- Dynkin-Diagramm
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Wurzelsysteme dienen in der Mathematik als Hilfsmittel zur Klassifikation der endlichen Spiegelungsgruppen und der endlichdimensionalen halbeinfachen komplexen Lie-Algebren.
Inhaltsverzeichnis
Definitionen
Eine Teilmenge R eines Vektorraums V über einem Körper K der Charakteristik 0 heißt Wurzelsystem, falls sie die folgenden Bedingungen erfüllt:
- R ist endlich.
- R ist ein lineares Erzeugendensystem von V.
- Zu jedem α aus R gibt es eine Linearform mit den Eigenschaften:
- Für ist .
- Die lineare Abbildung mit bildet R auf R ab.
Ein reduziertes Wurzelsystem liegt vor, falls zusätzlich gilt
- 4. Sind zwei Wurzeln α,β linear abhängig, so gilt
Man kann zeigen, dass die Linearform aus 3. für jedes eindeutig ist. Sie wird die Kowurzel zu α genannt; die Bezeichnung ist dadurch gerechtfertigt, dass die Kowurzeln ein Wurzelsystem im Dualraum V * bilden. Die Abbildung sα ist eine Spiegelung und natürlich ebenfalls eindeutig bestimmt.
Sind α und β zwei Wurzeln mit , so kann man zeigen, dass auch gilt, und man nennt α und β orthogonal zueinander. Kann man das Wurzelsystem derart als Vereinigung zweier nicht-leerer Teilmengen schreiben, dass jede Wurzel in R1 orthogonal zu jeder Wurzel in R2 ist, so heißt das Wurzelsystem reduzibel. In diesem Fall lässt sich auch V in eine direkte Summe zerlegen, so dass und Wurzelsysteme sind. Ist hingegen ein nicht-leeres Wurzelsystem nicht reduzibel, so heißt es irreduzibel.
Die Dimension des Vektorraums V heißt Rang des Wurzelsystems. Eine Teilmenge Π eines Wurzelsystems R heißt Basis, falls Π eine Basis von V ist und jedes Element von R als ganzzahlige Linearkombination von Elementen von Π mit ausschließlich positiven oder ausschließlich negativen Koeffizienten dargestellt werden kann.
Zwei Wurzelsysteme und sind genau dann zueinander isomorph, wenn es einen Vektorraumisomorphismus mit φ(R) = R' gibt.
Skalarprodukt
Man kann auf V ein Skalarprodukt definieren, bezüglich welchem die Abbildungen sα Spiegelungen sind. Im reduziblen Fall kann man dieses aus Skalarprodukten auf den Komponenten zusammensetzen. Falls jedoch R irreduzibel ist, so ist dieses Skalarprodukt sogar bis auf einen Faktor eindeutig. Man kann dieses noch so normieren, dass die kürzesten Wurzeln die Länge 1 haben.
Man kann also im Prinzip davon ausgehen, dass ein Wurzelsystem in einem Kn (meist ) mit dessen Standardskalarprodukt „lebt“. Die Ganzzahligkeit von und bedeutet dann eine erhebliche Einschränkung für die möglichen Winkel zwischen zwei Wurzeln α und β. Es ergibt sich nämlich aus
dass ganzzahlig sein muss. Dies ist wiederum nur für die Winkel 0°, 30°, 45°, 60°, 90°, 120°, 135°, 150°, 180° der Fall. Zwischen zwei verschiedenen Wurzeln einer Basis sind sogar nur die Winkel 90°, 120°, 135°, 150° möglich. All diese Winkel treten tatsächlich auf, vgl. die Beispiele vom Rang 2. Weiter ergibt sich, dass auch für das Längenverhältnis zweier Wurzeln in derselben irreduziblen Komponente nur wenige Werte möglich sind.
Weylgruppe
Die Untergruppe der Automorphismengruppe von V, die von der Menge der Reflexionen erzeugt wird, heißt Weylgruppe (nach Hermann Weyl) und wird im Allgemeinen mit W bezeichnet. Bezüglich des definierten Skalarproduktes sind alle Elemente der Weylgruppe orthogonal, die sα sind Spiegelungen.
Die Gruppe W operiert treu auf R und ist daher immer endlich. Ferner operiert W transitiv auf der Menge der Basen von R.
Im Fall zerlegen die Spiegelungsebenen der sα den Raum jeweils in Halbräume, insgesamt in mehrere offene konvexe Teilmengen, die sogenannten Weylkammern. Auch auf diesen operiert W transitiv.
Beispiele
Die leere Menge ist das einzige Wurzelsystem vom Rang 0 und ist auch das einzige Wurzelsystem, das weder reduzibel noch irreduzibel ist.
Es gibt bis auf Isomorphie nur ein reduziertes Wurzelsystem vom Rang 1. Es besteht aus zwei von 0 verschiedenen Wurzeln {α, − α} und wird mit A1 bezeichnet. Betrachtet man auch nicht-reduzierte Wurzelsysteme, so ist { − 2α, − α,α,2α} das einzige weitere Beispiel von Rang 1.
Alle reduzierten Wurzelsysteme vom Rang 2 haben, bis auf Isomorphie, eine der folgenden Formen. (α,β) ist jeweils eine Basis des Wurzelsystems.
reduzierte Wurzelsysteme vom Rang 2 Wurzelsystem A1×A1 Wurzelsystem A2 Wurzelsystem B2 Wurzelsystem G2 Im ersten Beispiel, , ist das Verhältnis der Längen von α und β beliebig, in den anderen Fällen dagegen durch die geometrischen Gegebenheiten eindeutig bestimmt.
Klassifikation
Bis auf Isomorphie ist sämtliche Information über ein reduziertes Wurzelsystem R in seiner Cartan-Matrix
enthalten. Man kann dies auch in Form eines Dynkin-Diagramms darstellen. Dazu setzt man für jedes Element einer Basis einen Punkt und verbindet die Punkte α und β durch Striche, deren Anzahl durch
bestimmt wird. Sind dies mehr als einer, so setzt man zusätzlich zwischen beide Punkte ein Relationszeichen > bzw. <, d.h. einen ‚Pfeil‘ in Richtung der kürzeren Wurzel. Die Zusammenhangskomponenten des Dynkin-Diagramms entsprechen genau den irreduziblen Komponenten des Wurzelsystems. Als Diagramm eines irreduziblen Wurzelsystems können nur auftreten:
Der Index n gibt hierbei jeweils den Rang und damit die Anzahl der Punkte im Diagramm an. Aus den Dynkin-Diagrammen kann man mehrere Identitäten ablesen. So ist z.B. A1 = B1 oder A3 = D3. Deshalb bildet B erst ab n = 2 und D erst ab n = 4 eine eigenständige Klasse. Die zu den Serien An bis Dn gehörenden Wurzelsysteme werden auch als klassische Wurzelsysteme bezeichnet, die übrigen fünf als exzeptionelle oder Ausnahme-Wurzelsysteme. Alle genannten Wurzelsysteme treten beispielsweise auch auf als Wurzelsystem halbeinfacher komplexer Lie-Algebren.
Nicht reduzierte Wurzelsysteme
Für irreduzible nicht reduzierte Wurzelsysteme gibt es nur wenige Möglichkeiten, die gedacht werden können als die Vereinigung eines Bn mit einem Cn (mit ) bzw. als ein Bn, bei dem für jede kurze Wurzel deren Doppeltes hinzu genommen wurde.
Weblinks
Literatur
- Jean-Pierre Serre: Complex Semisimple Lie Algebras, Springer, Berlin, 2001.
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