De Nationalliberale

De Nationalliberale
Orla Lehmann (1810-1870)
Carl Christian Hall (1812-1888)

De Nationalliberale (dän. für „Die Nationalliberalen“) waren 1842-82 eine Strömung in der dänischen Politik. Sie wurden als „Gruppierung“ betrachtet, hatten aber keine Parteiorganisation.

Die Strömung entstand, als Orla Lehmann 1842 die Eiderpolitik formulierte. Von Anfang an bekamen die Nationalliberalen Zulauf von einer Gruppe, die sich yngre liberale („Jüngere Liberale“) nannten, darunter Carl Ploug, jahrzehntelanger Redakteur der Zeitung Fædrelandet und D. G. Monrad, der Vater des dänischen Grundgesetzes von 1849. Später stießen Carl Christian Hall und Andreas Frederik Krieger als Führungspersönlichkeiten hinzu. Diese Männer waren alle um 1810 geboren.

Die Strömung entstand unter Studenten und Akademikern und wurde daher oft „Professorenpartei“ genannt. In den 1840ern hatte die Partei insbesondere Anhänger unter Kaufleuten und jüngeren Beamten. Als Opposition gegen den Absolutismus forderten die Nationalliberalen eine freie Verfassung. Sie waren Anhänger des Skandinavismus und der Eiderpolitik.

Noch um 1840 standen die meisten Bauern hinter dem Absolutismus. Durch die Gründung der Bondevennernes Selskab („Gesellschaft der Bauernfreunde“) 1846 konnten die Nationalliberalen die Bauern erfolgreich für den Kampf um die Verfassung gewinnen. Allerdings wackelte das Bündnis bereits 1848.

Die Nationalliberalen waren führend an der Märzrevolution 1848 in Dänemark beteiligt. Das „Märzministerium“ war eine Koalitionsregierung ais den Nationalliberalen und eher konservativen Persönlichkeiten. Im Herbst 1848 wurden die Nationalliberalen aus der Regierung gedrängt und das konservative „Novemberministerium“ gebildet.

Die verfassungsgebende Reichsversammlung (Den grundlovgivende rigsforsamling) 1848-49 bestand aus drei annähernd gleich großen Richtungen:

  • Die konservative Højre
  • Die Nationalliberalen
  • Die Bauernfreunde (s.o.), die danach mit den Nationalliberalen brachen und die spätere Venstre bildeten

Ein Streitpunkt in der Reichsversammlung war die Zusammensetzung des neuen Reichstages. Die Bauernfreunde wünschten ein Einkammersystem mit allgemeinen Wahlrecht. Die Højre wollten ein Zweikammersystem mit privilegiertem Wahlrecht. Entscheidend waren die Nationalliberalen in der Mitte, die sich einem Kompromissvorschlag anschlossen, der zwei Kammern mit allgemeinem Wahlrecht für das Folketing und privilegiertes Wahlrecht für das Landsting vorsah. Auch in anderen Punkten hatten die Nationalliberalen entscheidenden Einfluss auf das Junigrundgesetz von 1849.

1849-1857 bekamen nur wenige Nationalliberale Ministerposten in den konservativen Regierungen. Das sollte sich 1857 ändern, als Carl Christian Hall eine nationalliberale Regierung bildete, die sich mit einer kurzen Unterbrechung bis zum 31. Dezember 1863 halten konnte. Diese Zeit war der Höhepunkt der Nationalliberalen, indem sie viele der Reformen durchsetzen konnten, die sie in den 1840ern forderten.

Als Hall 1863 auch noch die Eiderpolitik wieder aufgriff, begann ein nationales Drama. Die Novemberverfassung wurde Auslöser des Deutsch-Dänischen Krieges von 1864. Dänemark verlor als Ergebnis die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg an Preußen. Den Nationalliberalen wurde die Schuld zugeschoben und sie verloren an Ansehen und ihre Ministerposten. D. G. Monrad wanderte sogar nach Neuseeland aus.

1865 bildete Christian Emil Krag-Juel-Vind-Frijs, der Führer der Nationale Godsejere („Nationale Gutsbesitzer“) die Regierung. Die Gutsbesitzer sollten in der Folge für Jahrzehnte die dänischen Premierminister stellen. Mit der Verfassungsänderung von 1866 bekamen sie auch entscheidenden Einfluss im Landsting.

