Dresdner Vorortbahn

Dresdner Vorortbahn
Streckennetz der Dresdner Vorortbahn mit Haltestellen.

Die Dresdner Vorortbahn war ein Straßenbahnunternehmen im heutigen Dresdener Südosten. Das Unternehmen wurde 1899 von Oskar Ludwig Kummer gegründet und kam nach dessen Konkurs in kommunalen Besitz. Es betrieb schmalspurige Strecken von Niedersedlitz nach Leuben und Laubegast und von Niedersedlitz nach Kleinzschachwitz.

Inhaltsverzeichnis

Konzept von Kummer und Bau der ersten Strecke

Entlang der Eisenbahnstrecke von Dresden nach Böhmen entstanden ab den 1870er Jahren zahlreiche Fabriken. Unter anderem gründete Oskar Ludwig Kummer in Niedersedlitz eine große Firma für den Elektromaschinenbau (heute Sachsenwerk). Zur gleichen Zeit entstanden zwischen der Elbe und der Eisenbahnstrecke aus den Dörfern Laubegast, Leuben, Seidnitz, Mügeln, Kleinzschachwitz und Großzschachwitz größere Siedlungen. Kummer plante daher ab 1895 den Bau eines Straßenbahnnetzes, das diese Orte mit der Eisenbahn sowie weiteren Orten im Dresdner Umland verbinden sollte. Dieses Überlandstraßenbahnnetz sollte von Niedersedlitz über Kreischa bis nach Deuben und auf der anderen Elbseite von Loschwitz über Pillnitz bis Pirna verlaufen. Eine mit der Straßenbahn nutzbare Fähre zwischen Kleinzschachwitz und Hosterwitz sollte die Strecken auf beiden Elbseiten verbinden. Auch eine Verbindung von Klotzsche mit der Albertstadt gehörte zum Konzept und eine Seilbahn zum Borsberg.[1]

Ab 1898 verhandelte Kummer mit den Gemeinden und ließ einige der Strecken genehmigen, andere Vorhaben wie die Seilbahn, die Strecke nach Pirna und nach Deuben musste er jedoch aufgeben. Am 29. Dezember 1899 wurde die Strecke Niedersedlitz-Leuben-Laubegast mit einer Spurweite von 1.000 mm eröffnet, am folgenden Tag begann der planmäßige Betrieb. Die Strecke war zunächst eingleisig, 3,6 km lang mit fünf Ausweichstellen. Die Triebwagen wurden mit 500V Gleichstrom betrieben, die Versorgung geschah zunächst über das Kraftwerk in Kummers Fabrik. In Laubegast bestand Anschluss an die Strecke der Dresdner Strassenbahn-Gesellschaft. Bald wurden die Wagen wegen ihrer grün-weißen Farbgebung im Volk „Laubfrosch“ genannt. Das Depot befand sich auf dem Betriebsgelände Kummers. Die Strecke wurde mit zwei Wagen im 20-Minuten-Takt betrieben. Nun begann Kummer mit dem Bau der Strecke von Loschwitz nach Pillnitz, doch musste seine Gesellschaft im Juni 1901 Konkurs anmelden.[2]

In Gemeindebesitz

Eröffnung der Streckenverlängerung nach Kleinzschachwitz

Nach Kummers Konkurs wurde die angefangene Strecke nach Pillnitz von der Deutschen Straßenbahn-Gesellschaft auf Stadtspur umgespurt, fertiggestellt und betrieben und wurde bald Teil des Netzes der Dresdner Straßenbahngesellschaft. Das Projekt der Strecke von Niedersedlitz nach Kreischa wurde an einen Gemeindeverband verkauft und als Lockwitztalbahn realisiert. Die Strecke von Laubegast nach Niedersedlitz ging am 1. Juli 1902 an den Gemeindeverband Leuben. Die Energieversorgung erfolgte über das Kraftwerk Tolkewitz der Dresdner Straßenbahn AG. 1903 wurde eine Fahrzeughalle in der Bahnhofsstraße, heute Stephensonstraße, errichtet. Die Halle beherbergt heute einen Krankenwagenstützpunkt der Johanniter.[3]

