Adlersfeld

Adlersfeld
Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem vor 1905

Anna Eufemia Carolina von Adlersfeld-Ballestrem (* 18. August 1854 in Ratibor; † 26. April 1941 in München) war eine deutsche Schriftstellerin. Um 1900 zählte sie zu den beliebtesten deutschen Unterhaltungsschriftstellerinnen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem wurde als fünftes von sechs Kinder des Grafen Alexander Karl Wolfgang von Ballestrem di Castellengo, Landschaftsdirektor in Ratibor, und der Mathilde von Ballestrem, geb. von Hertell, in Ratibor geboren. Die Familie gehörte dem Adel in Schlesien an, die Vorfahren waren 1745 aus dem Piemont nach Schlesien übergesiedelt.

Im Jahr 1860 legte der Vater sein Amt nieder und die Familie zog zuerst nach Brieg und anschließend nach Hirschberg um. Hier verlebte Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem eine unbeschwerte Kindheit und wurde durch verschiedene Hauslehrer erzogen, der Vater weckte in ihr die Liebe zur Literatur. Von der Dresdner Kammersängerin Jenny Bürde-Ney erhielt sie Gesangsunterricht und entwickelte in der Folge „eine schöne Sopranstimme von seltenem Umfange“[1].

Nach dem Tod des Vaters im Jahre 1881 bereiste Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem mit ihrer Mutter für einige Jahre Italien. Diese Reise wirkte inspirierend auf ihr künstlerisches Schaffen, besonders widmete sie sich der Porträtmalerei. In Rom wurde sie sogar Mitglied der Künstlervereinigung Arcadia.

Nach der Rückkehr aus Italien nahm Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem zusammen mit ihrer Mutter ihren Wohnsitz in Breslau. Bis zu ihrer Hochzeit war sie dort Ehrenstiftsdame des königlichen kaiserlichen Stifts Maria Schul. Dort lernte sie auf einem Empfang den Rittmeister Joseph Fritz von Adlersfeld kennen, den sie 1884 heiratete und mit dem sie in die Garnisonsstadt Militsch zog. Im Jahr 1885 wurde die gemeinsame Tochter Dagmar geboren. Es folgten, bedingt durch Versetzungen des Ehemanns, die fast immer eine Beförderung nach sich zogen, noch mehrere Umzüge, so 1889 nach Karlsruhe und 1894 nach Durlach.

Im Sommer 1897 ließ sich Joseph von Adlersfeld als Oberstleutnant in den Ruhestand versetzen. Das Paar zog nach Baden-Baden und ließ sich nach längeren Reisen in den Jahren 1899 bis 1903 in Vevey in der Schweiz nieder. Im Jahr 1907 starb Joseph von Adlersfeld und Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem zog ein Jahr später nach Karlsruhe. Nach dem Ersten Weltkrieg siedelte sie nach München über, wo sie am 21. April 1941 starb.

Die Autorin Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem

Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem war eine der wenigen deutschen Autorinnen des 19. Jahrhunderts, die ihre Werke nicht unter einem Pseudonym schrieben. Ihr erstes Werk Die Nichten des Kardinals veröffentlichte sie bereits mit 17 Jahren 1871 unter ihrem Geburtsnamen Eufemia Gräfin Ballestrem.[2] Es folgten Gedichte, Novellen, Humoresken und über 40 Romane. Sie veröffentlichte zudem Kleinformen in Zeitschriften wie der Leipziger Illustrirten Zeitung; Romanvorabdrucke erschienen in der Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens und Novellen zeitweise exklusiv in der Familienzeitschrift Reclams Universum.

Einer ihrer größtes Erfolge im Bereich der Kleinformen wurde die Humoreskensammlung Komtesse Käthe, die 1894 erschien und bereits 1903 seine 30. Auflage erlebte; die Fortsetzung Komtesse Käthe in der Ehe aus dem Jahr 1899 wurde 1907 in der 40. Auflage herausgebracht. Im Jahr 1897 brachte Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem Komtesse Käthe auch als Schwank auf die Bühne.

In den 1910er-Jahren legte sich Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem auf die Belletristik fest, sodass bis zu ihrem Tod mindestens ein Roman pro Jahr erschien.[3] Ihre Liebes-, Kriminal- und humoristischen Romane bezogen dabei ihre Spannung oft aus geschickt eingesetzten phantastischen Motiven. Während fast alle Romane der Autorin Motive des Kriminalromans aufweisen, schrieb sie mit den „Windmüller-Romanen“ auch eine Reihe an Krimis, die sich um die Figur des Detektivs Dr. Franz Xaver Windmüller drehen.