Die Nationalliberalen waren um ein Bündnis mit den Gutsbesitzern bemüht und konnten so wieder an Einfluss gewinnen. Erst 1875 geht diese Koalition wieder auseinander, als Jacob Brønnum Scavenius Estrup eine reine Gutsbesitzer-Regierung bildete.

Ein dringend notwendiger Generationswechsel bei den Nationalliberalen wurde 1866 versäumt, als sich die Mellempartiet bildete. Bis zur Auflösung der Nationalliberalen waren sie also von den Männern aus der Gründergeneration geprägt.

Der Verfassungskampf, der die dänische Politik Ende des 19. Jahrhunderts prägte, war von den Nationalliberalen nicht gewollt. 1882 lösten sie sich auf, und die meisten Mitglieder gingen zur Højre, während sich D. G. Monrad der Venstre zuwandte.

Die Nationalliberalen hatten einen erheblichen Einfluss auf die öffentliche Meinung und das Kulturleben, das durch die Nationalromantik geprägt war. Erst Viggo Hørup von Venstre schuf eine starke Opposition dagegen. Mit Unterstützung des Kreises um Georg Brandes gelingt es ihm, den nationalromantischen Einfluss einzuschränken.

Siehe auch


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Nationalliberale Partei — Nationalliberale Partei, politische Partei in Deutschland, ging aus der preußischen Fortschrittspartei nach dem großen Umschwung 1866 hervor und bildete sich unter Laskers und Twestens Führung im August 1866 aus den Männern, die, ohne ihre… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Nationalliberale Partei — Nationalliberale Partei,   aus der Deutschen Fortschrittspartei zunächst als »neue Fraktion der nationalen Partei« (17. 11. 1866 hervorgegangene politische Gruppierung, die sich im Februar/März 1867 im Norddeutschen Reichstag als »Fraktion der… …   Universal-Lexikon

  • Nationalliberale Korrespondenz — Nationalliberale Korrespondenz, täglich in Berlin seit 1874 erscheinende, den Zeitungen zugehende Korrespondenz, das Zentralorgan der nationalliberalen Partei. Herausgeber ist Rudolf Grosse …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Nationalliberale Partei — Nationalliberale Partei, polit. Partei in Deutschland seit 1866, als zahlreichste Partei im Reichstag ausschlaggebend bis zum Umschwung in der Wirtschaftspolitik, infolgedessen 1880 die Sezessionisten ausschieden, zählt (1903) im Reichstage 47,… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Nationalliberale Partei — Die Nationalliberale Partei war eine politische Partei im Deutschen Reich. Sie wurde 1867 gegründet und bestand bis 1918. Friedrich Hammacher, Mitglied der ersten Fraktion im preußischen Abgeordnetenhaus Die Nationalliberale Partei ging 1866 aus… …   Deutsch Wikipedia

  • Nationalliberale Reichspartei — Die Nationalliberale Reichspartei (NLRP) war eine Gruppierung, die im Juni 1924 gegründet wurde, um die Kräfte der Deutschen Volkspartei (DVP) mit der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) zusammenzuführen. Inhaltsverzeichnis 1 Opposition in der… …   Deutsch Wikipedia

  • Nationalliberale — Nationalliberalismus bezeichnet eine politische Haltung, die sich im 19. Jahrhundert im Streben nach individueller Freiheit (Liberalismus) und nationaler Souveränität bildete.[1] Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1.1 Deutschland 1.2 Österreich 2 …   Deutsch Wikipedia

  • Nationalliberale Aktion — Die Nationalliberale Aktion (NLA) war eine nationalliberale Splitterpartei. Sie bildete sich aus dem „Hohensyburger Kreis“, in dem sich FDP Mitglieder des rechten Flügels sammelten. Sie lehnten die sozialliberale Koalition (von SPD und FDP) ab,… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Mitglieder des Zollparlaments — Die Liste der Mitglieder des Zollparlaments enthält die Abgeordneten, die zwischen 1868 und 1870 dem Zollparlament angehörten. Das Zollparlament war das Parlament des Deutschen Zollvereins. Es wurde gebildet, indem zu den bereits im Jahre 1867… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Abgeordneten des ersten ordentlichen Reichstags des Norddeutschen Bundes — Die Liste der Abgeordneten des ersten ordentlichen Reichstags des Norddeutschen Bundes enthält alle Abgeordneten, die dem ersten ordentlichen Reichstag des Norddeutschen Bundes angehörten. Wahl und Legislaturperiode Die Wahl zum ersten… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”