Funksystem der BOS in Österreich

Funksystem der BOS in Österreich

Das Funksystem der BOS in Österreich basierte bis zum Jahr 2006 größten Teils noch auf analoger Technologie. Ein digitales Bündelfunksystem zur Funkkommunikation für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) unter der Bezeichnung „Digitalfunk BOS Austria“ wird in Österreich im Moment eingeführt. Die Vorkommnisse rund um die Bestellung des zweiten Konsortiums werden gegenwärtig - als Teil der Telekom-Affäre - schrittweise aufgeklärt.

Inhaltsverzeichnis

Zeitlicher Verlauf

Adonis

Das Innenministerium der Republik Österreich schrieb im Herbst 2001 unter dem Projektnamen „Adonis“ ein BOS-Funksystem aus, das auf dem europäischen TETRA-Standard arbeiten sollte.[1] Die Fertigstellung war bis 2005 geplant. Am 12. April 2002 erhielt das Bieter-Konsortium Master-Talk den Zuschlag. Das Auftragsvolumen für die Lieferung der Systemtechnik, der Errichtung der Sendestationen (ca. 1300) und 15 Jahre Betriebsführung umfasste 1,2 Milliarden Euro. Es war das größte Einzelprojekt, das vom Innenministerium je ausgeschrieben wurde.

Master-Talk war ein Joint-Venture zwischen Siemens, den Wiener Stadtwerken, der Raiffeisen Zentralbank und dem Verbund. Ursprünglich war geplant, alle Polizei- und Gendarmeriedienststellen einzubinden. Erst nach und nach sollten andere Blaulichtorganisationen wie Feuerwehr, Rettungsdienst etc. eingebunden werden.

Um das gesamte System kostengünstiger zu machen, sollten neben den Blaulichtorganisationen auch private Nutzer an diesem Funksystem teilhaben. Der Behördenfunk sollte aber trotzdem abhörsicher sein. Das angepeilte Ziel lag bei 120.000 Teilnehmern insgesamt (bei etwa 40.000 privaten Teilnehmern).

Für Teilnehmer aus dem BOS-Bereich wurden immer wieder Kosten von 1.000 Euro pro Jahr und Funkgerät kolportiert. Exakte Zahlen wurden nie veröffentlicht. Deshalb entschloss sich die Feuerwehr, nur auf Führungsebene (also nur mit einer geringen Anzahl von Geräten) daran teilzunehmen, da die Kosten von den einzelnen Wehren sicher nicht aufgebracht werden könnten.

Mitte 2003 wurde das Projekt nach Streitigkeiten zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer gestoppt und der Vertrag von beiden Seiten gekündigt.[2] Seitens des Auftragnehmers wurde ein im Vertrag vorgesehenes Schiedsgerichtsverfahren gegen die Republik Österreich angestrengt. Die Rechtmäßigkeit eines solchen Verfahrens wurde seitens des Innenministeriums gerichtlich bestritten. Das Höchstgericht sprach sich schlussendlich für die Rechtmäßigkeit der Durchführung eines Schiedsgerichtsverfahrens aus, welches im Oktober 2006 in einem Vergleich endete. Laut Medienberichten verpflichtete sich die Republik Österreich zur Zahlung von 30 Mio. € Schadensersatz an den Auftragnehmer.

Digitalfunk BOS Austria

Im April 2004 wurden für ein Nachfolgeprojekt von der ausschreibenden Stelle (Innenministerium in Zusammenarbeit mit dem Land Tirol) fünf Bieter eingeladen. Angeboten wurden GSM-R, das das vorhandene Mobilfunknetz ausnützen würde, das wesentlich teurere TETRA-System und ein Tetra-ähnliches System von EADS. Der neue Projektname war nicht mehr Adonis, sondern „Digitalfunk BOS Austria“.

Im Juni 2004 vergab das Innenministerium den Auftrag an ein Konsortium aus Alcatel, Telekom Austria und Motorola. Die Kosten sollen nunmehr für das Innenministerium weniger als die Hälfte des Adonis-Systems betragen. Dies soll dadurch ermöglicht werden, dass das Innenministerium nicht alleine für die Finanzierung aufkommt, sondern auch die Länder durch Beistellung von Standorten und der Übernahme von Standorterrichtungs- und -wartungskosten das System mitfinanzieren.

Die Telekom Austria stieg zu Projektbeginn aus dem Konsortium aus. An der Errichtungs- und Betriebsgesellschaft (TETRON Sicherheitsnetz Errichtungs- und BetriebsgmbH) sind nunmehr Motorola zu 65 % und Alcatel zu 35 % beteiligt.

Die bundesweite Fertigstellung des Nachfolgeprojekt „Digitalfunk BOS Austria“ war ursprünglich für 2009 geplant. Dieser Termin konnte unter anderem aufgrund der fehlenden Beteiligungszusagen einzelner Bundesländer nicht gehalten werden. Mit Ende 2010 waren die Bundesländer Niederösterreich, Tirol und Wien im Vollbetrieb und es erfolgte der Netzausbau in der Steiermark. Die anderen Bundesländer haben noch keine Zusage zu einer Beteiligung gegeben. [3]

Durch die wesentliche Kostenreduktion für die Hilfsorganisationen (keine laufenden Kosten im Falle der Mitfinanzierung des Systemaufbaues durch das Land) wird die Feuerwehr möglicherweise das System zukünftig auch nutzen.

Als erste Bundesländer gingen im Jänner 2006 Tirol und Wien in Betrieb. Es folgte der Ausbau in Niederösterreich und der Steiermark.

In Tirol wurde zusätzlich ein neues Warn- und Alarmierungssystem (WAS) errichtet, welches in das bestehende TETRA-Netz eingespeist wurde. Mit Beginn des Jahres 2008 erfolgte die Fertigstellung sämtlicher Netzinfrastrukturen.[4]

In Niederösterreich wurde das System im April 2010 nach zweijährigen Probebetrieb mit ca. 10.000 Funkgeräten vor Ort in Betrieb genommen. Beteiligt sind dabei neben den Blaulichtorganisationen und der Polizei, das Bundesheer und die Straßenmeistereien.[5]

Scheitern des Projekts

Die Salzburger Landeshauptfrau Gabriele Burgstaller hat am 5. September 2011 - nach Bekanntwerden der Vorwürfe innerhalb der Telekom-Affäre - die Einführung des Systems im Bundesland Salzburg bis auf weiteres untersagt. [6] Eine Woche später gab Landeshauptmann Gerhard Dörfler auch den Ausstieg des Bundeslandes Kärnten bekannt. Somit sind nicht nur sämtliche Zeitvorgaben gescheitert, sondern ist auch die österreichweite Einführung von TETRON substantiell in Frage gestellt.

Technik

Der digitale Funkdienst wird auf dem BOS-Frequenzband (380 MHz bis 400 MHz) betrieben. Technische Basis ist der Mitte der 1990er Jahre entwickelte TETRA-Standard.

Siehe auch: Funkrufname

Quellen

  1. Hersteller Rhode & Schwarz Pressemitteilung vor der Auflösung (PDF-Datei; 294 kB)
  2. Pressemitteilung nach der Auflösung
  3. http://www.tetron.at/projekt
  4. http://www.tirol.gv.at/themen/sicherheit/katziv/projekte-funk/
  5. Funksystem in Niederösterreich vereint auf ORF vom 29. April 2010 abgerufen am 29. April 2010
  6. profil: Kostenfalle, 12. September 2011, Seite 25

Weblinks


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