Siegfried Müller (Söldner)

Siegfried Müller (Söldner)

Siegfried Friedrich Heinrich Müller (* 26. Oktober 1920 in Crossen an der Oder; † 17. April 1983 in Boksburg, Südafrika), genannt Kongo-Müller, ehemaliger Oberfähnrich der Wehrmacht, war in den 1960er Jahren ein Söldner in Afrika und an der Niederschlagung des Simba-Aufstands im Kongo beteiligt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Deutschland

1931 trat Müller der Jugendorganisation des Scharnhorstbundes (Stahlhelm) bei, wechselte ab Oktober 1933 in die Hitlerjugend, wo er von 1934 bis zum Abitur 1938 als Fähnleinführer diente. Ab Sommer 1938 meldete er sich als Vorzeitig Freiwillig Dienender zum Reichsarbeitsdienst (RAD Abteilung 2/101, Bau-Bataillon 123). Im Oktober 1939 wechselte er in die Wehrmacht und diente dort bis 1945 auf den Kriegsschauplätzen in Polen, Frankreich und der Sowjetunion. Er diente zunächst bei der Artillerietruppe wo er auch seine - nach eigenen Aussagen harmlose - Feuertaufe erlebte, wechselte dann über eine infanteristische Verwendung zu den Panzerjägern.

Beförderungen: Gefreiter 1940, Obergefreiter 1943, Unteroffizier 1943, Fahnenjunker 1944, Oberfähnrich 1945. Nach eigener Aussage wurde er am 20. April 1945 zum Oberleutnant befördert. Diese Angabe ist allerdings nicht korrekt, da Müllers Wehrpass/Soldbuch bis Kriegsende nur den Dienstgrad Oberfähnrich beinhaltet. Gleiches gilt für Unterlagen aus der Kriegsgefangenschaft.

Orden und Auszeichnungen: Schutzwall-Ehrenzeichen 1940, Allgemeines Sturmabzeichen 1942, Ostmedaille 1942, Eisernes Kreuz 2. Klasse 1943, Eisernes Kreuz 1. Klasse 1945, Verwundetenabzeichen Silber 1945.

Mit einem Steckschuss in der Wirbelsäule geriet Müller 1945 in einem Feldlazarett bei Langen (Hessen) in amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er im Jahre 1947 entlassen wurde. Zwischen 1948 und 1956 diente Müller als Offizier in den so genannten Amerikanischen Dienstgruppen (Labour Service Units) auf den amerikanischen Fliegerhorsten Landstuhl und Rhein-Main Air Base. Er diente zwei Jahre lang in der sogenannten Industriepolizei (Industrial Police) als Chief Watchman (Industriepolizist, mit der direkten Überwachung von ungefähr 5 Watchmen beauftragt).

Später hat Müller im Amt Blank Ausarbeitungen unter anderem über Panzerabwehrwaffen erstellt. Auch hat Müller in der Gesellschaft für Wehrkunde in Frankfurt mitgearbeitet, die sich mit Aufgaben der Planung der neuen Streitkräfte Deutschlands beschäftigte, wie Schockwirkung im ersten Einsatz oder die Gliederung einer neuen Division. Außerdem arbeitete Müller in der Gesellschaft für freiheitliche Militärpolitik.

Afrika

Nach dem erfolglosen Versuch, der Bundeswehr beizutreten, verdingte sich Müller für eine Erdölfirma in Nordafrika, wo er vom deutschen Afrikakorps verlegte Minen räumte. 1962 ging er nach Südafrika.

Von 1964 bis 1965 diente er als Söldner, offizielle Bezeichnung Military Technical Assistance Volunteer, dem Politiker Moise Tschombé im Kongo. Zusammen mit rund 700 weißen Söldnern aus Frankreich, Südafrika, Großbritannien, Irland, Belgien und Deutschland und unter der Führung des Iren Mike Hoare („Mad Mike“) wurde der Aufstand der Simbas im Osten des Kongo 1965 niedergeschlagen. Müller war zunächst Leutnant (Operation Watch Chain), wurde schnell befördert und führte im Anschluss als Hauptmann das Kommando 52 während der Operation Tshuapa. Nach eigenen Angaben ("Der lachende Mann") habe er eine Einheit von 40 weißen Fallschirmjägern und 150 schwarzen Söldnern befehligt. In der Bevölkerung trug die Truppe den Spitznamen Les Affreux, die Schrecklichen.[1] Trotz militärischer Erfolge wurde Müller seines Kommandos enthoben, weil sich disziplinarische Vorfälle in seiner Einheit häuften. Er übernahm bis Mai 1965 die Leitung der Militärbasis in Kamina und wurde während dieser Zeit zum Major befördert.

Nach seinem Einsatz im Kongo zog sich Müller in seine Wahlheimat Südafrika zurück und betrieb dort unter anderem eine Sicherheitsfirma. Er starb 1983 an Magenkrebs.

