Piemont

Piemont
Piemont
Wappen der Region Piemont Flagge der Region Piemont
Basisdaten
Hauptstadt: Turin
Provinzen: 8
Fläche: 25.399,83 km²
Einwohner: 4.457.335 (31. Dez. 2010)[1]
Bevölkerungsdichte: 175 Einwohner/km²
Website: www.regione.piemonte.it
ISO 3166-2: IT-21
Präsident: Roberto Cota (Lega Nord)
Karte
Karte Italiens, Piemont hervorgehoben

Das Piemont (italienisch Piemonte ‚am Fuß der Berge‘) ist nach Sizilien die flächenmäßig größte Region in Italien.

Inhaltsverzeichnis

Geografie

Das Arnas-Tal bei Usseglio

Das Piemont umfasst eine Fläche von 25.399 Quadratkilometern und hat 4.457.335 Einwohner (Stand 31. Dezember 2010). Das Aostatal im Nordwesten der Region zählt historisch und naturgeografisch zum Piemont, bildet aber als autonome Region mit Sonderstatut eine eigene Verwaltungseinheit. Im Aostatal leben 128.230 Menschen auf einer Fläche von 3.263 Quadratkilometern.

Im Norden grenzt das Piemont an die Schweiz (Kantone Wallis und Tessin), im Westen an Frankreich (Rhône-Alpes/ Provence-Alpes-Côte d’Azur), italienische Binnengrenzen finden sich im Süden an die Region Ligurien, im Südosten an die Region Emilia-Romagna, im Osten an die Region Lombardei und im Nordwesten an die Region Aostatal.

Naturgeografisch gliedert sich die Region in drei Teile: Die Alpenregion zieht sich am Rande der Alpen entlang der Süd-, West- und Nordgrenze des Piemont. Hier liegen die okzitanischen Täler (Stura, Maira, Varaita, Po, Pellice, Chisone) , das Valle di Susa, die drei Valli di Lanzo, das Valle dell'Orco, das Aostatal, das Valsesia und die Gegend rund um das Westufer des Lago Maggiore. Der höchste Berg des Piemonts ist der Monte Rosa mit 4618m, gefolgt von Gran Paradiso mit 4.061 Metern und Monviso mit 3.841 Metern.
In der Po-Ebene befinden sich die großen Städte des Piemont; hier leben auch die meisten Menschen.
Das Hügelland im Südosten der Region (Monferrato, Langhe, Roero) wird in erster Linie landwirtschaftlich und touristisch genutzt; hier wächst der berühmte Wein (Barolo, Barbera, Barbaresco) des Piemont. Das Hügelland befindet sich in einer Höhe zwischen 150 m und 750 m.

Hauptstadt und zugleich größte und bedeutendste Stadt des Piemont ist Turin. Novara, Alessandria, Asti und Cuneo sind weitere Zentren.

Sprache

Haupt- und Verwaltungssprache ist Italienisch. Weiterhin wird von vielen Einwohnern das Piemontesisch gesprochen und in den abgelegeneren Winkeln der Westalpentäler pflegt man noch Okzitan und Franko-Provenzalisch.

Im angrenzenden autonomen Aostatal wird auch Französisch gesprochen, das dort auch als zweite Amtssprache gebraucht wird.

Im oberen Tal der Sesia wird noch der Dialekt der Walser gesprochen.

Geschichte

Spätantike

Die eigenständige Geschichte des Piemont beginnt mit dem Rückzug der Römer beim Zerfall des römischen Reiches. Während der Völkerwanderung wurde die fruchtbare Gegend mehrfach von marodierenden Völkern durchzogen.

Mittelalter

Im 10. Jahrhundert wurde die Region von Arabern aus Fraxinetum überfallen. Heute ist Turin ein Zentrum des Islam in Norditalien.

Im Laufe der Zeit unterwarf das Haus Savoyen die Markgrafschaften des Piemont. In wechselnden Bündnissen wurde das Piemont zum Zankapfel zwischen Frankreich und Habsburg.