Ihre größten Erfolge wurden die Romane Die Falkner vom Falkenhof (über 40 Auflagen), Trix (rund 70 Auflagen) und einer der Bestseller seiner Zeit Die weißen Rosen von Ravensberg aus dem Jahr 1896, von dem über 120 Auflagen erschienen.[4] Die weißen Rosen von Ravensberg wurden sowohl 1919 unter der Regie von Nils Chrisander als auch 1929 von Rudolf Meinert verfilmt.

Von der Kritik wurden ihre Romane, die zum Teil Spukelemente in der Tradition Franz Grillparzers beinhalteten, als antiquiert verrissen. In der „Schund-und-Kitsch-Debatte“ im Österreich der 1920er-Jahre galten die Romane Eufemia von Adlersfeld-Ballestrems neben denen Eugenie Marlitts und Hedwig Courths-Mahlers als typische Werke, die „mit Schund und Kitsch … das Gehirn verkleister[n]“.[5] In den Zeiten des Wirtschaftswunders bis in die 1980er erlebten zahlreiche Romane Eufemia von Adlersfeld-Ballestrems eine Neuauflage – allerdings unter geänderten Titeln, stark gekürzt und redaktionell bearbeitet.

Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem war seit 1881 Herausgeberin eines Jahrbuchs deutscher Kunst und Dichtung. Als Ehrenstiftsdame gab sie 1882 die Festschrift Im Zeichen des Roten Kreuzes heraus, das Autografen deutscher Fürsten und Fürstinnen enthielt. Sie verfasste zudem Biografien unter anderem zu Maria Stuart, Kaiserin Augusta und Königin Elisabeth Christine von Preußen und widmete sich historischen Recherchen zum Beispiel zu Ahnentafeln zur Geschichte europäischer Dynastien, die bei Historikern ihrer Zeit auf Hochachtung stieß: Es sei „eine Arbeit, an die sich kaum ein Mann heranwagen möchte [und die] wohl niemals überboten werden [wird].“[6]

Auch als Übersetzerin trat sie in Erscheinung und veröffentlichte zum Beispiel Édouard Simons L'Empereur Frederic 1888 unter dem Titel Kaiser Friedrich III. auf Deutsch.

Ein Teil ihres Briefnachlasses befindet sich heute im Besitz der Bayerischen Staatsbibliothek.

Auszeichnungen

  • Goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft für ihre Biografie Maria Stuart, Königin von Schottland aus den Händen von König Karl von Württemberg
  • Mitglied der römischen Künstlervereinigung Arcadia
  • Ehrenmitglied der Pariser Société Archéologique de France
  • Mitglied der römischen Accademia letteraria dell'Arcadia

Werke

Novellen und Erzählungen

  • Blätter im Winde. Novellen (Inhalt: Die Brillanten der Prinzessin, Eine namenlose Geschichte, Der Page des Kardinals, Eine Überraschung, Orchidea; 1876)
  • Gesammelte Novellen (Inhalt: Jadviga, Es fiel ein Reif in der Frühlingsnacht, Die wilde Margaret, Ein Opfer, Sal Viola; 1878)
  • Verschlungene Pfade (Novellen; 1876)
  • Aus tiefem Borne (1883)
  • Die Augen der Assunta und andere Novellen (1886)
  • Die blonden Frauen von Ulmenried (1889)
  • Sol und andere Novellen (1889)
  • Datura sanguinea und andere Novellen (1889)
  • Um eine Königskrone und andere Novellen (1890)
  • Lanzen gefällt, zur Attacke (Heitere Geschichten; 1891)
  • Komtesse Käthe (Humoresken; 1894)
  • Pommery und Greno und andere Kuckucksnester-Geschichten; 1897)
  • Komtesse Käthe in der Ehe (Humoresken; 1899)
  • Windbeutel und andere heitere Geschichten (1900)
  • Pension Malepartus, eine ganz verrückte Geschichte (1901), 2. Teil: Major Fuchs auf Reisen (1905)
  • Halali. Der Fall Stackelberg (2 Kriminal-Novellen; 1902)
  • Die blonde Ida und andere Humoresken (1903)
  • Tiere und Menschen (heitere Geschichten; 1904)
  • Zigeunerblut und andere Novellen (1905)
  • Tannhäuser und andere Novellen (1905)
  • Ca’Spada (Eine Tragödie aus dem alten und ein Mysterium aus dem modernen Venedig; 1904)
  • Die Fürstäbtissin. Der Spiegel der Lukrezia Borgia (2 Erzählungen; 1906)
  • Djavahir. Luzifers Träne (2 Novellen; 1906)

