Eliasfriedhof

Eliasfriedhof
Eliasfriedhof

Der Eliasfriedhof ist der älteste erhaltene Friedhof Dresdens[1] und gilt als „kulturhistorisch bedeutendste[r] Friedhof“ der Stadt.[2] Die seit 1876 stillgelegte und 1928 baupolizeilich geschlossene Begräbnisstätte in der Pirnaischen Vorstadt steht unter Denkmalschutz.[3]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Johann Georg II. befahl 1680 die Anlage des Pestfriedhofs
Verfallene Schwibbbogengrüfte an der Südmauer

Im Jahr 1680 wurde die Pest, die bereits zwei Jahre zuvor in Wien ausgebrochen war, nach Dresden eingeschleppt. Innerhalb weniger Monate starben mehr als 5000 Menschen – ein Drittel der gesamten Bevölkerung der Stadt – infolge der Pest. Dresden besaß zu dem Zeitpunkt nur wenige Begräbnisstätten: Der Frauenkirchhof und der Friedhof am Bartholomäus-Hospital waren bereits im 16. Jahrhundert zu klein geworden. Der daraufhin angelegte und 1680 aufgrund der Pest erweiterte Johanniskirchhof allein konnte die Toten der Epidemie nicht fassen. Aus Angst vor Ansteckung der Bevölkerung noch durch die Toten ordnete der selbst an der Pest erkrankte Johann Georg II. 1680 an, einen als Notfriedhof konzipierten Pestfriedhof außerhalb der Stadt anzulegen. Am 10. Juli 1680 wurde das Bauland vor dem Ziegeltor, „hinter den Lehmgruben und Ziegelbrennereien gelegen“[4], gekauft und innerhalb kürzester Zeit der Friedhof auf offenem Feld angelegt. Nach dem Propheten Elija, der Tote erwecken konnte,[5] nannte man den neuen Begräbnisplatz Eliasfriedhof.

In den folgenden Jahren wurde der Eliasfriedhof als Armenfriedhof genutzt. Die Toten wurden kostenfrei durch Angehörige, die selbst die Gruben aushoben, beerdigt. Auch Ortsfremde, „Selbstmörder, Hingerichtete und Ungetaufte“[6] fanden auf dem Eliasfriedhof ihre letzte Ruhestätte. Das Gelände bestand zu dem Zeitpunkt aus einer unregelmäßigen, rechteckigen Fläche, die von einem einfachen Mittelweg geteilt war. Eine Friedhofsmauer oder Friedhofskapelle gab es nicht; zahlreiche Tote waren in Massengräbern beerdigt worden. Die vermögenden Bürger Dresdens ließen sich auf dem Frauenkirchhof oder dem Johanniskirchhof beisetzen. Oft besaßen reiche Familien dort eigene offene Gruftanlagen, deren Belegungsrecht an die nachkommenden Generationen vererbt wurde. Adelige Einwohner der Stadt konnten zudem innerhalb von Kirchengebäude, wie der alten Frauenkirche oder der Sophienkirche, bestattet werden.

Restaurierte Grufthäuser von George Bähr

Im Jahr 1721 wurde der Johanniskirchhof ein letztes Mal erweitert. Drei Jahre später wurde der bereits 1714 geschlossene Frauenkirchhof auf Beschluss des Rats der Stadt Dresden säkularisiert, um an seiner Stelle die neue Frauenkirche zu erbauen. Als neuer Friedhof für die höheren Stände wurde der Eliasfriedhof gewählt. Umbauten waren nötig, so wurde das Friedhofsareal in westlicher Richtung erweitert, das Gelände von einer Mauer umzogen und der Friedhof durch ein Wegenetz gegliedert. George Bähr errichtete von Mai bis Juli 1723 Gruftbauten an der Nord- und Westseite des Friedhofs, die an der Südmauer durch nicht überbaute Schwibbogengrüfte fortgesetzt wurden. Während offene Grüfte traditionell bereits auf älteren Friedhöfen wie dem Johannis- und Frauenkirchhof angelegt worden waren, stellten geschlossene Grufthäuser eine Neuerung im Dresdner Raum dar.[7] Sie wurden in Reihe angelegt und waren von einem gemeinsamen Dach überdeckt. Während sich im durch ein kunstvolles Gitter verschlossenen oberirdischen Raum oft aufwändig gestaltete Epitaphe befanden, erfolgte die eigentliche Beisetzung in dem mehrere Meter tiefen Gewölbe unter dem Aufbau. Die Grufthäuser wurden wie auch die Schwibbogengrüfte durch Erbpacht vergeben, konnten als Teil des Privatbesitzes aber auch verkauft werden.

