Elias Bierdel

Elias Bierdel
Elias Bierdel (2011)

Elias Bierdel (* 14. November 1960 in Berlin) war Leiter und Vorsitzender der Hilfsorganisation „Cap Anamur / Deutsche Not-Ärzte“. Er löste im Dezember 2002 den Initiator und Mitbegründer Rupert Neudeck ab und wurde 2004 nach einer politisch umstrittenen Rettungsaktion vor der italienischen Küste nicht mehr in den Vorstand wiedergewählt. Seit 2007 Gründungsmitglied und Vorstand des Vereins „borderline europe – Menschenrechte ohne Grenzen“.

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Nach dem Abitur im Jahre 1979 studierte er von 1980 bis 1983 Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Anschließend arbeitete er als Volontär bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. 1985 wurde er Redakteur bei der Westfälischen Rundschau. Von 1986 bis 1993 betätigte er sich als Freier Journalist in Rundfunk und Fernsehen. 1994 wechselte er als Redakteur zum Deutschlandfunk. Während seiner Tätigkeit als Hörfunk-Korrespondent im ARD-Studio Südosteuropa in Wien berichtete er besonders ausgiebig aus dem Kosovo. Er war einer der letzten Journalisten, die das Land verließen, als die NATO mit Luftangriffen in den Kosovo-Krieg eingriff. Dort machte er auch Bekanntschaft mit der Hilfsorganisation Cap Anamur. 2002 wurde er Projektmitarbeiter für Cap Anamur in Afghanistan. Im Dezember 2002 wurde er in den Vorstand der Organisation gewählt.

Am 12. Juli 2004 geriet er in die Schlagzeilen, als er von den italienischen Behörden festgenommen wurde, nachdem er mit dem Hilfsschiff Cap Anamur 37 afrikanische Flüchtlinge in Porto Empedocle auf Sizilien an Land gebracht hatte, die von der Hilfsorganisation aus Seenot gerettet worden waren. Die italienischen Behörden hatten die Anlandung zunächst genehmigt, dann die Erlaubnis jedoch wieder zurückgezogen. Daraufhin drohten mehrere afrikanische Flüchtlinge an Bord mit Selbstmord und zwangen den Kapitän des Schiffes so zur Erklärung einer Notlage und zur ultimativen Aufforderung an die italienischen Behörden, die Hafeneinfahrt zu genehmigen. Dies wurde am Folgetag zugesagt; nach der Anlandung aber wurden alle 37 Geretteten festgesetzt, Bierdel, der Kapitän Stefan Schmidt und der erste Offizier Vladimir Daschkewitsch wegen „Schlepperei“ inhaftiert und das Schiff als „Tatwerkzeug“ beschlagnahmt. In der Folge wurde gegen die Verhafteten wegen „Beihilfe zu illegaler Einreise“ ermittelt, die jedoch – begleitet von zahlreichen Sympathiekundgebungen in ganz Italien – am 16. Juli 2004 wieder freikamen. Infolge dieser Ereignisse wurde Bierdel auf seinem Posten als Vorsitzender des Komitees Cap Anamur allerdings nicht wiedergewählt und sein Verhalten und das seiner Crew auch vom ehemaligen Vorsitzenden der Organisation, Rupert Neudeck, kritisiert. Im November 2006 wurde in Agrigent auf Sizilien der Prozess gegen Elias Bierdel und seine zwei Mitangeklagten eröffnet. Am 7. Oktober 2009 wurden Bierdel und seine beiden Mitangeklagten von einem Gericht im sizilianischen Agrigent freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte vier Jahre Haft und eine Geldstrafe in Höhe von 400.000 Euro gefordert.[1] [2]

Über die Ereignisse, die zu der Verhaftung führten, schrieb Bierdel das Buch „Ende einer Rettungsfahrt“ (Verlag Ralf Liebe, September 2006). In diesem Buch schildert Elias Bierdel seine Sicht der Hergänge und die ganze Geschichte des Schiffs Cap Anamur – vom Umbau im Lübecker Hafen bis zur Beschlagnahme durch den italienischen Staat. Zugleich thematisiert er die Flüchtlingsproblematik auf hoher See. Seit 2007 ist Bierdel Gründungsmitglied und Vorstand der Organisation Borderline-Europe – Menschenrechte ohne Grenzen e. V., welche die zahlreichen Flüchtlingsdramen an den EU-Außengrenzen dokumentieren soll.[3]

Am 8. November 2007 erhielt Bierdel den Georg-Elser-Preis der Georg-Elser-Initiative Berlin für sein Engagement für Flüchtlingsrechte im Rahmen der von ihm mitbegründeten Organisation Borderline-Europe.[4] Am 15. Januar 2010 wurde ihm in Wien der Ute-Bock-Preis für Zivilcourage verliehen.[5]

Seit März 2010 arbeitet Elias Bierdel am Österreichischen Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung, ÖSFK, wo er unter anderem für die Ausbildung ziviler Friedenshelfer für UN-Einsätze verantwortlich ist.[6]

Bierdel lebt heute als Autor und Journalist im Burgenland/Österreich, ist geschieden und Vater zweier Töchter. Derzeit reist er durch Deutschland und hält Vorträge über seine Erfahrungen während seiner Zeit bei Cap Anamur. Seine private Leidenschaft ist das Musizieren. Er spielt Klavier und komponiert Chansons mit deutschen Texten.

Im November 2010 erhielt Bierdel den Blue Planet Award der ethecon Stiftung Ethik & Ökonomie in Berlin. [7]

Veröffentlichungen

Weblinks

 Commons: Elias Bierdel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Siehe auch

Quellen

  1. tagesschau.de (nicht mehr online verfügbar) vom 7. Oktober 2009
  2. Matthias Thieme: Retter, nicht Schlepper. Cap Anamur. In: „Frankfurter Rundschau“. 7. Oktober 2009, abgerufen am 13. Mai 2011.
  3. Gerrit Wustmann: Die Toten, die niemand sehen will Telepolis, 29. Juli 2007
  4. Georg-Elser-Preis
  5. Ute Bock-Preis 09 an Elias Bierdel. In: „SOS Mitmensch“. Verein SOS Mitmensch, 20. November 2009, abgerufen am 13. Mai 2011: „Der Ute Bock-Preis für Zivilcourage von SOS Mitmensch geht an Elias Bierdel. Elias Bierdel rettete 2004 im Mittelmeer 37 Flüchtlinge in Seenot. In Italien wurde er darauf hin der Schlepperei beschuldigt und in einem Aufsehen erregenden Prozess mit vier Jahren Haft sowie 400.000 Euro Geldstrafe bedroht.“
  6. Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (ÖSFK). In: „Austrian Study Center for Peace and Conflict Resolution (ASPR)“. Abgerufen am 13. Mai 2011.
  7. Aktuelle Meldung / Elias Bierdel erhält Blue Planet Award 2010. In: „Ethik & Ökonomie“. ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie, 11. Oktober 2010, abgerufen am 13. Mai 2011: „Unser diesjährige Positiv-Preis geht an den Menschenrechtsaktivisten Elias Bierdel. Dieser erregte 2004 als Leiter und Vorsitzender der Hilfsorganisation Komitee Cap Anamur/Deutsche Notärzte e.V. viel Aufmerksamkeit. Er war an der Rettung von 37 schiffbrüchigen afrikanischen Flüchtlingen beteiligt, [...]“



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