Einheitliche Feldtheorie

Einheitliche Feldtheorie

Einheitliche Feldtheorien verfolgen das Ziel, alle Materie und Kraftfelder des Universums in einer Formel, dem „vereinheitlichten Feld“ oder „einheitlichen Feld“, zusammenzufassen. Eine einheitliche Feldtheorie, manchmal auch Weltformel genannt, sollte die Eigenschaften aller Wechselwirkungen sowie die Eigenschaften (Spin, Masse, Ladung) aller Elementarteilchen erklären.

Historisch gesehen wurde eine erste Stufe der Vereinheitlichung durch die Arbeit James Clerk Maxwells erreicht - die vier Maxwellschen Gleichungen konnten elektrische und magnetische Phänomene einheitlich erklären, und zeigten vor allem auch die enge Verknüpfung von Elektrizität und Magnetismus. Die in den Gleichungen versteckten Symmetrien führten zu der sogenannten Lorentz-Transformation und somit später zur Entdeckung der speziellen Relativitätstheorie von Albert Einstein.

Einstein formulierte danach eine relativistisch korrekte Theorie der Gravitation, die Allgemeine Relativitätstheorie. Ab den 1920ern verbrachte er den Rest seines Lebens damit, nach einer Vereinheitlichung von Elektromagnetismus und Gravitation zu suchen, was jedoch nicht gelang. Ein Ansatz, dem Einstein nachging, war die sogenannte Kaluza-Klein-Theorie, welche versucht, eine einheitliche Feldtheorie in Räumen mit mehr als vier Dimensionen zu finden. Die Kaluza-Klein Theorie gilt als Vorläufer der heute populären Stringtheorie. Die Versuche von Einstein markierten gleichzeitig das Ende des Bemühens um eine „klassische“ einheitliche Feldtheorie.

Mit der Entdeckung der Quantenmechanik und zweier weiterer Wechselwirkungen - der starken Kernkraft und der schwachen Kernkraft - in den 1930ern rückte das Ziel einer vereinheitlichten Theorie in weite Ferne. Die Verbindung von Relativitätstheorie und Quantenmechanik führte zur Quantenfeldtheorie.

In den 1950ern und 1960ern versuchten Heisenberg und seine Schüler, ausgehend von der Dirac-Gleichung, eine nichtlineare Feldtheorie abzuleiten. Damit sollte die große Anzahl der neu entdeckten Elementarteilchen erklärt und geordnet werden. Dieses Vorgehen stellte sich jedoch als Sackgasse heraus. Gell-Mann brachte mit den Quarks schließlich auf ganz andere Art und Weise, nämlich mit einer Quantenfeldtheorie, Ordnung in den „Teilchenzoo“.

Heute sind Quantenfeldtheorien für drei der vier Wechselwirkungen gut bekannt. Nur für die älteste bekannte Wechselwirkung, die Gravitation, gibt es keine Quantentheorie. Die Quantenelektrodynamik und die Quantenflavordynamik wurden in den 1970ern von Steven Weinberg, Sheldon Lee Glashow und Abdus Salam zur Elektroschwachen Theorie vereinheitlicht. Ansätze zur Vereinheitlichung der Elektroschwachen Theorie mit der Quantenchromodynamik schlugen jedoch fehl (siehe etwa Protonenzerfall).

Ein vielversprechender Ansatz für eine einheitliche Feldtheorie bildet die Superstringtheorie, in der unter dem Namen M-Theorie in den 1990ern große Fortschritte erzielt wurden. Hier scheint es möglich, alle vier Wechselwirkungen tatsächlich zu vereinheitlichen, jedoch befindet sich die Theorie noch in einem frühen Anfangsstadium. Ein weiterer Ansatz zur Formulierung einer Quantentheorie der Gravitation ist die sogenannte Schleifenquantengravitation.

Im Jahre 2007 veröffentlichte Antony Garrett Lisi einen weiteren vielversprechenden Ansatz, die er unter dem Titel "An Exceptionally Simple Theory of Everything" im arXiv veröffentlichte und die aufgrund der dahinterstehenden Mathematik E8 Theorie genannt wird.[1]

Internationale Forschungseinrichtungen wie CERN in Genf oder DESY in Hamburg werden mit hohem finanziellem Aufwand betrieben, um ein einheitliches Modell aller Materie und Energiefelder zu entwickeln.

Siehe auch:

Literatur

  • Tian Y.Cao: Conceptual developments of 20th century field theories. Cambridge Univ. Press, Cambridge 1998, ISBN 0-521-63420-2
  • Vladimir P.Vizgin: Unified field theories in the first third of the 20th century. Birkhäuser, Basel 1994, ISBN 0-8176-2679-4
  • Ernst Schmutzer: Projektive einheitliche Feldtheorie - mit Anwendungen in Kosmologie und Astrophysik. Deutsch, Frankfurt 2004, ISBN 3-8171-1726-4
  • H.Galić: Phenomenology of unified theories - from standard model to supersymmetry. World Scientific, Singapore 1984, ISBN 9971-966-12-3
  • Marie A. Tonnelat: Einstein's unified field theory. Gordon and Breach, New York 1966
  • Václav Hlavatý: Geometry of Einstein's unified field theory. Noordhoff, Groningen 1957
  • Larry Silverberg: Unified field theory - for the engineer and the applied scientist. Wiley-VCH-Verl., Weinheim 2009, ISBN 978-3-527-40788-0

Einzelnachweise

  1. A. G. Lisi (2007). "An Exceptionally Simple Theory of Everything"

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