr schlickig. Auf Wattwanderungen versinkt man häufig bis über die Waden. Eine bekannte Wanderung, die nur unter kundiger Führung unternommen werden sollte, führt zum Leuchtturm Arngast.

Kunst und Kultur

Im nahe gelegenen heutigen Restaurant „Haus Gramberg“, früher „Parkschloss“, logierte der expressionistische Maler Karl Schmidt-Rottluff (Die Brücke) zwischen 1909 und 1912 während seiner Arbeitsaufenthalte in Dangast. Sein Kollege Erich Heckel nahm zwischen 1908 und 1910 im benachbarten „Hullmann'schen Haus“ (An der Rennweide 3) Quartier. Im „Haus Irmenfried“ (An der Rennweide 42), früher als „Villa Wobick“ mit einem 1921 abgerissenen markanten Holzturm ein Lieblingsmotiv Karl Schmidt-Rottluffs, wohnt seit 1950 der Maler und Photograph Willy Hinck (1915–2002). Im und rund um das Kurhaus haben sich bekannte und weniger bekannte zeitgenössische Künstler wie die Beuys-Schüler Anatol Herzfeld, Wilfried Gerdes und Eckart Grenzer mit allerlei Artefakten verewigt.

An der Sielstraße wurde im Wohnhaus des Malers Franz Radziwill, der dort seit 1923 bis zu seinem Tode 1983 lebte, ein Kunstmuseum eingerichtet. Er hinterlässt ein umfangreiches Lebenswerk, das vom Expressionismus über veristische Stillleben bis zum magischen Realismus reicht. Ein Kunstpfad erinnert seit 2004 an alle diese und weitere mit Dangast verbundene Kunstschaffenden.

Funk und Fernsehen sind jährlich immer wieder dabei, wenn die Aktionskunstgruppe „Menschenmüll“ mit ihrem „Wattgolfen“ aktiv wird.[4] Auch das einst weithin bekannte Spektakel „Flugtag“, bei dem einfallsreiche Bastler in ihren selbstgebauten Fluggeräten zum Gaudium der Zuschauer recht und schlecht den Dangaster Hafen zu umrunden versuchen, findet seit 2006 wieder jährlich statt. Diese „rein privaten“ Veranstaltungen bringen den Verkehr in Dangast immer wieder zum Erliegen. Zur Weihnachtszeit veranstaltet die Gruppe Menschenmüll im „Alten Kurhaus“ ein satirisches „Weihnachtstheater“, das ebenfalls überregional bekannt ist.

Persönlichkeiten

  • Franz Radziwill (1895–1983), Künstler
  • Willy Hinck (1915-2002), Künstler
  • Karl-August Tapken, Eigentümer des Kurhauses und Träger des Bundesverdienstkreuzes
  • Karl-Heinz Funke (* 1946), ehemaliger Landes- und Bundeslandwirtschaftsminister und Bürgermeister der Stadt Varel
  • Heiko Daxl

Einzelnachweise

  1. Stadt Varel - Zahlen, Daten, Fakten, abgerufen am 27. August 2011
  2. Kunstwerk „Begegnung der Geschlechter“
  3. Schiffsrundfahrten mit der „Etta von Dangast“
  4. Informationen zur regelmäßigen Veranstaltung „Wattgolfen“

Weblinks


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