- Domtreppenfegen
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Das Domtreppenfegen, oder auch einfach nur Treppenfegen bzw. Treppe fegen genannt, bezeichnet einen ursprünglich aus Bremen stammenden, mittlerweile aber auch in anderen Teilen Deutschlands, insbesondere Norddeutschlands üblichen Geburtstagsbrauch, einen unverheirateten Mann an seinem dreißigsten Geburtstag eine öffentliche Treppe fegen zu lassen. In der Ursprungsstadt des Brauchs, Bremen, müssen die Männer die Treppen vor dem Haupteingang des Bremer Doms fegen. In anderen Städten, in die sich der Brauch ausgebreitet hat, werden ersatzweise andere Treppen (oder z. T. auch andere öffentliche Orte) gefegt, insbesondere wenn diese über keinen (eigenen) Dom verfügen.
Aus dem Brauch des Domtreppenfegens zum 30. Geburtstag eines Manns entwickelt sich später die weibliche Variante, das sogenannte Klinkenputzen, bei dem eine ledige Frau an ihrem dreißigsten Geburtstag die Klinken der Domtüren zu putzen hat.
Inhaltsverzeichnis
Ursprung und Verbreitung
Beim erstmals um 1890 als Fegen des Bremer Domshofs erwähnten Brauch handelt sich um einen regionalen Brauch im Lebenslauf in Form einer sogenannten Hänselstrafe. Nach der Kulturanthropologin Kerstin Ehlert soll dieser Geburtstagsbrauch auf den Volksglauben zurückgehen, „dass Menschen, die sich zu Lebzeiten nicht fortgepflanzt haben, nach ihrem Tod im Jenseits überflüssige Arbeiten verrichten müssen“.[1]
Seit Ende der 1950er Jahre wird der Brauch zunehmend ausgeübt. Inzwischen wurde der ursprünglich bremische Brauch von anderen Städten übernommen und ist mittlwerweile in Norddeutschland weit verbreitet als „Treppe(n)fegen“ anzutreffen, wobei nicht zwangsläufig die Treppen eines Doms zu fegen sind. In Osnabrück (Niedersachsen) etwa fegen die ledigen 30-Jährigen die Treppen des Stadttheaters. In kleineren Ortschaften, wie etwa Meine bei Braunschweig (Niedersachsen), dient auch der Marktplatz als „Bühne“ für den althergebrachten Brauch. Durch derartige Anpassungen konnte sich der Brauch von Bremen aus inzwischen in eine Vielzahl weiterer Städte verbreiten.
Stadt Zu fegende Treppe Nachweisbar seit Braunschweig Treppen des Braunschweiger Rathauses ? Bremen Treppen des Haupteingangs des Bremer Doms 1890 Dülmen (Westfalen/ Stadt der Wildpferde) Treppe des Rathauses ? Göttingen Treppe des alten Rathauses in Göttingen 29.06.2006 Hamburg Treppen des Eingangs zum Hamburger Rathaus ? Hannover Treppe des Rathauses in Hannover ? Kröpelin Treppe des Rathauses Kröpelin ≤ 15. Juli 2008[2] Meine Meiner Marktplatz ? Münster (Westfalen) Treppen des Münsteraner Rathauses < 2001[3] Nordhorn Nordhorner Rathaustreppe ? Osnabrück Treppen des Osnabrücker Rathauses ? Vereinzelt aufgetreten in Zu fegende Treppe Am Darmstadt[3] ? < 2001[3] Erfurt[3] ? < 2001[3] Frankfurt am Main[3] Frankfurter Römer[3] < 2001[3] Ursprüngliches Domtreppenfegen in Bremen
Männer, die am Tage ihres dreißigsten Geburtstags noch unverheiratet und nicht offiziell verlobt sind, müssen so lange die Treppen vor dem Haupteingang des Bremer Doms fegen, bis eine Jungfrau des Weges kommt und den Fegenden küsst. Das Ereignis wird meist im Freundeskreis initiiert; der Termin wird (kostenfrei) mit der Domkanzlei abgestimmt (da Amtshandlungen, Konzerte und Konzertproben im Dom naturgemäß Vorrang haben) und ganz traditionell in einer launigen, oft gereimten Anzeige in Bremer Tageszeitungen vorher angekündigt. Seit einiger Zeit wird jedoch oftmals auf die Anzeige verzichtet, damit auch das Geburtstagskind nicht weiß, was auf ihn zukommt.