„Der lachende Mann“

Ein Filminterview mit dem Titel Der lachende Mann und dem Untertitel „Bekenntnisse eines Mörders“ , das er 1966 den DDR-Autoren Gerhard Scheumann und Walter Heynowski gegeben hatte, löste wegen Müllers Aussagen einen Skandal aus. Die öffentliche Aufführung des Films wurde in der Bundesrepublik Deutschland wiederholt von der Polizei unterbunden, da er vom Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft aufgrund eines Verstoßes gegen das Verbringungsgesetz als Film mit propagandistischen Inhalten gegen die Politik der Bundesrepublik nicht zugelassen wurde (S. 100ff In: Bunnenberg, Münster 2006).

Rezeptionen

  • Anleihen liefert der Film Katanga. Hier basiert der Charakter Henlein auf der Person Müllers.
  • Unverkennbare Parallelen weist die Figur des Kongo-Otto in Dieter Hallervordens Komödie "Didi und die Rache der Enterbten" auf (ehemaliger Bundeswehrfeldwebel wird in Afrika zum Staatsfeind Nummer 1).
  • Weitere Anleihen finden sich auch im Film Die Wildgänse kommen. Müllers Kommandeur Mike Hoare hatte mit seinem Buch "Mercenary" die Vorlage für das Drehbuch geliefert, obwohl Konflikt und Ort nicht spezifiziert werden.

Literatur

Aufsätze
  • Jan-Frederik Bandel: Das Malheur. Kongo-Müller und die Proteste gegen „Africa Addio“. In: iz3w, 2005, Ausg. 287, S. 37-41.
  • Christian Bunnenberg: Heiße oder kalte Krieger? Bundesdeutsche Ministerien und der Einsatz (west-)deutscher Söldner während der Kongo-Krise 1964/65. In: Diskurs. Politikwissenschaftliche und geschichtsphilosophische Interventionen, 2/2009, S. 58-70.
  • Christian Bunnenberg: „Kongo-Müller“. Eine deutsche Söldnerkarriere. In: Militärgeschichte. Zeitschrift für historische Bildung. Heft 3/2006. S. 17. (Weblink siehe unten)
  • Christian Bunnenberg: „Kongo-Müller“. Eine deutsche Söldnerkarriere. In: Bernhard Chiari, Dieter H. Kollmer (Hrsg.): Wegweiser zur Geschichte Demokratische Republik Kongo. Schöning, Paderborn 2006, ISBN 3-506-75745-8, S. 36-38.
  • Roman Deckert, Cord Eberspächer, Gerhard Wiechmann: Film als Waffe im Kalten Krieg: „Der lachende Mann. Bekenntnisse eines Mörders“ und „Immer wenn der Steiner kam“. Sternstunden des Films oder demagogische Demontage? In: Lars Karl (Hrsg.): Leinwand zwischen Tauwetter und Frost. Der osteuropäische Spiel- und Dokumentarfilm im Kalten Krieg. Edition Metropol, Berlin 2007, ISBN 978-3-938690-54-3, S. 171-202.
  • Thomas Holl: Mit Eisernem Kreuz und Totenschädel. In: FAZ, 18. März 2006, S. 4.
  • Torsten Thomas, Gerhard Wiechmann: Moderne Landsknechte oder Militärspezialisten? Die „Wiedergeburt“ des Söldnerwesens im 20. Jahrhundert im Kongo, 1960-1967. In: Stig Förster, Christian Jansen, Günther Kronenbitter (Hrsg.): Rückkehr der Condottieri? Krieg und Militär zwischen staatlichem Monopol und Privatisierung; Von der Antike bis zur Gegenwart. Schöningh, Paderborn 2009, ISBN 978-3-506-76754-7, S. 265-282.
Bücher
  • Christian Bunnenberg: Der „Kongo-Müller“. Eine deutsche Söldnerkarriere (Europa-Übersee; Bd. 19). Lit-Verlag, Münster 2006, ISBN 978-3-8258-9900-4 (Rezension).
  • Otto Köhler: Kongo-Müller oder Die Freiheit, die wir verteidigen. Bärmeier & Nikel, Frankfurt/M. 1966 (mit einem Stenogramm von Alexander Mitscherlich).
  • Walter Heynowski, Gerhard Scheumann: Der lachende Mann. Bekenntnisse eines Mörders. Verlag der Nation, Berlin 1966

Filme

  • 1965 - Kommando 52. Dokumentarfilm (DDR)
  • 1966 - Der lachende Mann. Dokumentarfilm (DDR)
  • 1966 - Africa Addio. Dokumentarfilm (Italien)
  • 1967 - PS zum lachenden Mann. Dokumentarfilm (DDR)
  • 1967 - Der Fall Bernd K.. Dokumentarfilm (DDR)
  • 1976 - Immer wenn der Steiner kam. Dokumentarfilm (DDR, nicht veröffentlicht, wurde aus aussenpolitischen Gründen nur Führungskadern vorgeführt)
  • 2010 - Kongo Müller. Eine deutsch-deutsche Geschichte.[2] Dokumentarfilm ZDF Arte. Buch und Regie Siegfried Ressel.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kongo-Müller: Der Söldner mit dem Eisernen Kreuz
  2. „Kongo Müller. Eine deutsch-deutsche Geschichte.“ In: a+r Film (PDF-Datei)

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