144 Notruf Niederösterreich

144 Notruf Niederösterreich
144 Notruf Niederösterreich
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Rechtsform gemeinnützige GmbH
Gründung 5. März 2003
Sitz Sankt Pölten
Leitung Christof Constantin Chwojka, Thomas Pöchacker
Mitarbeiter 127
Website 144.at

144 Notruf Niederösterreich oder kurz Notruf Niederösterreich ist die dienststellenübergreifende Leitstelle der Rettungsdienste in Niederösterreich. Diesen Namen führt die ehemalige LEBIG (Leitstellen-Entwicklungs-, Betriebs- und Integrations-Gesellschaft) seit Jänner 2008[1].

Inhaltsverzeichnis

Organisatorisches

Notruf Niederösterreich ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Gesellschafter sind das Land Niederösterreich (66 %), der Landesverband Niederösterreich des Roten Kreuzes (26 %), der Landesverband Niederösterreich des Arbeiter-Samariter-Bundes (5,2 %) und der Christophorus Flugrettungsverein des ÖAMTC (2,9 %). Ihre Standorte hat die Leitstelle in Baden, St. Pölten, Tulln und Zwettl, dennoch agiert sie dezitiert als eine Leitstelle an mehreren Standorten. Für Österreich ist dies eine recht außergewöhnliche Form der Disposition von Rettungsdiensten.

Aufgaben

Die Aufgaben von Notruf Niederösterreich sind die charakteristischen einer Leitstelle für den Rettungsdienst, also im Wesentlichen Entgegennahme von Notrufen und anderen eingehenden Anrufen sowie die Disposition von Rettungsmitteln, Krankentransporten und weiteren medizinischen und sozialen Kräften. Des Weiteren vermittelt 144 Notruf Niederösterreich im Gesundheits- und Sozialdienst, im Ärztedienst und steht für Information der Bevölkerung im Katastrophenfall offen.

Die Leitstelle arbeitet eng mit dem niederösterreichischen Bergrettungsdienst (betreibt seit Gründung die Leitstelle der niederösterreichischen und Wiener Bergrettung) und der niederösterreichischen Ärztekammer (Technik und Arbeitsplätze für die Kurznummer 141) zusammen.

Mit Stand Dezember 2009 wurden 204 Dienststellen mit insgesamt 815 Einsatzfahrzeugen, davon 40 Notarztmittel betreut. Insgesamt wurden 2009 mehr als 1,8 Millionen Telefonate abgewickelt, davon mehr als 300.000 Notrufe über 144 und 140. Während nachts mindestens 6 Personen Dienst versehen, sind es werktags bis zu 40 Mitarbeiter welche zu Stoßzeiten an die 3800 Fälle pro Tag bearbeiten, wovon etwa 18 % Rettungseinsätze betreffen, den überwiegenden Teil aber Krankentransporte bilden. Im Katastrophenfall kann die Leitstelle mit bis zu 60 Mitarbeitern besetzt werden.[2]

Nach der Installation des Systems wurden auch Leitstellensysteme in Dubai sowie anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Hamburg und Stuttgart unter Mithilfe von 144 Notruf Niederösterreich aufgebaut. Mit Moskau laufen ebenfalls Verhandlungen zur Übernahme des Systems.[3]

Alarmierung und Kommunikation

Nach Betätigen des Notrufs erstellt der Dispatcher gemäß dem Advanced Medical Priority Dispatch System Protokoll (kurz AMPDS) mit dem Notrufmelder eine Lagebeurteilung, auf Grund deren die Alarmierung der notwendigen Rettungsmittel und anderen Notdienste wie Polizei oder Feuerwehr eingeleitet wird. Der Anrufer wird währenddessen weiter telefonisch betreut. Bekommt der Dispatcher über ein Mobiltelefon keine Antwort mehr, so kann unmittelbar mit einer Handyortung begonnen werden, um so den Standort des Notrufmelders zu bestimmen. Spitäler und Krankenanstalten werden über eintreffende Patienten avisiert.

Die Leitstelle arbeitet auf drei verschiedenen Kommunikationsebenen:

  • Wie die Rettungsdienste selbst und andere Blaulichtorganisationen ist auch die Leitstelle am österreichweiten TETRA-Funknetz beteiligt. Der Funkbetrieb wird dabei auf mehrere Gruppen aufgeteilt.[4]
  • Die Leitstelle setzt weiters selbst ein flächendeckendes Pager-Netz ein. Dieses arbeitet redundant mit einem POCSAG-Protokoll sowohl über TETRA als auch über Satellit.
  • Als dritten Kommunikationsweg verwenden sämtliche Fahrzeuge auch GSM-Handys in einem VPN-Netz.

Geschichte

Im Oktober 2001 erachtet es das Land Niederösterreich in einer Analyse für das Rote Kreuz und den Arbeiter-Samariter-Bund für nötig, den Leitstellenbetrieb, der bis dahin dezentral von den einzelnen Dienststellen oder einer Gruppe mehrerer Dienststellen selbst versehen worden ist, komplett zu reformieren und zu zentralisieren. Hauptargument dabei ist, dass benachbarte Dienststellen effektiver arbeiten könnten, wenn sie gegenseitig über ihre jeweils aktuelle Auftragslage und Auslastung Bescheid wüssten.