Das Domtreppenfegen wird dann im Freundes- und Verwandtenkreis zelebriert. Man bringt Musik und Getränke mit, wobei die Musik ganz traditionell mittels einer Drehorgel „selbst gemacht wird“. Üblich ist, dass der jeweilige Junggeselle sich mit Zylinder und teils auch mit Frack ausstaffiert, wobei in jüngerer Zeit auch andere Arten von Kostümen zunehmend verwendet werden. Gemeinsam zieht man zu Fuß zum Bremer Dom. Dort angekommen, sorgen die Freunde mit reichlich Kronkorken dafür, dass auch genug zu fegen da ist. Das Geburtstagskind muss diese dann in Sysiphosmanier immer wieder auffegen, bis er von einer Jungfrau freigeküsst wird. Umsichtige Freunde bringen daher bei Gelegenheit auch eine Jungfrau – nämlich ein kleines Mädchen – mit, das das Geburtstagskind schließlich erlöst. Da dies nicht immer möglich ist und auch nicht immer zeitnah eine „echte“ Jungfrau den Jubilar freiküssen kam, wurde diese Bedingung im Laufe der Zeit meist aufgeweicht, so dass es auch eine Frau mit Sternzeichen Jungfrau oder eine unverheiratete Frau im heiratsfähigen Alter sein darf. Wurde der Jubilar schließlich freigeküsst, werden die Domtreppen abschließend gemeinschaftlich von allen Requisiten bereinigt, und es wird im Anschluss zumeist noch in einem Lokal oder Ähnlichem eingekehrt.
Drückt sich das Geburtstagskind um den eigentlichen Termin (z. B. durch Urlaub, unaufschiebbare anderweitige Verpflichtungen etc.), wird oftmals ein Ersatztermin festgelegt.
In jüngerer Zeit wurde der Brauch auch auf unverheiratete Frauen ausgeweitet. Sie brauchen allerdings nicht die Treppen zu fegen, sondern die Türklinke des Domtors polieren, bis ein junger Mann die Polierende küsst.
Literatur
- Klaus Behrens-Talla: Das Domtreppenfegen. In: Feste und Bräuche in Bremen. Beiträge zur Kultur- und Sozialgeschichte der Hansestadt. Festschrift zum hundertsten Geburtstag des Focke-Museums. Hrsg.: Die Wittheit zu Bremen; Red.: Hans Kloft, Martina Rudloff; Hauschild Verlag, Bremen 2000, ISBN 3-89757-042-4, S. 247–249.
- Kerstin Ehlert: Dreißig – ledig – lustig? Moderne Bräuche am 30. Geburtstag. Schmerse Verlag, Göttingen 2005, ISBN 3-926-92037-8.
Einzelnachweise
- ↑ Junggesellen fegen am 30. Geburtstag: Bericht von Dieter Thierbach in der Rheinischen Post vom 6. März 2007.
- ↑ Bericht auf Kröpelin Aktuell zum dort zelebrierten Treppenfegen; Abruf. 8. April 2008.
- ↑ a b c d e f g h Zur Verbreitung des Domtreppenfegens bei Wer-Weiss-Was.de; Abruf: 8. April 2011.
Weblinks
- Kurzinformation über das Domtreppenfegen auf Bremen-Online, Rubrik „Bremen in 3 Minuten – Merkwürdigkeiten“, siehe Nr. 4.
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