- Edith Wolff
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Edith Wolff (auch Ewo genannt; * 13. April 1904 in Berlin; † 28. Januar 1997 in Haifa) war eine deutsche Widerstandskämpferin in der Zeit des Nationalsozialismus und Anregerin und Mitgründerin der Untergrundgruppe Chug Chaluzi.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Edith Wolff wuchs als älteste von drei Schwestern in einem christlich-jüdischen Elternhaus auf. Sie studierte nach dem Abitur 1925 Philosophie. Sie war Mitglied im jüdischen Bund Blau-Weiss, konvertierte 1933 aus Protest gegen die Nationalsozialisten vom evangelischen zum jüdischen Glauben und wurde zur überzeugten Pazifistin und Zionistin. Obwohl sie nach den Nürnberger Rassengesetzen nicht mehr als „jüdischer Mischling ersten Grades“, sondern als Geltungsjude eingestuft wurde und daher besonders gefährdet war, verbreitete sie anonym politische Schriften, hatte zahlreiche Kontakte zu verfolgten Juden und leistete Fluchthilfe. Da ihre Tante ihre Mitgliedskarte aus der jüdischen Gemeinde verschwinden ließ, konnte sie relativ unbehelligt agieren.[1]
Über Recha Freier kam Wolff zur jüdischen Jugendhilfe Kinder- und Jugend-Alijah und lernte dort Jizchak Schwersenz kennen, der dort als Lehrer unterrichtete. Als in Berlin 1941 die ersten Deportationen begannen, organisierte sie Lebensmittel und Ausweise, um Juden die Flucht oder ein Untertauchen zu ermöglichen.[2][3]
Am 27. Februar 1943 gründete Wolff mit ihrem Freund Schwersenz die zionistische Jugenduntergrundgruppe Chug Chaluzi (Kreis der Pioniere). Diese einzige bekannte zionistische Untergrundgruppe in Deutschland leistete über ein Jahr lang Fluchthilfe für verfolgte Juden.[4] Von den 40 Kindern der Alijah-Schule, die durch die Chug Chaluzi versteckt wurden, konnten auf diese Weise 33 gerettet werden.[5]
Als Wolff am 19. Juli 1943 von der Gestapo verhaftet wurde, konnte sie ihre Verbindungen verbergen, wurde aber wegen „Judenbegünstigung“, der Weitergabe von Lebensmittelkarten an Juden, zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt.[3] Sie überlebte die Haft in 18 Zuchthäusern und Konzentrationslagern wie dem KZ Dachau und dem KZ Ravensbrück. 1950 ging Wolff in die Schweiz, 1954 wanderte sie gemeinsam mit Schwersenz nach Israel aus.[6] Dort arbeitete sie unter anderem in der Gedenkstätte Yad Vashem und engagierte sich später auch für die jüdisch-arabische Verständigung.[3]
Ehrungen
Edith Wolff wurde die Verdienstmedaille des Bundesverdienstkreuzes verliehen. Am 14. April 2004 wurde in der Bundesallee 79 in Berlin-Friedenau eine Gedenktafel ihr zu Ehren enthüllt.
Werk
- Gemeinsam mit Jizchak Schwersenz und Shaul Esh: Jüdische Jugend im Untergrund. Eine zionistische Gruppe in Deutschland während des Zweiten Weltkrieges. Bitaon, Tel Aviv 1969.
Literatur
- Wolfgang Benz (Hrsg.): Lexikon des deutschen Widerstandes. Fischer, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-596-15083-3.
- Irmgard Klönne: „1933 wurde das anders. Da habe ich alles Jüdische betont“. Edith Wolff, genannt Ewo – Eine Würdigung. In: Gisela Dölle u. a. (Hrsg.): Jüdin – Deutsch – deutsche Jüdin? Auswirkungen des Antisemitismus in Deutschland. Archiv der Deutschen Frauenbewegung, Kassel 1993, S. 28–33 (Ariadne – Almanach des Archivs der Deutschen Frauenbewegung 23).
- Wilfried Löhken, Werner Vathke (Hrsg.): Juden im Widerstand. Drei Gruppen zwischen Überlebenskampf und politischer Aktion. Berlin 1939–1945. Verlag Hentrich, Berlin 1993, ISBN 3-89468-068-7 (Reihe deutsche Vergangenheit – Stätten der Geschichte Berlins 87).
Einzelnachweise
- ↑ Birgit Schreiber: Versteckt. Jüdische Kinder im nationalsozialistischen Deutschland und ihr Leben danach. Interpretationen biographischer Interviews. Campus-Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-593-37746-2, S. 35.
- ↑ Gedenkstätte Deutscher Widerstand: Edith Wolff
- ↑ a b c Es war Ewo, die mich überzeugte unterzutauchen
- ↑ Wolfgang Benz, Walter H. Pehle (Hrsg.): Lexikon des deutschen Widerstandes. Fischer, Frankfurt am Main 1994, S. 189f.
- ↑ Hakenkreuz statt Judenstern. Wie Jizchak Schwersenz als „Arier“ getarnt den Holocaust überlebte (Download als rtf)
- ↑ Gudrun Maierhof: Selbstbehauptung im Chaos. Frauen in der jüdischen Selbsthilfe. 1933–1943. Campus-Verlag, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-593-37042-5, S. 348; und Henning: Mielke: Jizchak Schwersenz
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