Eduard von Boguslawski

Eduard von Boguslawski

Eduard von Boguslawski (* 30. Dezember 1905 in Köthen (Anhalt); † 1. Februar 1999 in Rauischholzhausen bei Marburg) war ein deutscher Pflanzenbauwissenschaftler. Als Direktor des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Universität Gießen hat er in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg die Entwicklung des wissenschaftlichen Landbaus in Deutschland maßgebend mitgestaltet.

Inhaltsverzeichnis

Lebensweg

Eduard von Boguslawski, Sohn eines Ingenieurs, absolvierte nach dem Abitur zunächst eine landwirtschaftliche Lehre und studierte ab 1925 Natur- und Agrarwissenschaften an der Universität Halle. Er war Mitglied der Corps Normannia Halle (1927) und Saxonia Frankfurt am Main (1949).[1]

1928 wechselte er an die Albertina (Königsberg). Er promovierte hier 1932 bei dem Pflanzenbauwissenschaftler Eilhard Alfred Mitscherlich. Nach dreijähriger Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent erhielt er 1935 eine Anstellung am Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Universität Breslau. Hier habilitierte er sich 1936 mit einer experimentellen Arbeit über die Kaliumaufnahme des Hafers und erhielt die Venia legendi für die Fachgebiete Ackerbau, Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung, im Jahr 1943 wurde er zum Professor ernannt. Im Zweiten Weltkrieg leitete er in Cherson eine der vier Forschungsanstalten, die mit der Reorganisation der landwirtschaftlichen Forschung in den besetzten Ostgebieten beauftragt waren.[2]

Im Jahr 1946 wurde Boguslawski mit der Vertretung des Pflanzenbau-Lehrstuhls in Gießen beauftragt und 1948 als Nachfolger von George Sessous als ordentlicher Professor auf den Lehrstuhl für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der zunächst als Justus-Liebig-Hochschule fortgeführten Universität Gießen berufen. Hier entfaltete er eine intensive Lehr- und Forschungstätigkeit. 1974 wurde er emeritiert. Aber auch als Emeritus hat er noch über zwei Jahrzehnte lang die Entwicklung des wissenschaftlichen Landbaus in Deutschland maßgebend mitgestaltet.

Forschungsschwerpunkte

Während seiner Amtszeit hat von Boguslawski den Ausbau und die Ausstattung des Gießener Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung beispielhaft durchgeführt. Er gelang ihm, drei Versuchsfelder einzurichten, sowie eine Gefäßstation, eine Lysimeteranlage und ein Phytotron für die experimentellen Forschungsarbeiten zu bauen. Sein besonderes wissenschaftliches Interesse galt der Ertragsforschung, d.h. den Gesetzmäßigkeiten der Ertragsbildung bei Kulturpflanzen, die in ihren Anfängen auf die mehrjährige Zusammenarbeit mit seinem Königsberger Lehrer Eilhard Alfred Mitscherlich basierte. Zu seinen weiteren Forschungsschwerpunkten gehörten Untersuchungen an neugezüchteten Zwischenfruchtpflanzen, langjährige Feldversuche über Fruchtfolgeprobleme und Methoden schonender Bodenbearbeitung. Ein besonders Anliegen war es für ihn, zuverlässige Angaben über den Nährstoffentzug der Kulturpflanzen, das optimale Nährstoffverhältnis bei der Düngung und über günstige Maßnahmen zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit zu gewinnen. Auch Probleme der Stallmist-, Grün-, Stroh- und Kompostdüngung prüfte er in langjährigen Dauerversuchen.

Boguslawski war einer der ersten Hochschullehrer in Deutschland, der Fragen des ökologischen Landbaus und der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise mit wissenschaftlichen Methoden untersuchte. Hier war er seiner Zeit weit voraus. Allein mit dieser Thematik öffnete er der großen Schar seiner Diplomanden und Doktoranden den Blick für zukünftige Fragestellungen. Mehr als 120 seiner Schüler führte er zur Promotion. Sechs davon (Paul Limberg, Gerhardt Alleweldt, Walter Schuster, Annelise Vömel, Jochen Alkämper und Jürgen Debruck) habilitierten sich unter seiner Ägide.

Seine Forschungsresultate hat Boguslawski nicht nur in wissenschaftlichen Fachjournalen und praxisnahen Zeitschriften veröffentlicht, sondern auch in umfangreichen Beiträgen in Handbüchern publiziert. Seinen lang gehegten Wunsch, ein Lehrbuch für die Studierenden zu schreiben, konnte er wegen der vielseitigen anderen Verpflichtungen erst nach seiner Emeritierung verwirklichen. In Zusammenarbeit mit mehreren Gießener Agrarwissenschaftlern erschien das Buch 1981 unter dem Titel „Ackerbau. Grundlagen der Pflanzenproduktion“.

Ehrenämter und Ehrungen

Durch die hohe Anerkennung seines wissenschaftlichen Schaffens wurde E. von Boguslawski die Präsidentschaft mehrerer Fachgesellschaften übertragen. Er war unter anderem Präsident der Deutschen Gesellschaft für Landbauwissenschaften, der Deutschen Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften, der Deutschen Gesellschaft für Fettwissenschaft und der Internationalen Arbeitsgemeinschaft für Bodenfruchtbarkeit der Internationalen Bodenkundlichen Gesellschaft. Ebenso war er in führenden Positionen mehrerer wissenschaftlichen Kommissionen tätig, so auch als Vorsitzender im Hauptausschuss „Ackerbau“ der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft.

