Eleonore Prochaska

Eleonore Prochaska
Eleonore Prochaska
Denkmal für Eleonore Prochaska auf dem Potsdamer Alten Friedhof.
Gedenktafel am Haus Lindenstr 34 in Potsdam

Marie Christiane Eleonore Prochaska (* 11. März 1785 in Potsdam; † 5. Oktober 1813 in Dannenberg) war eine deutsche Soldatin in den Befreiungskriegen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Eleonore Prochaska kam am 11. März 1785 in Potsdam zur Welt. Ihr Vater war Unteroffizier und Militärmusiker ohne großes Einkommen in einem preußischen Garde-Grenadierregiment. So wuchs Eleonore Prochaska unter ärmlichen Umständen auf. Der Vater schickte sie in das Große Militärwaisenhaus, als die Mutter früh verstarb. Dort fand sie später als Hausangestellte Arbeit. Schon im frühen Alter interessierte sie sich für die Befreiungskriege gegen Napoleon.[1]

Während der Befreiungskriege kämpfte die zwar großgewachsene, aber zierliche Frau (als Mann verkleidet) zunächst als Trommler, später als Infanterist im preußischen Heer gegen Napoleon.

1813 trug sie sich unter dem Namen August Renz in die Stammrolle des 1. Jägerbataillons des Lützowschen Freikorps ein. Leutnant Otto Preusse schrieb: „Wir standen in Sandau an der Elbe. Hier kam auch ein Jäger Renz zur Kompanie – wie sich später zeigte, ein Mädchen Namens Prochaska. Er wurde Flügelmann, 3 Fuß, 8 Zoll, 3 Strich hoch – Es wurden uns englische Schuhe geliefert, alle bedeutend zu groß für Renz und ich musste besonders für ihn ein Paar arbeiten lassen. Seine Sprache war nicht besonders fein, so dass niemand in ihm ein Mädchen vermuten konnte. Übrigens kochte er vortrefflich in den Biwaks.“

In der Schlacht an der Göhrde wurde sie durch einen Kartätschenschuss schwer verwundet. Ein herbeigeeilter Feldscher, der ihre Wunden versorgte, entdeckte ihre wahres Geschlecht und ließ sie in ein Bürgerhaus nach Dannenberg bringen, wo sie drei Wochen später ihren Verletzungen erlag.

Ehrungen

Eine Zeitungsmeldung vom 7. Oktober 1813 berichtete: „Heute morgen um 9 Uhr wurde die Leiche der in der Schlacht an der Göhrde verwundeten Eleonore Prochaska zur Erde bestattet, welche als Jäger im Lützowschen Korps unerkannt ihren Arm der heiligen Sache des Vaterlandes geweiht hatte. Gleich einer Jeanne d'Arc hatte sie mutvoll gekämpft den Kampf für König und Vaterland. Trauernd folgten dem Sarge, der von ihren Waffenbrüdern getragen wurde, das hannoveranische und russisch-deutsche Jägerkorps und der Oberst Graf Kielmannsegge nebst sämtlichen Offizieren. Der königlich-preußische Grand maitre de la Gadrobe, Minister und außerordentlicher Gesandter Graf von Groote, hatte sich ebenfalls eingefunden. Eine dreimalige Gewehrsalve rief der vom Sturm des Krieges geknickten Lilie den letzten Gruß nach in das Grab.“

In der Folgezeit wurde sie als jungfräuliche Heldin stark idealisiert und als die „Potsdamer Jeanne d'Arc“ verehrt. Verschiedene Dramen und Gedichte wurden über sie geschrieben, unter anderem von Friedrich Rückert.

Im Jahr 1863 wurde an ihrem Grab auf dem St.-Annen-Friedhof in Dannenberg eine Gedenktafel angebracht und 1889 erhielt ihre Heimatstadt Potsdam ihr zu Ehren ein Denkmal (Der Heldenjungfrau zum Gedächtnis), das sich auf dem fast vollständig abgeräumten Alten Friedhof erhalten hat.

Auch musikalisch wurde ihr ein bemerkenswertes Denkmal gesetzt: Ludwig van Beethoven komponierte zum Gedenken an die Heldin zu dem (verschollenen) Schauspiel Leonore Prohaska, geschrieben vom Königlich preußischen Geheimsekretär Friedrich Duncker (1815), eine Schauspielmusik, bestehend aus einem Krieger-Chor, einer Romanze, einem Melodram und einem Trauermarsch (Werk ohne Opus 96).