Frühe Neuzeit

Im Frieden von Utrecht, der 1713 den Spanischen Erbfolgekrieg beendete, musste Spanien u. a. das Königreich Sizilien an das Haus Savoyen abtreten, woraufhin der Herzog den sizilischen Königstitel annahm. Schon 1720 tauschten die Savoyer Sizilien gegen Sardinien und nannten sich hinfort Könige von Sardinien.

Nach der Französischen Revolution

Kurz nach der napoleonischen Besetzung 1798 (nach der ebenso furiosen wie überraschenden Winterüberquerung des St.-Bernhard-Passes durch Napoleon Bonaparte) zog sich das Haus Savoyen auf seine Besitzung Sardinien zurück.

Piemontesische Republik (1798–1799)

Die erfolgreiche Kanonade von Valmy erlaubte Frankreich seit dem Herbst 1792 ein offensives Vorgehen seiner Armeen im Ersten Koalitionskrieg. So rückten französische Truppen in den savoyischen Landesteil des Königreichs Sardinien-Piemont ein, um ihn zu befreien und zu annektieren, nachdem ein Nationalkonvent das Volk Savoyens für souverän erklärt hatte. Ab 1794 drang Frankreich auch ins Piemont vor, wurde aber vorerst von Österreich zurückgeschlagen. Der siegreiche oberitalienische Feldzug von General Napoléon Bonaparte ab 1796 zwang den König von Sardinien-Piemont zur Abtretung Savoyens und der Grafschaft Nizza an Frankreich. Zwar schlossen die zwei Staaten 1797 noch eine Allianz, doch veranlasste die bleibende Kriegsgefahr in Italien und die unsichere Lage der Cisalpinischen und Römischen Tochterrepublik Frankreich zu einer Ausdehnung seiner Macht; es zwang Sardinien-Piemont im Vertrag von Cherasco zur Aufgabe Piemonts, das unter französische Militärverwaltung kam. Am 10. Dezember 1798 wurde in der Hauptstadt Turin die Piemontesische Republik ausgerufen, die gemäß französischem Vorbild eine Direktorialverfassung erhielt. Nach dem Beginn des Zweiten Koalitionskriegs im Frühling 1799 führte der französische Zusammenbruch in Italien zu einem schnellen Vormarsch österreichisch-russischer Truppen, die am 20. Juni 1799 Turin besetzten und die Piemontesische Republik auflösten. Der König von Sardinien kehrte zurück.

Subalpinische Republik (1800–1802)

1800 gelang es der französischen Armee, nun wieder unter dem Oberkommando Napoléons, Italien zurückzuerobern (Alpenübergang beim Grossen St. Bernhard-Pass und Sieg bei Marengo). Am 20. Juni 1800 fiel Turin, der König von Sardinien wurde ein zweites Mal für abgesetzt erklärt und die Republik erneut ausgerufen; diesmal unter dem Namen Subalpinische Republik, die unter französischer Militärverwaltung stand und deren Heer in das Frankreichs eingegliedert wurde. Von April 1801 bis September 1802 regierte den Staat nur noch eine provisorische Regierung, und am 11. September 1802 annektierte Frankreich seine Tochterrepublik im Rahmen der Neuordnung Italiens (Wiederherstellung des Königreichs Neapel und des Kirchenstaats, Verwandlung des Herzogtums Toskana ins Königreich Etrurien und der Cisalpinischen in die Italienische Republik). Piemont sowie Savoyen und Nizza wurden erst 1814/1815 nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft aus Frankreich herausgelöst und mit dem restaurierten Königreich Sardinien-Piemont wiedervereinigt.

Vom Wiener Kongress bis zur Gründung des Königreichs Italien

1815 stellte der Wiener Kongress die volle Herrschaft des Hauses Savoyen über das Piemont, Savoyen und Nizza wieder her und schloss das Gebiet der ehemals unabhängigen Republik Genua (Ligurien) an. Das Königreich Sardinien war zunächst eng mit der Habsburgermonarchie unter Fürst Metternich verbündet. Piemont-Sardinien, welches im Gegensatz zu anderen italienischen Staaten von einer angestammten Dynastie regiert wurde, wurde aber bald als Führungsmacht im Kampf für nationale Einheit und Unabhängigkeit angesehen und stellte sich an die Spitze der Einigungsbewegung. Ab 1847 begannen zunehmend Aufstände gegen die Österreicher, die 1859 in der Schlacht von Solferino gipfelten: die vereinten Piemonteser und Franzosen schlugen die österreichischen Truppen vernichtend.

