- Ebstorfer Karte
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Die Ebstorfer Weltkarte ist eine mittelalterliche Weltkarte von ca. 3,57 m Durchmesser auf 30 zusammengenähten Pergamentblättern mit Jerusalem als Mittelpunkt. Es handelt sich um die größte mappa mundi (Weltkarte) aus dem Mittelalter.
Sie ist nach ihrem Fund- und wahrscheinlichen Herstellungsort, dem Benediktinerinnenkloster Ebstorf in Ebstorf in der Lüneburger Heide, benannt. Dort wurde sie 1830 gefunden. 1943 verbrannte das Original.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Als Urheber der Karte wurde lange Gervasius von Tilbury angenommen. Neuere, insbesondere paläographische Untersuchungen kommen zu anderen Erkenntnissen. Jürgen Wilke argumentierte 2001 für eine Entstehung um 1300. Die Untersuchungen, die Hartmut Kugler im Zusammenhang seiner Neuausgabe (2006) vorgelegt hat, machen die Karte als Zeugnis der Klosterkultur um 1300 plausibel.
Das Original verbrannte während des Zweiten Weltkrieges, im Oktober 1943, bei einem Luftangriff auf Hannover. Von 1950 bis 1953 wurde dann aufgrund alter Faksimileausgaben von 1891 und 1896 eine farbige Nachbildung in vier Exemplaren geschaffen. Eine digitale Rekonstruktion ist an der Universität Erlangen erarbeitet worden und Ende 2006 in Buchform erschienen.
Inhalt
Auf der Karte wird das Rund der Erde dargestellt; sie ist so ausgerichtet, dass der Osten oben ist. Dort befindet sich auch die bildliche Darstellung des Paradieses. Im Zentrum der Karte liegt die heilige Stadt Jerusalem. Europa ist in der linken unteren Ecke dargestellt. Dort findet man Städte wie z.B. Lüneburg, Braunschweig, Meißen, Aachen, Köln, Kulmbach und Rom. Kreta, Delos, Carpatos und die neun Äolischen Inseln sind aus ungeklärten Gründen zweifach abgebildet.
Die Absicht des Autors war es nicht, eine geographisch korrekte Karte der Welt anzufertigen. Die Stadt Rom ist zum Beispiel fast genau so groß wie die Insel Sizilien. Vielmehr spiegelt die Karte das historische, mythologische und theologische Wissen dieser Zeit wider. Die Welt selbst wird mit dem Leib Christi verglichen, zu erkennen an Kopf, Händen und Füßen an den Rändern der Karte. Des Weiteren sind in der Karte das Paradies, die Arche Noah und der Turm zu Babel verzeichnet. Auf der Mythologie und antiken Sagen beruht beispielsweise die Darstellung der Amazonen.
Vermutlich sind in die Karte neben schriftlichen Quellen mehrere Vorgängerkarten eingegangen. So vertritt eine neue, jedoch umstrittene Untersuchung die Auffassung, die Konzeption des geometrischen Rasters, auf der die Struktur und Systematik der Karte basiert, könnte auf der Reichenau entstanden sein (s. u. Englisch: Ordo orbis terrae). Eine erste Bearbeitung sei dann vermutlich in Braunschweig unter Heinrich dem Löwen erfolgt und eine weitere im 13. Jahrhundert, möglicherweise 1243 unter Otto dem Kind von Lüneburg. Diese letzte Version sei die direkte Vorlage der Ebstorfkarte, wobei als Zeitpunkt für die Übertragung die Auffindung der Märtyrergräber oder die Phase der wachsenden Popularität ihrer Verehrung anzunehmen sei. Von den vermuteten Bearbeitungsstufen fehlt aber jede Spur. Jüngste Untersuchungen machen es wahrscheinlich, dass die Karte um 1300 im Kloster Ebstorf angefertigt wurde.
Literatur
- Brigitte Englisch: Ordo orbis terrae. Die Weltsicht in den Mappae mundi des frühen und hohen Mittelalters (= Vorstellungswelten des Mittelalters 3, hg. v. Hans-Werner Goetz, Wilfried Hartmann u.a.), Berlin 2002, bes. S. 464–495.
- Jürgen Wilke, Die Ebstorfer Weltkarte (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen 39). Text- und Tafelband, Bielefeld 2001, ISBN 3-89534-335-8. Rezension (Datierung um 1300)
- Die Ebstorfer Weltkarte. Kommentierte Neuausgabe in zwei Bänden. Herausgegeben von Hartmut Kugler unter Mitarbeit von Sonja Glauch und Antje Willing. Digitale Bildbearbeitung Thomas Zapf. Bd. 1: Atlas (175 S.). Bd. 2: Untersuchungen und Kommentar (370 S.). Berlin: Akademie Verlag 2007. ISBN 978-3-05-004117-9 (dazu auch die Rezension von Martina Stercken in: sehepunkte 8 (2008), Nr. 5 vom 15. Mai 2008)
- Die schöne Ebstorferin in: Bild der Wissenschaft 11/2007
Einzelnachweise
- ↑ Gerd Spies (Hrsg.): Braunschweig – Das Bild der Stadt in 900 Jahren. Geschichte und Ansichten, Band 2: Braunschweigs Stadtbild, Braunschweig 1985, S. 17
Weblinks
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