Der Friedhof entwickelte sich auch wegen seiner Grufthäuser in der Zeit Augusts des Starken zur bevorzugten Ruhestätte des Adels und der wohlhabenden Bürger der Stadt. Neben den begehrten Grufthäusern wurden in der Folgezeit auch Reihengräber durch kleineren Gruftausbau als Erbbegräbnisstätten angelegt, die wie die weiteren Grabstätten nach Osten ausgerichtet wurden. Nach der Schlacht von Dresden im Jahr 1813 wurden zahlreiche Tote in Massengräbern auf dem Eliasfriedhof beerdigt, der durch die Kampfhandlungen zudem beschädigt wurde. Eine Entlastung des Eliasfriedhofs erfolgte durch die Anlage des Trinitatisfriedhofs im Jahr 1814.

Durch Wurzelwerk zerstörte Grabplatte

Die letzte Beerdigung fand am 30. Juni 1876 statt. Der Eliasfriedhof war zu der Zeit nicht mehr erweiterungsfähig. Im Jahr 1908 wurde der für die Öffentlichkeit weitgehend geschlossene Friedhof geteilt und durch das Areal von der heutigen Ziegelstraße zur Lothringer Straße ein Fußweg angelegt, der mit Holzzäunen gegen das Friedhofsareal abgetrennt wurde. Der Friedhof verfiel in den folgenden Jahren immer mehr. Um 1900 begann sich der Efeu auf dem Friedhofsgelände auszubreiten, der heute[8] ganze Grabfelder überwachsen hat und den Standsteingrabmalen zusetzt. Nach der Schließung des Friedhofs kam es immer wieder zu Vandalismus an den Grabmälern und den Grüften. Grabsteine hatten sich über die Jahrzehnte gelockert und Grüfte waren einsturzgefährdet, sodass der Friedhof 1924 baupolizeilich geschlossen wurde. Die Säkularisierung, die seit 1916 möglich gewesen wäre, wurde jedoch nicht umgesetzt, ebenso wenig wie die 1915 angedachte Umgestaltung des Areals zu einem Ehrenfriedhof.

Der Bombardierung Dresdens im Februar 1945 überstand der Friedhof weitgehend unbeschädigt. Eine einzelne Bombe traf das Gelände und zerstörte das Haus des Friedhofswächters im nordwestlichen Teil des Areals. Die an der West- und Südmauer befindlichen Gruftbauten waren bereits in den 1930er-Jahren aus Sicherheitsgründen abgetragen worden. In den 1950er-Jahren wurde ein schmaler Streifen des östlichen Friedhofsteils bei der Erweiterung des Güntzplatzes aufgegeben.[9] Die neue östliche Friedhofsmauer wurde durch Eisengitter unterbrochen, die sich zuvor zum Teil an den abgetragenen Gruftbauten befunden hatten.

Im Jahr 1998 gründete sich der „Förderverein Eliasfriedhof Dresden e.V.“, der sich für den Erhalt und die Pflege des Friedhofs einsetzt. Durch Spendengelder konnten in den letzten Jahren die erhaltenen Gruftbauten George Bährs an der Nordmauer des Eliasfriedhofs restauriert werden. Der Verein führt monatlich Führungen auf dem Friedhof durch. Eine dauerhafte Öffnung des Friedhofs ist aufgrund von Sicherheitsbedenken – Absturzgefahr in die circa 3 Meter tiefen Gruftanlagen, lockere Grabsteine aufgrund Unterwurzelung durch den wild gewachsenen Baumbestand – und zum Schutz der wertvollen Bausubstanz nicht möglich.

Bedeutende Grabstätten

Verwitterter Grabstein von Wilhelm Gotthelf Lohrmann, Foto 2007
Kopie des Grabsteins von Wilhelm Gotthelf Lohrmann, Foto 2009

Aus den Anfangsjahren des Eliasfriedhofs sind keine Grabmäler erhalten. Die ältesten erhaltenen Gräber des Friedhofs stammen aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Das älteste bekannte Grabmal auf dem Friedhof ist das des Offiziers Johann Georg Lichtenegg (1672–1729)[10] und wurde vermutlich vom alten Johanniskirchhof überführt.

Der jüngste Grabstein des Friedhofs ist der des 1840 verstorbenen Geodäten Wilhelm Gotthelf Lohrmann. Der Grabstein in Form eines Sandsteinquaders war so stark verwittert, dass er im Jahr 2008 durch eine Kopie des Steinmetzmeisters Elmar Vogel aus Dresden ersetzt wurde. Der originale Grabstein wird in einem der Grufthäuser aufbewahrt.