1861 wurde der Savoyer Viktor Emanuel II. zum König von Italien erhoben und das zentralistisch organisierte Verwaltungssystem des Königreichs Sardinien auf ganz Italien ausgedehnt. Das Piemont verschwand als Verwaltungseinheit, denn ganz Italien wurde nach napoleonischem Muster in 60 Provinzen eingeteilt, in denen Präfekte im Auftrag der Zentralregierung die Herrschaft ausübten. Bis heute ist der italienische Nationalstaat in seinen Institutionen zutiefst piemontesisch geprägt. Da sich das zentralistische piemontesische System nicht für alle Landesteile Italiens eignete, entstanden zu dieser Zeit auch zahlreiche Probleme im wirtschaftlich rückständigen Süden Italiens.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Mit der Ausrufung der italienischen Republik im Jahre 1946 wurde das Haus Savoyen abgesetzt. Die italienische Verfassung von 1948 führte in Italien erstmals eine umfassende Dezentralisierung ein, die jedoch in den Jahren danach nur zögerlich umgesetzt wurde. 1948 wurde das Aostatal autonom und schied aus dem Piemont aus. Erst in den 70er Jahren wurde die neue Region Piemont geschaffen. Die 60er und 70er Jahre waren durch vielfältige politische und soziale Spannungen gekennzeichnet. 1969 kam es in Turin zu blutigen Arbeiteraufständen, in deren Folge die Terror-Gruppe Rote Brigaden (Brigate Rosse) entstand. Die wirtschaftliche Entwicklung verlief besonders in den 80er Jahren recht gut. Das Jahrzehnt danach war gekennzeichnet durch z. T. schmerzhafte wirtschaftliche Restrukturierungen und Neuorientierungen, die das von der Industrie geprägte Piemont mehr und mehr zu einem Wirtschaftsstandort für Dienstleistungsunternehmen machte. Auch der Tourismus hat in den letzten Jahren eine immer wichtigere Rolle eingenommen.

Aus einer angestrebten weiteren Dezentralisierung Italiens könnte die Region Piemont in den nächsten Jahren politisch gestärkt hervorgehen. Im Gegensatz zur Lombardei und zu Venetien hat die zeitweise separatistische Lega Nord im Piemont nie eine besonders große Rolle gespielt. Das heutige Italien ist ein piemontesischer Abkömmling und dessen ist man sich im Piemont größtenteils bewusst.

Politik

Aus der Regionalwahl am 28./29. März 2010 ging der Präsidentschaftskandidat des Mitte-Rechts-Bündnisses Roberto Cota als Sieger hervor und löste die bisherige Präsidentin Mercedes Bresso (Partito Democratico) ab.

Das Regionalparlament Consiglio Regionale del Piemonte hat 60 Sitze.

Verwaltungsgliederung

Provinzen der Region Piemont

Zur Region Piemont gehören die folgenden acht Provinzen:

Provinz Fläche (km²) Einwohnerzahl
(31. Dezember 2010)
Bevölkerungs-
dichte (Einw./km²)
Provinz Alessandria 3560 440.613 124
Provinz Asti 1504 221.687 147
Provinz Biella 913 185.768 203
Provinz Cuneo 6903 592.303 86
Provinz Novara 1339 371.802 278
Provinz Turin 6821 2.302.353 338
Provinz Verbano-Cusio-Ossola 2255 163.247 72
Provinz Vercelli 2088 179.562 86