Der Höhepunkt seines akademischen Wirkens erreichte Boguslawski mit seiner Wahl zum Rector magnificus der Universität Gießen (1951–1953) und der zweimaligen Wahl zum Dekan der Landwirtschaftlichen Fakultät (1961–1963), beziehungsweise des Fachbereichs „Angewandte Biologie“ (1971–1972).

Für seine hervorragenden wissenschaftlichen Leistungen auf den Gebieten der Bodenfruchtbarkeit und Kulturpflanzenforschung ist Boguslawski mehrfach ausgezeichnet worden. Er erhielt die Würde eines Ehrendoktors von der Fakultät für Landbau der Technischen Universität Berlin (1971), von der Universität Izmir/Türkei (1987) und von der Landwirtschaftlichen Hochschule Iaşi/Rumänien (1992).

1986 erhielt er die Wilhelm-Normann Medaille der Deutschen Gesellschaft für Fettwissenschaft. Zu den weiteren Ehrungen gehören die Verleihung des Eilhard Alfred Mitscherlich-Preises der Gießener Fakultät, der Silbernen Max Eyth-Denkmünze und der Schultz-Lupitz-Medaille der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft und der Roemer-Medaille der Arbeitsgemeinschaft für Getreideforschung in Detmold. Außerdem wurde er mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Schriften (Auswahl)

  • Ölfruchtbau. In: Handbuch der Landwirtschaft, 2. Auflage. Herausgegeben von Th. Roemer, A. Scheibe, J. Schmidt und E. Woermann. Bd. 2: Pflanzenbaulehre. Berlin und Hamburg 1953, S. 318–387.
  • Das Zusammenwirken der Wachstumsfaktoren bei der Ertragsbildung. In: Zeitschrift für Acker- und Pflanzenbau Bd. 98, 1954, S. 145–186.
  • Bodenfruchtbarkeit vom Standpunkt des Ackerbauers. In: Landwirtschaft – Angewandte Wissenschaft Nr. 26, 1954, S. 17–45.
  • Das Ertragsgesetz. In: Handbuch der Pflanzenphysiologie. Herausgegeben von W. Ruhland. Bd. 4; Berlin, Göttingen, Heidelberg 1958, S. 943–976.
  • Zur Problematik der Pflanzenbauwissenschaft. In: Zeitschrift für Acker- und Pflanzenbau Bd. 108, 1959, S. 321–338.
  • Zur Entwicklung des Begriffes Bodenfruchtbarkeit. In: Zeitschrift für Pflanzenernährung, Düngung, Bodenkunde Bd. 108, 1965, S. 97–115.
  • Wachstums- und Ertragsgesetze. In: Handbuch der Pflanzenernährung und Düngung. Herausgegeben von Hans Linser. Bd. 1, Zweite Hälfte. Wien, New York 1972, S. 739–788.
  • Der Felddüngungsversuch (gemeinsam mit W. Schuster). In: Handbuch der Pflanzenernährung und Düngung. Herausgegeben von Hans Linser Bd. 1, Zweite Hälfte. Wien, New York 1972, S. 1181–1289.
  • Zur Entwicklung und Problematik der Standortforschung im Pflanzenbau. Berlin und Hamburg 1973 (= Fortschritte im Acker- und Pflanzenbau Heft 1).
  • Ackerbau. Grundlagen der Pflanzenproduktion (unter Mitarbeit von B. Bretschneider-Herrmann, J. Debruck, T. Harrach, W. Höfner und P. Limberg). Frankfurt/Main 1981.
  • Konventioneller Landbau, Alternativen des Landbaues, Ökosysteme, Agro-Ökosysteme. (Ein Beitrag zur Begriffsbildung). In: Landwirtschaftliche Forschung Bd. 37, 1984, S. 241–247.

Einzelnachweise

  1. Kösener Corpslisten 1960, 22, 382; 29, 18
  2. Susanne Heim: "Die reine Luft der wissenschaftlichen Forschung. Zum Selbstverständnis der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft." Vorabdrucke aus dem Forschungsprogramm „Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus“. Herausgegeben von Carola Sachse im Auftrag der Präsidentenkommission der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V. 2002.

Literatur

  • W. Schuster: Professor Dr. Eduard von Boguslawski 60 Jahre. In: Saatgut-Wirtschaft Jg. 18, 1966, S. 18 u. 20.
  • J. Alkämper: Professor Dr. Dr. h. c. Eduard von Boguslawski - 80 Jahre. In: Landwirtschaftliche Forschung Bd. 38, 1985, vor S. 309 (mit Bild).
  • Mit der Kutsche auf das Feld. Prof. Dr. h. c. mult. Eduard von Boguslawski wurde 90 Jahre alt. In: Uni-Forum (Universitätszeitung der Justus-Liebig-Universität Gießen) Jg. 11, 24. Januar 1996, S. 1 (mit Bild).
  • Hans-Richard Wegener: Die Internationale Arbeitsgemeinschaft für Bodenfruchtbarkeit (IOSDV) in der Internationalen Bodenkundlichen Union trauert um ihren Vorsitzenden Professor Eduard von Boguslawski. In: Archiv für Acker- und Pflanzenbau und Bodenkunde Bd. 44, 1999, S. 451-455 (mit Bild).
  • Ein Leben für die Pflanzenbauwissenschaft. Festschrift für Eduard von Boguslawski zum 90. Geburtstag am 30. Dezember 1995. Herausgegeben von Wolfgang Böhm und Martin Zoschke. Auretim Verlag Göttingen 1995, ISBN 3-930354-04-7 (mit Bild, vollständiger Bibliographie der Schriften von E. von Boguslawski und Gesamtverzeichnis der von ihm betreuten Dissertationen).

Weblinks


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