Grab von Gottlob Friedrich Thormeyer, Detail

Zahlreiche Grabmale des Friedhofs wurden von namhaften Künstlern entworfen oder geschaffen. Das Grab des Komponisten Johann Gottlieb Naumann schuf vermutlich Franz Pettrich. Bei der Grabinschrift handelt es sich um ein von Christian Gottfried Körner verfasstes Gedicht. Eine Kopie der Grabplatte befindet sich im Lapidarium des Loschwitzer Kirchhofs. Pettrich werden weitere Grabmale zugeschrieben, so das des Hofkellermeisters Johann Gottlieb Hock (1739–1810).

Der Bildhauer Johann Christian Kirchner entwarf sein eigenes Grabmal, das einen lebensgroßen Chronos mit Stundenglas zeigt. Die Ausführung geschah durch seinen Bruder Gottlieb Kirchner. Caspar David Friedrich entwarf die Grabmäler von Christian Ernst Ulrici (1750–1825), Augusta Kind und dem Major Ernst Müller. Ausgeführt wurden die Entwürfe Friedrichs von Christian Gottlieb Kühn. Kühn schuf auch die Engelsfiguren am Grabstein von Gottlob Friedrich Thormeyer, den Thormeyer entworfen und geschaffen hatte. Das Grabmal für Christian Gottlieb Welker stammt von Johann Christian Feige d. J., Sohn von Johann Christian Feige.

Im Jahr 1857 fand Maler Johan Christian Clausen Dahl auf dem Eliasfriedhof seine letzte Ruhe. Seine Gebeine wurden am 14. Mai 1934 an seinen Geburtsort Bergen überführt, wo ihm ein monumentales Grabmal errichtet wurde. Der einfache Grabstein Dahls, der seinen Vornamen mit „Johann“ falsch angibt, verblieb auf dem Eliasfriedhof und ist einer der wenigen Steine, der nicht in Sandstein ausgeführt wurde.

Das Grab von Justus Friedrich Güntz ist nicht erhalten. Er fand seine letzte Ruhestätte in einem Grufthaus an der Westmauer des Friedhofs. Nach Abtragen der Grufthäuser in den 1930er-Jahren war seine Gruft die einzige, die aufgrund der Bedeutung des Bestatteten für die Stadt Dresden erhalten blieb. Wegen des schlechten Allgemeinzustandes musste die Gruft noch nach 2000 abgetragen werden.

Persönlichkeiten, die hier ihre letzte Ruhestätte gefunden haben

Grab von Johann Christian Klengel (vorn) und August Alexander Klengel
Grab von Johann Gottlieb Naumann

Literatur

  • Cornelius Gurlitt: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 21. Heft: Stadt Dresden, Teil 1. In Commission bei C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1900, S. 199–207.
  • Ursula Kaube: Der Eliasfriedhof in Dresden. In: Landesverein Sächsischer Heimatschutz (Hrsg.): Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz. Heft 1, 2002, S. 10–14.
  • Simone Meinel: Eliasfriedhof. Förderverein Eliasfriedhof Dresden e.V., Dresden 1999.
  • Christoph Pötzsch: Schicksale auf Dresdens Eliasfriedhof. Tauchaer Verlag, Taucha 2006, ISBN 3-89772-113-9.
  • Marion Stein: Friedhöfe in Dresden. Verlag der Kunst, Dresden 2000, ISBN 90-5705-130-3, S. 12–30.

Weblinks

 Commons: Eliasfriedhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dies berücksichtigt nicht ältere Kirchfriedhöfe, die heute auf eingemeindetem Stadtgebiet liegen.
  2. Marion Stein: Friedhöfe in Dresden. Verlag der Kunst, Dresden 2000, S. 13.
  3. Vgl. Georg Dehio (Hrsg.): Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Dresden. Aktualisierte Auflage. Deutscher Kunstverlag, München und Berlin 2005, S. 83.
  4. Marion Stein: Friedhöfe in Dresden. Verlag der Kunst, Dresden 2000, S. 14.
  5. Vgl. 1. Buch der Könige, Kapitel 17.
  6. Marion Stein: Friedhöfe in Dresden. Verlag der Kunst, Dresden 2000, S. 15.
  7. Marion Stein: Friedhöfe in Dresden. Verlag der Kunst, Dresden 2000, S. 16.
  8. Stand 2009.
  9. Der östliche Rand des Friedhofs ging ursprünglich bis zu den heutigen Straßenbahnschienen.
  10. Lebensdaten nach Cornelius Gurlitt: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 21. Heft: Stadt Dresden, Teil 1. In Commission bei C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1900, S. 202. Der Friedhofsführer zum Eliasfriedhof gibt als Todesjahr 1710 an.
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