Dringender Appell

Dringender Appell

Der Dringende Appell des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes vom Juni 1932 war ein politisch folgenloser Aufruf von 33 bekannten Persönlichkeiten zur taktischen Kooperation von SPD und KPD bei der Reichtstagswahl vom Juli 1932, hatte 1933 jedoch kunsthistorische Auswirkungen, durch die er breitere Bekanntheit erlangte. Er wurde in Reaktion auf das Erstarken der NSDAP in der Zeitung des ISK Der Funke veröffentlicht, auf den Litfaßsäulen Berlins plakatiert und hatte folgenden Wortlaut:


D r i n g e n d e r    A p p e l l !
Die Vernichtung aller persönlichen und politischen Freiheit
in Deutschland steht unmittelbar bevor, wenn es nicht in letzter
Minute gelingt, unbeschadet von Prinzipiengegensätzen alle Kräfte
zusammenzufassen, die in der Ablehnung des Faschismus einig
sind. Die nächste Gelegenheit dazu ist der 31. Juli. Es gilt, diese
Gelegenheit zu nutzen und endlich einen Schritt zu tun zum
Aufbau einer einheitlichen Arbeiterfront,
die nicht nur für die parlamentarische, sondern auch für die weitere
Abwehr notwendig sein wird. Wir richten an jeden, der diese
Überzeugung mit uns teilt, den dringenden Appell, zu helfen, daß
ein Zusammengehen der SPD und KPD für diesen Wahlkampf
zustande kommt, am besten in der Form gemeinsamer Kandidaten-
listen, mindestens jedoch in der Form von Listenverbindungen. Ins-
besondere in den großen Arbeiterorganisationen, nicht nur in den
Parteien, kommt es darauf an, hierzu allen erdenklichen Einfluss
aufzubieten. Sorgen wir dafür, daß nicht Trägheit der Natur
und Feigheit des Herzens uns in die Barbarei versinken lassen!
Chi-yin Chen / Willi Eichler / Albert Einstein / Karl Emonts / Anton Erkelenz
Hellmuth Falkenfeld / Kurt Großmann[1] / E[mil]. J. Gumbel / Walter Hammer
Theodor Hartwig / Vitus Heller / Kurt Hiller / Maria Hodann / Hanns-Erich
Kaminski[2] / Erich Kästner / Karl Kollwitz / Käthe Kollwitz / Arthur Kronfeld
E. Lauti / Otto Lehmann-Rußbüldt / Heinrich Mann / Pietro Nenni / Paul
Oestreich / Franz Oppenheimer / Theodor Plivier / Freiherr von Schoenaich
August Siemsen / Minna Specht / Helene Stöcker / Ernst Toller / Graf Emil
[von] Wedel[3] / Erich Zeigner / Arnold Zweig


Am 14. Februar 1933, zwei Wochen nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler, wurde zur anstehenden Reichstagswahl mit demselben Plakat erneut dazu aufgerufen, sich gegen Hitler zu verbünden. Unterschrieben hatten diesmal 15 Personen, darunter wieder Heinrich Mann und das Ehepaar Kollwitz.[4] Am 15. Februar wurden beide deswegen auf Veranlassung von Bernhard Rust, der seit 1922 Mitglied der NSDAP war und seit dem 2. Februar 1933 als kommissarischer preußischer Kultusminister amtierte, gegen den Widerspruch von Alfred Döblin und Oskar Loerke zum Ausscheiden aus der Akademie der Künste gezwungen.

Literatur

Werner Link: Die Geschichte des Internationalen Jugendbundes (IJB) und des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK). Ein Beitrag zur Geschichte der Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik und im Dritten Reich. Hain, Meisenheim 1964 (Marburger Abhandlungen zur Politischen Wissenschaft herausgegeben von Wolfgang Abendroth Band I)

Einzelnachweise

  1. Zur Rolle Grossmanns im Deutschen Widerstand
  2. http://www.tranvia.de/buecher/bio-kaminski.htm
  3. vermutl. Regierungsrat Graf Emil von Wedel aus Großenhain, später Landrat in Groß-Hessen
  4. Dorothea Körner »Man schweigt in sich hinein« Käthe Kollwitz und die Preußische Akademie der Künste 1933-1945. Berlinische Monatsschrift () 2000:9 Heft 9 S. 157-166 - Nach Anm. 11 (S. 166) unterzeichneten damals: Willi Eichler, Karl Emonts, Hellmuth Falkenfeld, Kurt Großmann, E.J. Gumbel, Theodor Hartwig, Maria Hodann, Käthe Kollwitz, Karl Kollwitz, Robert Kuczynski, Otto Lehmann-Rußbüldt, Heinrich Mann, Paul Oestreich, August Siemsen, Minna Specht und Erich Zeigner

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