Der lachende Mann

Der lachende Mann
Filmdaten
Originaltitel Der lachende Mann
Produktionsland DDR
Originalsprache deutsch
Erscheinungsjahr 1966
Länge 66 Minuten
Stab
Regie Walter Heynowski,
Gerhard Scheumann
Drehbuch Walter Heynowski,
Gerhard Scheumann
Produktion DEFA-Studio für Wochenschau und Dokumentarfilme
Kamera Peter Hellmich, Horst Donth
Schnitt Traute Wischnewski
Besetzung
  • Siegfried Müller: er selbst
  • Gerhard Scheumann: Interviewer
  • Hermann Herlinghaus: Sprecher

Der lachende Mann - Bekenntnisse eines Mörders ist ein Dokumentarfilm in Schwarz-weiß der DDR-Regisseure Walter Heynowski und Gerhard Scheumann über den als „Kongo-Müller“ bekannten Söldner Siegfried Müller aus dem Jahr 1966.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Während des Interviews sitzt "Major" Siegfried Müller, bekannt und berüchtigt unter dem Namen „Kongo-Müller“, in Uniform vor einem schwarzen Hintergrund. Als Söldner war er Anfang der 1960er Jahre beteiligt an der Niederschlagung des Simba-Aufstands im Kongo. Der Film wirkt als Zeitdokument besonders makaber durch den Widerspruch zwischen der Freundlichkeit des auf den ersten Blick sympathisch wirkenden Mannes und der Brutalität und Grausamkeit seiner Taten, für die er offensichtlich keinerlei Reue empfindet.

Der Filmtitel erklärt sich durch das permanente Grinsen des Mannes, der während des ganzen Interviews kontinuierlich dem Alkohol zuspricht und gegen Ende sogar Schwierigkeiten hat, sich deutlich zu artikulieren. Müller prahlt keineswegs mit Gräueltaten, sondern betont die Friedfertigkeit seines Vorgehens, wobei die Glaubwürdigkeit dieser Aussagen nicht nur durch sein vielseitig interpretierbares Lachen zweifelhaft erscheint. Diesen Eindruck bestätigen die Filmemacher an entscheidenden Stellen, indem sie authentisches Ton- und Fotomaterial in den Film schneiden, durch welches Folter und Morde - auch von Müller selbst - bezeugt werden.

Zitate

  • Im Kongo kennt mich auch jeder. Major Müller, weiß jeder, wo er steckt. Sie brauchen nur schreiben: „Major Müller, Kongo“ - kommt immer an.
  • Das war erst mal aus dem Grunde notwendig, um den Schwarzen zu zeigen, dass Weiße da sind. Denn Weiße haben in Afrika auch heute noch einen fantastischen Ruf.
  • Angefangen zu trinken habe ich wieder im Kongo. Das ergab sich einfach daraus, dass nichts anderes da war. Ich möchte kein Moorwasser trinken, das ist normal.
  • Ich bin dagegen, dass man Blut vergießt, das habe ich im Kongo bewiesen.
  • Ich bin gegen das Abschießen von Negern. Weil ich das Gefühl habe, wir haben nicht nur eine Verantwortung für den weißen Menschen in Europa, sondern wir haben genauso eine Verantwortung für die schwarzen Menschen in Afrika.
  • Ich bin ein Verteidiger des Westens, der christlichen oder der westlichen Hemisphäre. Und damit hört alles andere auf, alle Ideologie oder sonst was.
  • Ich bin für die Befreiung aller Menschen, ob es die Preußen sind oder die Kongolesen.
  • Das Goethe-Institut hat total verstanden, um was es sich im Kongo dreht.
  • Wir haben für Europa gekämpft, für die Idee des Westens, und zwar für Liberté, Fraternité und so weiter, Sie kennen diese Sprüche. Denn Afrika ist für mich nichts anderes als die Verteidigung des Westens in Afrika.

Hintergrund

Walter Heynowski und Gerhard Scheumann bildeten als H&S das bekannteste Dokumentarfilm-Team der DDR. Mit Siegfried Müller, genannt „Kongo-Müller“, hatte man es erstmals geschafft, einen bekannten westlichen Söldner vor die Kamera zu bekommen. Heynowski und Scheumann hatten Müller jedoch im Glauben gelassen, dass es sich um ein westdeutsches Filmteam handeln würde (vgl. Heynowski/Scheumann: Der lachende Mann, S. 23), da Müller den Deutschen Fernsehfunk nicht der DDR zuzuordnen wusste. Über Müller wurde bereits im Vorfeld von der internationalen Presse berichtet, weil es in seiner Einheit im Kongo vermehrt zu disziplinarischen Verfehlungen gekommen war. Das Filmmaterial von damals wurde in Der lachende Mann in Form von Zwischensequenzen in das laufende Interview eingeblendet.

Erstaufführung in der DDR war am 9. Februar 1966 im Programm des DFF. Kinostart in der DDR war am 18. März 1966.