Romane

Windmüller-Romane

  • Diplomaten (Ein Roman in 45 Stunden; 1907)
  • Weiße Tauben (1912)
  • Das wogende Licht (1914)
  • Wenn der Teufel kutschiert (1916)
  • Die Fliege im Bernstein (1919)
  • Die Erbin von Lohberg (1920)
  • Die Wahrheit über Donna Centa (1921)
  • Mit veilchenblauer Seide (1929)
  • Povera Farfalla (1931)
  • Das Zünglein an der Waage (1936)

Kriminalliebesromane

  • Lady Melusine (1878)
  • Das Erbe der zweiten Frau (1878)
  • Heideröslein (1880)
  • Violet (1883)
  • Die Falkner vom Falkenhof (1890)
  • Die weißen Rosen von Ravensberg (1896)
  • Trix (1903)
  • Der Maskenball in der Ca’Torcelli (1926)
  • Schloß Monrepos (1911)
  • Der grüne Pompadour (1913)
  • Die Rechnung ohne den Wirt (1919)
  • Die Herzogin von Santa Rosa (1924)
  • Chrysantis Oleander (1924)
  • Skarabaeus (1926)
  • Der Dritte (1928)
  • Gefüllte Datteln (1930)
  • Die Spinne, das Netz und Anneliese Holderbusch (1932)
  • Warum keine Glyzinen? (1935)

Schauerromane

  • Maria Schnee (Der Roman eines Rätsels; 1907)
  • Die Dame in Gelb (Eine sonderbare Geschichte; 1908)
  • Palazzo Iràn (1909)
  • Ave (1917)
  • Der Amönenhof (1918)

Gedichte

  • Tropfen im Ozean (1878)
  • Raoul der Page (episches Gedicht; 1881)

Dramen

  • Jadwiga (Dramatisierte Novelle; 1880)
  • Ein Meteor (Drama in 5 Akten; 1880)
  • Komtesse Käthe (Schwank in drei Akten, 1897)

Biografien und Anthologien

  • Charitas (Almanach, 1880)
  • Memoiren des Freiherrn Dubislav Gneomar von Natzmer (1881)
  • Im Glanze der Krone (Biografisches Stück regierender Fürstinnen; 1882)
  • Im Zeichen des Roten Kreuzes (Selbstschriften-Album; 1882)
  • Was die Blumen sagen (Anthologie; 1882)
  • Altbiblische Bilder (1882)
  • Skaldenklänge (Anthologie, mit Hermann Lingg; 1883)
  • Maria Stuart, Königin von Schottland (Blätter zu ihrem Andenken und zu ihrer Ehre; 1889)
  • Erinnerungen aus den Tuilerien von Mad. A. Carette, frei übertragen (1890)
  • Aus der Rumpelkammer der Weltgeschichte (Skizzen und Studien; 1896)
  • Ahnentafeln zur Geschichte europäischer Dynastien (1901)
  • Kaiserin Augusta (Lebensbild; 1902)
  • Elisabeth Christine, Königin von Preußen (Biografie; 1908)

Literatur

  • Heinrich Groß: Deutschlands Dichterinnen und Schriftstellerinnen. Eine literaturhistorische Skizze. Gerold, Wien 1882, S. 139.
  • Rudolf Eckart: Die moderne Literatur. Eufemia Gräfin Ballestrem di Castellengo. In: Rudolf Eckart: Der deutsche Adel in der Litteratur. Biographisch-kritische Essays. Berlin 1895, S. 17–19.
  • Arthur Kleinschmidt: Eufemia von Adlersfeld, geb. Gräfin Ballestrem. Eine Lebensskizze. In: Universum. Illustrierte Familien-Zeitschrift. Jahrgang 14, Nr. 1, 1898, Sp. 389–392.
  • Franz Brümmer: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Band 1. Lexikon Reclam, Leipzig 1913, S. 33f.
  • Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft – Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild. Band 1. Deutscher Wirtschaftsverlag, Berlin 1930, S. 9. (Mikrofiche-Ausg.: München: Saur ISBN 3-598-30664-4)
  • Urszula Bonter: Der Populärroman in der Nachfolge von E. Marlitt: Wilhelmine Heimburg, Valeska Gräfin Bethusy-Huc, Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem. Königshausen & Neumann, Würzburg 2005, S. 115–173.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Brümmer, S. 3.
  2. Bonter, S. 116
  3. Bonter, S. 116.
  4. Vgl. Jörg Jungmayr. In: Hans-Gert Roloff (Hrsg.): Die deutsche Literatur. Biographisches und bibliographisches Lexikon. Reihe VI: Die deutsche Literatur von 1890 bis 1990. Stuttgart 1997, S. 296ff.
  5. In: Bildungsarbeit, 16, 1929.
  6. Kleinschmidt, S. 391.

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