Andere Frauen in den Freiheitskriegen

Neben Eleonore Prochaska haben während der Freiheitskriege noch weitere Frauen in den beteiligten Armeen gekämpft, so z. B. die russische Offizierin Nadeschda Durowa oder die Tirolerin Katharina Lanz. Allerdings wurden fast alle, nachdem sie als Frauen erkannt wurden, aus dem Militärdienst entlassen. Die einzige Ausnahme war wohl Friederike Krüger (1789–1848), die dank Protektion ihres Brigadekommandeurs der einzige bekannte weibliche Unteroffizier der preußischen Armee wurde. Zuletzt diente sie im 2. Garde-Regiment zu Fuß. 1816 wurde ihr Abschiedsgesuch bewilligt und sie zog sich in das Zivilleben zurück.

Auch Anna Lühring (1796-1866) schloss sich 1814 den Lützower Jägern als Jäger Eduard Kruse an und überlebte die Befreiungskriege. Ihr Mythos verblasste schnell.

Die Lüneburgerin Johanna Stegen (1793-1842) beschaffte als Zivilistin in einem Gefecht bei Lüneburg Munition für das Füsilierbataillon des 1. Pommerschen Infanterie-Regiments.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Hagemann, Karen, "Mannlicher Muth und teutsche Ehre" – Nation, Krieg und Geschlecht in der Zeit der antinapoleonischen Kriege Preußens, Paderborn 2002, S. 384 ff.

Literatur

  • Fanny Arndt: Die deutschen Frauen in den Befreiungskriegen, Halle 1867, S. 174 ff.
  • Matthias Blazek: Das Kurfürstentum Hannover und die Jahre der Fremdherrschaft 1803-1813. ibidem, Stuttgart 2007, S. 73 f. ISBN 3-89821-777-9
  • Karen Hagemann: „Heroic Virgins“ and Bellicose Amazons“: Armed Women, the Gender Order and the German Public during and after the Anti-Napoleonic Wars, in: European History Quarterly 37 (2007), S. 507–527
  • Ulrike Hass-Zumkehr: "Ich bin Soldat – Eleonore Prochaska", in: Ein anderes Deutschland: Texte und Bilder des Widerstands von den Bauernkriegen, Berlin 1978, S. 124
  • Wilhelm Herchenbach: Deutscher Geist und deutsches Schwert – Drei Kriegsjahre gegen fremde Unterdrückung, Regensburg 1866, S. 121 ff.
  • Bernhard von Poten: Prochaska, Eleonore. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 26, Duncker & Humblot, Leipzig 1888, S. 621 f.
  • I. von Brun-Barnow: "Eleonore Prochaska, als August Renz, Freiwilliger Jäger im Lützowschen Freicorps." (Bär 9, 1883, S. 200-202)
  • F. Hartmann: "Eleonore Prochaska. Potsdams Heldenjungfrau aus den Befreiungskriegen." (Prov. Brand-WortBild 2, S. 363-370)
  • Beate Klompmaker: Eleonore Prochaska, Vertonungen von Beethovens Trauermarsch für Eleonore Prochaska, Sonate Nr. 12, Op. 26 und Originalbriefe von Eleonore Prochaska: „Aus unserm letzten Biwak...“, „Lieber Bruder...“, 1813, unter: www.YouTube.de und www.EleonoreProchaska.de, seit 2010
  • Eleonore Prochaska in: Kunzendorf, Söhne, p. 99 ff.
  • Bernhard von Poten: Eleonore Prochaska, Allgemeine Deutsche Biographie, Band 26, Duncker & Humblot, Leipzig 1888, p. 621 f.
  • Schelowsky: Eleonore Prochaska, das Heldenmädchen von Potsdam, Mitt VG Potsdam 3, 1867, p. 137–143
  • K. Rothärmel / B. Klompmaker: "Eleonore Prochaska (1785-1813) /Die Trommlerin der Lützower/Eine Erzählung von Katharina Rothärmel und Eleonore Prochaska /Eine Art Denkmal/ Ein mediales Kunstprojekt von Beate Klompmaker, trafo Verlag, Berlin, 2011, ISBN 978-3-89626-973-7
  • Gerhard Steiner: Marie Christiane Eleonore Prochaska, Biogr Lex DtG, p. 379f.
  • Gerhard Steiner: Das Mädchen bei den Lützowern, Wochenpost Nr. 30/1985, p. 6+17
  • Hermann Stodte: Das preußische Mädchen. Schicksalswege der Eleonore Prochaska, Verlag A.W. Hann’s Erben, Berlin, nach 1917, 159 p.

Siehe auch

Weblinks


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