Ab 1904 bemühte sich Kleinzschachwitz um die Umsetzung der von Kummer geplanten Strecke nach Niedersedlitz und verpflichtete dafür den Ingenieur Johannes Schwarz, der an dem Projekt bereits unter Kummer beteiligt war. So schloss sich Kleinzschachwitz dem Gemeindeverband an und parallel zum Bau der Strecke 1906 wurde der Endpunkt in Niedersedlitz auf den Bahnhofsvorplatz verlegt. Zusammen mit dem ebenfalls 1906 erfolgten Umbau des Bahnhofs der Fernbahn und dem Bau der Lockwitztalbahn entstand damit in Niedersedlitz ein Verkehrsknotenpunkt. Lockwitztalbahn und Dresdner Vorortbahn teilten sich dabei die Gleise der Wendeanlagen in Niedersedlitz. Am 17. Oktober 1906 wurde die Verbindung nach Kleinzschachwitz eröffnet. Für den Betrieb wurden drei gebrauchte Triebwagen aus Plauen erworben. Zunächst verkehrte eine Linie durchgehend von Kleinzschachwitz nach Laubegast im 15-Minuten-Takt. Da die meisten Fahrgäste aber in Niedersedlitz in die Eisenbahn umstiegen, wurden die Strecken 1918 mit zwei Linien betrieben, die jeweils in Niedersedlitz endeten.[4] Bis 1921 stieg die Zahl der Triebwagen auf insgesamt zehn an.

Eine direkte Verbindung zwischen Laubegast und Kleinzschachwitz, eine Nutzung als Güterstraßenbahn sowie eine Verlängerung der städtischen Straßenbahn von Seidnitz nach Leuben wurden von der Vorortbahn mehrfach beantragt und gefordert, jedoch immer wieder verschoben, bis der 1. Weltkrieg die Bemühungen endgültig beendete. Auch die 1913 geplante Verlängerung der Straßenbahn bis zur Kleinzschachwitzer Fähre wurde wegen Widersprüchen von Anwohnern nicht umgesetzt. Von 1916 bis 1923 transportierte die Vorortbahn auch Post nach Leuben und Laubegast. Am 1. April 1921 wurden Leuben, Laubegast und Kleinzschachwitz zu Dresden eingemeindet. Die Stadt übernahm zunächst den weiteren Betrieb der Straßenbahn. Zur Integration der Vorortbahn in das städtische Netz wurde eine Umspurung geplant, auch auf Grund des schlechten Zustands der älteren Strecke waren Baumaßnahmen notwendig. Die Strecke von Laubegast nach Niedersedlitz wurde von April bis November 1924 gebaut, wobei immer nur auf einem kurzen Stück gebaut wurde und der Verkehr auf dem Rest der Strecke aufrechterhalten. Außerdem wurde in Niedersedlitz eine Gleisschleife angelegt. Darauf folgte die Umspurung der Strecke nach Kleinzschachwitz, die dabei bis zur Fähre verlängert wurde. Der Endpunkt dort hieß nun „Zschieren“. Nach der Umspurung wurden die städtischen Linien 19 (über Laubegast) und 12 (über Seidnitz) nach Niedersedlitz geführt. Damit war auch eine direkte Verbindung von Seidnitz über Dobritz nach Leuben umgesetzt worden.[5]

Strecke Niedersedlitz – Kleinzschachwitz

Der Abschnitt Niedersedlitz – Kleinzschachwitz wurde weiterhin von einer eigenen Gesellschaft betrieben, da sie durch die noch nicht eingemeindeten Orte Zschieren und Großzschachwitz führte. Die Gesellschaft fuhr mit angemieteten Triebwagen der Dresdner Straßenbahn. 1932 wurde auf diesem Abschnitt der Bahnverkehr eingestellt und durch eine Omnibuslinie ersetzt, welche nach dem Bau einer Straßenbahn von Leuben nach Kleinzschachwitz (durch die Königsallee, heute Berthold-Haupt-Straße) 1936 ebenfalls eingestellt wurde.

Mit der Eröffnung der DVB-Buslinie 96 im Jahr 2000 wurde erst 64 Jahre später wieder eine ÖPNV-Verbindung auf dem Streckenabschnitt Kleinzschachwitz – Niedersedlitz der ehemaligen Vorortbahn eingerichtet. Heute verkehrt auf diesem Abschnitt die Buslinie 88.

Literatur

  • Mario Schatz: Meterspurige Straßenbahnen in Dresden, Verlag Kenning 2007, ISBN 3933613760

Einzelnachweise

  1. Schatz, 2007, S.33 f.
  2. Schatz, 2007, S.34-39
  3. Schatz, 2007, S.40
  4. Schatz, 2007, S.42 f.
  5. Schatz, 2007, S.45-49.

Weblinks


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