Der Hase und der Igel

Der Hase und der Igel
Titel einer 1855 erschienenen plattdeutschen Ausgabe mit den Illustrationen von Gustav Süs
„Go'n Morgen“
„Ick bün all dor“
...un wenn se nich storben sünd, lewt se noch

Der Hase und der Igel ist ein volkstümlich überliefertes Märchen, schriftlich erstmals auf Plattdeutsch unter dem Titel De Has un de Swinegel mitgeteilt von Wilhelm Schröder (1808–1878) 1840 im „Hannoverschen Volksblatt“ und 1843 von den Brüdern Grimm als Nr. 187 in die 5. Auflage der Kinder- und Hausmärchen aufgenommen. Von Klaus Groth gibt es das Gedicht „Wo Swienaegel un Matten Haas in'e Wett lepen”. Ludwig Bechstein veröffentlichte eine Nacherzählung in hochdeutscher Sprache in seinem von Ludwig Richter illustrierten Werk „Deutsches Märchenbuch”, das 1845 zum ersten Mal erschien.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Bei einer zufälligen Begegnung macht sich der Hase über die schiefen Beine des Igels lustig, woraufhin ihn dieser zu einem Wettrennen herausfordert, um den Einsatz eines goldenen „Lujedor“ (Louis d’or) und einer Flasche Branntwein. Bei der späteren Durchführung des Rennens auf einem Acker läuft der Igel nur beim Start ein paar Schritte, hat aber am Ende der Ackerfurche seine ihm zum Verwechseln ähnlich sehende Frau platziert. Als der siegesgewisse Hase heranstürmt, erhebt sich die Frau des Igels und ruft ihm zu: „Ick bün al dor!“ („Ich bin schon da!“). Dem Hasen ist die Niederlage unbegreiflich, er verlangt Revanche und führt insgesamt 73 Läufe mit stets demselben Ergebnis durch. Beim 74. Rennen bricht er erschöpft zusammen und stirbt.

Erläuterungen

Die Situierung des Ereignisses auf der Buxtehuder Heide ist ein Einfall Schröders. Ursprünglich hatte er das Märchen in Bexhövede gehört, was etwa 70 Kilometer von Buxtehude entfernt in der Nähe von Bremerhaven liegt. Die Gründe, die Schröder bewogen, den Handlungsort zu ändern, sind nicht sicher bekannt. Die Bezeichnung Schweinigel oder plattdeutsch Swienegel ist ein üblicher, kein wertender Name für den Igel.

Für ein Märchen ungewöhnlich ist die selbstironische Einleitung: „Disse Geschicht is lögenhaft to vertellen, Jungens, aver wahr is se doch! Denn mien Grootvader, van den ick se hew, plegg jümmer, wenn he se mi vörtüerde, dabi to seggen: ‚Wahr mutt se doch sien, mien Söhn, anners kunn man se jo nich vertellen!‘“ („Diese Geschichte ist lügenhaft zu erzählen, Jungens, aber wahr ist sie doch, denn mein Großvater, von dem ich sie habe, pflegte immer, wenn er sie erzählte, dabei zu sagen: ‚Wahr muß sie doch sein, mein Junge, sonst könnte man sie ja nicht erzählen.‘“).

Hintergrund

Der Igel ist ein „kleiner Mann“, der die Rüben in der Nähe seines Hauses zu essen pflegt, „darum sah er sie auch als die seinigen an“. Der Hase dagegen ist „ein vornehmer Herr und grausam hochfahrend noch dazu“. Die Protagonisten spielen also in etwa die Rolle eines Bauern und eines Grundbesitzers. Auf diesen sozialen Hintergrund zielen auch die beiden moralischen Schlussfolgerungen ab; für den Hasen: Man soll sich über vermeintlich unterlegene Leute nicht lustig machen – und für den Igel: Wenn man heiratet, soll man sich eine Frau aus dem eigenen Stand aussuchen, am besten eine, die genau so aussieht wie man selber: „Wer also en Swinegel is, de mutt tosehn, dat siene Fro ook en Swinegel is“.

Rezeption

Die Situation „Hase und Igel“ wie auch der Zuruf „Ich bin schon hier!“ wurden sprichwörtlich und werden bis heute in vergleichbaren Situationen zitiert. Gewöhnlich wird der Blickwinkel des „Hasen“ beschrieben, der bei wiederholter Auseinandersetzung mit dem immer gleichen Konkurrenten zu dem immer gleich frustrierenden Ergebnis kommt. Naheliegenderweise findet das Bild im Sport Verwendung, aber auch in Wirtschaft und Politik.

Vgl. Der Fuchs und der Krebs in Ludwig Bechsteins Deutsches Märchenbuch von 1845.

Adaptionen

  • In der japanischen Zeichentrickserie von 1987 Gurimu Meisaku Gekijō wird in Folge 41 die Geschichte vom Wettlauf zwischen Hase und Igel dargestellt.
  • Hase und Igel ist ein 1973 von dem Engländer David Parlett erdachtes Brettspiel, das 1979 als erstes Spiel mit dem Preis Spiel des Jahres ausgezeichnet wurde und Elemente des Märchens verarbeitet, insbesondere das Prinzip, dass der Schnellste nicht unbedingt der Gewinner sein muss.
  • Auf seiner 1973 erschienen Kinderliederplatte die Rübe singt Fredrik Vahle das Lied der Hase Augustin. Dessen zweiter Teil stellt eine Vertonung des Märchens von Hase und Igel dar. Die Erzählung gleicht der des Märchens, ist aber etwas gekürzt.
  • In dem Umwelt-Bilderbuch „Aber … ich bin schneller!”, das 2003 von Andrea Merten herausgegeben wurde, tritt die Igelin Ida mit ihrem Fahrrad gegen den Hasen Hans im roten Cabriolet zur Wettfahrt an.

Trivia

Weblinks

 Wikisource: Der Hase und der Igel – Quellen und Volltexte

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