Nachdem der Film 1966 in DDR veröffentlich wurde, konnte man den Film erfolgreich in 37 Länder der Welt exportieren, in der Bundesrepublik war die Aufführung jedoch verboten. Der Pazifist Helmut Soeder aus Freiburg brachte nach einem Besuch der Leipziger Messe im Frühjahr 1966 eine Kopie des Films in die Bundesrepublik und konnte so den Film am 9. September 1966 in einer privaten Vorführung zeigen. Als Soeder den Film am 11. September 1966 ein zweites Mal Freunden in Emmendingen zeigen wollte, war die Kriminalpolizei anwesend und machte Soeder darauf aufmerksam, dass er nach dem Verbringungsgesetz vom 24. Mai 1961 verpflichtet sei, Filme aus sozialistischen Ländern dem Frankfurter Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft zur Überprüfung vorzulegen.[1][2]

Der Film wurde am 10. November 1965 in einem Fernsehstudio in München gedreht. Siegfried Müller bekam dafür 10.000 D-Mark Honorar.[3]

Als Fortsetzung bzw. Ergänzung zum Kinofilm erschien 1966 der 60-minütige Fernsehfilm PS zum lachenden Mann, der seine Erstausstrahlung in der DDR am 13. September 1966 im DFF 1 hatte.

Propaganda

Der Film enthält auch die Versuche der Moderation, den Film in eine bestimmte Richtung zu lenken, insbesondere den Kapitalismus, „den Westen“ und die NATO anzuprangern, was eine zur Zeit des Kalten Krieges gängige Praxis in östlichen Filmproduktionen war. So enthält der Film durchaus propagandistische Aussagen, wobei Teile dieser Aussagen genauso absurd und irritierend wirken wie die des Interviewten, was aber der eigentlichen Intention des Filmes keinen Abbruch tut.

Beispiele: Zitate:

  • „Sogenannte Goethe-Institute werden vom Bonner Auswärtigem Amt in vielen Ländern unterhalten. Den Namen Goethes missbrauchend, … getarnt, vollzieht sich in diesen Instituten der konspirative Teil der Bonner Aussenpolitik … .“
  • Tschombe bei Lübke: KZ-Baumeister und Massenschlächter verstehen einander.“
  • Generalmajor von Mellenthin, …, ist heute eine Schlüsselfigur des Westdeutschen Neokolonialismus in Afrika.“

Als Müller gefragt wird, ob er sich auch eine Mitwirkung an der Befreiung der DDR vorstellen kann, wird nicht seine Original-Antwort gezeigt und zu Gehör gebracht, sondern es wird Schnittmaterial eingefügt, das Müller nur mit angeschnittenem Gesicht ohne erkennbaren Mund oder nur dessen Oberkörper zeigt; außerdem sind Schnitte im Tonmaterial hörbar.

Text am Ende des Filmes: „Seine Bekenntnisse sind ein Dokument des Klassenkampfes, wie er heute geführt wird: in Afrika, Asien und in Deutschland.“

Auszeichnungen

  • Der Film gewann auf dem Internationalen Dokumentarfilmfest in Leipzig 1966 den Sonderpreis der Jury.
  • Peter Hellmich, Walter Heynowski und Gerhard Scheumann wurde 1966 die Joliot Curie Medaille in Gold und der Nationalpreis II. Klasse verliehen.

Kritiken

„Porträt des deutschstämmigen Siegfried Müller (gen. Kongo-Müller"), der 1964 als Major der kongolesischen Armee und Söldnerführer, der in zehn Wochen die abtrünnige Äquatorial-Provinz "erledigte", traurige Berühmtheit erlangte. Alkoholselig und freundlich lachend schildert er seinen Werdegang und enthüllt eine verbrecherische Landsknechtsmentalität. Da er glaubt, westdeutschen Journalisten Rede und Antwort zu stehen, macht er aus seiner antikommunistischen Weltsicht keinen Hehl. Seine Interviewer wiederum nutzen seine Aussagen zu wütenden und polemischen Attacken gegen Westdeutschland. Der teilweise beeindruckende Film, mit dem Heynowski & Scheumann international berühmt wurden, entlarvt die subjektive Herangehensweise seiner Macher und ihre eigentliche politische Zielsetzung; ein Paradebeispiel des "gelenkten Dokumentarismus".“

Lexikon des Internationalen Films[4]

„Kongo-Müller ist sicherlich ein merkwürdiges Phänomen. … Ein Mordgeselle mit gewinnendem Lächeln! Ein Praktiker des Genozids, der eine höfliche Konversation führen kann! Diese Gestalt birst vor Widersprüchlichkeiten, die das Interesse an ihrem Studium wecken. Kongo-Müller paßt nicht in das Klischee vom Söldner, das wir alle mehr oder weniger stark ausgeprägt mit uns herumtrugen.“

Robert Michel - Werkstatt Studio H & S[5]

Literatur

  • Christian Bunnenberg: Der „Kongo-Müller“. Eine deutsche Söldnerkarriere. Lit-Verlag, Münster 2006, ISBN 978-3-8258-9900-4 (Europa-Übersee; Bd. 19).
  • Walter Heynowski, Gerhard Scheumann: Der lachende Mann. Bekenntnisse eines Mörders. Verlag der Nation, Berlin 1966.
  • Rüdiger Steinmetz, Tilo Prase: Dokumentarfilm zwischen Beweis und Pamphlet. Heynowski & Scheumann und Gruppe Katins. Band 2 von Materialien, Analysen, Zusammenhänge. Leipziger Universitätsverlag, 2002, ISBN 3936522464

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Willi Winkler: Rezept für einen sauberen Totenkopf. Süddeutsche Zeitung, 30. Oktober 2011, abgerufen am 11. November 2011.
  2. Behörden / DDR-Film: Lachender Mann
  3. Eike Frenzel: Legionär an der Medienfront. Der Spiegel, 19. Mai 2010, abgerufen am 11. November 2011.
  4. Eintrag im Lexikon des Internationalen Films
  5. Filmkritik Schein oder Sein oder die sprechenden Köpfe

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