Wirtschaft

Das Piemont zählt zu den reichsten Gegenden Italiens. Im Jahr 2006 lag das regionale Bruttoinlandsprodukt je Einwohner, ausgedrückt in Kaufkraftstandards, bei 114,0 % des Durchschnitts der EU-27.[2] Die Arbeitslosenquote liegt mit etwa 3% deutlich unter dem italienischen Durchschnitt (11%). Einige der wichtigsten italienischen Unternehmen haben hier ihren Sitz, darunter die Automobilhersteller Fiat und Lancia (beide in Turin), daneben der Nahrungsmittelhersteller Ferrero in Alba und das Elektronikunternehmen Olivetti in Ivrea. Neben moderner Industrie in und um Turin, der Wollverarbeitung in Biella und den Dienstleistungsunternehmen hat auch die Landwirtschaft eine große Bedeutung: in der Po-Ebene wird neben Reis (ein Drittel der europäischen Reisproduktion stammt von hier, Piemont ist das größte europäische Reisanbaugebiet), Obst und Gemüse angebaut, die Hügelgebiete liefern Wein (siehe hierzu auch den Artikel Weinbau in Italien) und Haselnüsse, im Aostatal gedeiht die Rinderzucht.

Tourismus

Im Vergleich zu anderen Gegenden Italiens ist das Piemont touristisch noch nicht sehr erschlossen. Schwerpunkte des Tourismus liegen im Norden am Lago Maggiore und in den Langhe, wo gastronomisch Begeisterte Wein (insb. Barolo und Barbaresco) und Trüffel genießen. Die Hauptsaison beginnt mit der Trüffelernte im Oktober.

Wandern

Der gesamte Alpenbogen des Piemont kann auf dem 55-tägigen Weitwanderweg Grande Traversata delle Alpi (GTA) und der Via Alpina begangen werden. Daneben existieren in der Region viele Rundwege um bekannte Gipfel, wie der Giro di Viso und der Giro del Marguareis, und Wanderwege, die bestimmte Talregionen erschließen wie die Percorsi Occitani im Mairatal und die Alta Via im Susatal.

Wintersport

Die bedeutendsten Wintersportorte des Piemonts sind Limone Piemonte, Sestriere und Bardonecchia.

Kultur

Palazzo Madama an der Piazza Castello in Turin

Das Piemont ist reich an Kunst- und Kulturschätzen. Zu den berühmtesten Bauten zählen die barocken Repräsentationsgebäude von Turin (Palazzo Reale, Palazzo Madama, die Kirche San Lorenzo). In Stupinigi befindet sich das Lustschloss Palazzina di Caccia. In der späten Renaissance entstand der Sacro Monte (dt: heiliger Berg) von Varallo. Aus dem Mittelalter erhalten ist die Abtei von Staffarda und die Burg von Manta. Aus romanischer Zeit blieb das Kloster San Giulio auf der Insel San Giulio im Ortasee erhalten. Am Lago Maggiore zählen die Borromäischen Inseln zu den größten Attraktionen, hier vor allem die Isola Bella – ein barocker Inselpalast mit mehrstöckigen Gartenanlagen, der die Reisenden von jeher in Erstaunen versetzt.

Berühmte Piemonteser sind etwa Prinz Eugen von Savoyen, der Mathematiker Joseph Louis Lagrange, die Familie Agnelli (Fiat) und die Autoren Umberto Eco aus Alessandria und Primo Levi aus Turin, sowie Paolo Conte aus Asti.

Siehe auch

Literatur

  • Sabine Bade/ Wolfram Mikuteit: Piemont Wandern. Michael-Müller-Verlag, Erlangen 2010, ISBN 978-3-89953-566-2
  • Iris Kürschner: Piemont Süd Wanderführer, 50 Touren zwischen Monviso und den Ligurischen Alpen, Bergverlag Rother München, 1. Auflage 2008, ISBN 978-3-7633-4359-1
  • Iris Kürschner: Piemont Nord Wanderführer, 44 Touren zwischen Monte Rosa und Monviso, Bergverlag Rother München, 1. Auflage 2009, ISBN 978-3-7633-4360-7

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Piemont – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Piemont – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Statistiche demografiche ISTAT. Bevölkerungsstatistiken des Istituto Nazionale di Statistica vom 31. Dezember 2010.
  2. Eurostat Pressemitteilung 23/2009: Regionales BIP je Einwohner in der EU27 (PDF, 360 KiB)

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