Im Jänner 2003 einigte man sich beim Roten Kreuz auf zukünftig neun Leitstellenstandorte, im März des Jahres wurden die Geschäftsführer bestellt, im November stiegen der Samariterbund und der Flugrettungsverein des ÖAMTC bei der LEBIG ein. Anfang 2007 übernahm das Land Niederösterreich die Mehrheitseigentümerschaft an der LEBIG. Mitte 2007[5] schloss sich auch die Johanniter-Unfall-Hilfe Dienststelle Orth/Donau an die LEBIG an. Nach Mitteilung von 144 Notruf NÖ wurden die bisherigen Betriebsstätten Mistelbach und Tulln Ende Juli 2009 am Standort Tulln zusammengeführt. Als Gründe wird die verbesserte Wirtschaftlichkeit, sowie die nunmehrige technische Machbarkeit durch den Digitalfunk genannt. Ende März 2010 geschah dies ebenfalls mit den beiden Standorten Wiener Neustadt und Baden am Standort Baden.

Seit Herbst 2008 wurde an der Umstellung vom bisherigen analogen Funk auf den neuen Digitalfunk gearbeitet und die beteiligten Rettungsstellen wurden schrittweise umgestellt. Im Zuge dessen wurden auch per 1. Jänner 2009 allen Fahrzeugen neue Funknummern zugeteilt, siehe dazu auch Funksystem der BOS in Österreich.

Seit 1. Juli 2010 wird von 144 Notruf Niederösterreich auch die Notrufnummer 141 unter der neuen Bezeichnung „NÖ Ärztedienst“ (zuvor „Ärztenotdienst“ der Ärztekammer) mitbetreut, um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden. Auslöser für die Übernahme waren Diskussionen nach einem Diagnosefehler bei der Notrufannahme von 141, der zum Tod eines Patienten führte.[6]

Im November 2010 zeichnete das Landesstudio Niederösterreich des ORF ein Österreich Bild am Sonntag über den Betrieb der Leitstelle auf, das bundesweit ausgestrahlt wurde.

Kritik

Vor allem in der Anfangszeit kam 144 Notruf Niederösterreich nicht aus den Schlagzeilen. So berichten etliche Medien über Fehldispositionen und Ungereimtheiten bei der Auftragsvergabe mit teils recht gravierenden Konsequenzen.[7] Die LEBIG selbst blieb allerdings immer auf dem Standpunkt, korrekt gehandelt zu haben. Bei Untersuchungen (Justiz und Landesdienststellen) wurden keinerlei Verfehlungen festgestellt.[8] Aus den Kreisen der Rettungsdienste kommt zum Teil harsche Kritik und der Vorwurf, die Zentralisation der Leitstellentätigkeit hätte sich im Vergleich mit der bis dahin üblichen dezentralen Abwicklung über die einzelnen Rettungsdienststellen negativ auf die Qualität der Disposition ausgewirkt.[9]

Anzumerken bleibt noch, dass das oben angeführte Hauptargument für die Etablierung 144 Notruf Niederösterreichs, die gegenseitige Kenntnis der Auftragslage benachbarter Dienststellen, bis dato (mit Stand Anfang 2011) nicht gegriffen hat, da es kaum vorkommt, dass Rettungsdienststellen Patienten aus fremden Einzugsgebieten übernehmen, und wenn, dann nur in Fällen, in denen sie dies auch vor Etablierung 144 Notruf Niederösterreichs getan haben. Die Ursache liegt an der dezentralen Struktur der Dienststellen, die übergreifende Disposition verbieten, womit sich die ambivalente Situation ergibt, dass 144 Notruf Niederösterreich mit einem Argument, von dem im voraus festgestanden haben muss, dass es nicht greifen würde, etabliert wurde. Die Disposition zeitkritischer Einsätze wurde gemäß den Ergebnissen einer vom Land Niederösterreich (bevor es selbst Gesellschafter von 144 Notruf Niederösterreich wurde) in Auftrag gegebenen Studie reformiert. Das Land erachtet die durchgeführten Neuerungen als Verbesserung der Dispositionstätigkeit.[10]

Auszeichnungen

Im Jahr 2010 errang die Leitstelle das Center of Excellence als einzige deutschsprachige Leitstelle unter den weltweit 3000 Bewerbern. Vergeben wird diese Auszeichnung von der Akademie für Notfalldisposition[11] in Salt Lake City allerdings nur auf kostenpflichtigen Antrag[12].

Referenzen

  1. LEBIG bekommt einen neuen Namen auf ORF.
  2. Geschäftsbericht 2009 S. 14–15.
  3. Lebensretter LEBIG - das potente System in Gablitz Online abgerufen am 8. November 2010
  4. TETRA Gruppen
  5. Johanniter eröffnen Dienststelle Orth/Donau
  6. Notrufnummer 141 und 144 zusammengelegt auf ORF vom 29. Juni 2010 abgerufen am 30. Juni 2010
  7. www.wax.at
  8. "Tätigkeitsbericht NÖ Patientenanwalt" (Seite 20)
  9. "Die Mucha" zum Thema
  10. "Aussendung Land NÖ"
  11. Hohe Auszeichnung für "144 Notruf NÖ" auf ORF vom 3. August 2010 abgerufen am 4. August 2010
  12. National Academies of Emergency Dispatch, Salt Lake City

Weblinks

  • www.144.at Homepage von "144 Notruf Niederösterreich"

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