Aikidō

Aikidō
Aikidō

Aikidō [aikidoː] (jap. 合気道 oder 合氣道) ist eine betont defensive moderne japanische Kampfkunst, die Anfang des 20. Jahrhunderts von Morihei Ueshiba als Synthese aus unterschiedlichen Budō-Disziplinen, vor allem aber als Weiterentwicklung des Daitō-Ryū Aiki-Jūjutsu begründet wurde. Ein Kampfkünstler, der sich im Aikidō übt, wird als Aikidōka bezeichnet.

Das Ziel beim Aikidō ist, die Kraft eines im Anfängergrad vorher festgelegten, stilisierten, später willkürlichen gegnerischen Angriffs (Randori) abzuleiten (Abwehr), und dieselbe Kraft intelligent zu nutzen, um den Gegner vorübergehend angriffsunfähig zu machen (Absicherung), ohne ihn dabei schwer zu verletzen. Dies geschieht in der Regel durch Wurf- (nage waza) und Haltetechniken (osae waza oder katame waza), die den Hauptteil der Aikidō-Techniken ausmachen. Das Besondere im Aikidō ist, dass keine offensiven Angriffstechniken, sondern nur Abwehr- und Sicherungstechniken und dadurch eine entsprechend defensive und verantwortungsbetonte geistige Haltung gelehrt werden.

Inhaltsverzeichnis

Begriff

In den verschiedenen Entwicklungsphasen nannte Morihei Ueshiba seine Kampfkunst Aiki-Bujutsu und danach Aiki-Budō. Erst im Laufe des Zweiten Weltkrieges benannte er sie um in Aikidō.

Kanji für Aikidō

Der Name Aikidō wird aus drei sinojapanischen Schriftzeichen geformt (合気道; Ai „Harmonie“, Ki „Lebensenergie“, „universelle Energie“, Do „Lebensweg“[1]) und kann daher in etwa als „Der Weg der Harmonie im Zusammenspiel mit Energie“, „Weg zur Harmonie der Kräfte“ oder „Der Weg der Harmonie mit der Energie des Universums“ übersetzt werden.

Diese Bezeichnung bezieht sich darauf, dass Aikidō-Techniken dahin zielen, Angriffe durch die Kontrolle ihrer Energie und nicht durch Abblocken derselben zu kontrollieren. Ein häufig genannter Vergleich lautet, dass die flexible Trauerweide einem Sturm durch Biegen widerstehen kann, während die viel stabilere Eiche brechen wird, wenn der Wind zu stark ist.

Als Schriftzeichen für Ki kann man sowohl 気 als auch 氣 finden, wobei 気 die vereinfachte und aktuell verwendete japanische Form des ursprünglichen chinesischen Zeichens 氣 ist, das Morihei Ueshiba verwendete. Obwohl oft zu finden ist, dass 合 (Ai) mit Liebe zu übersetzen sei, ist dies nicht korrekt. Das Missverständnis geht auf ein Zitat von Morihei Ueshiba zurück, dass er sich unter anderem deshalb entschlossen habe, seine Kampfkunst Aikidō zu nennen, weil 合 genauso ausgesprochen wird wie 愛, was eben Liebe bedeutet. Während der Versuch einer wörtlichen Übersetzung von Aikidō etwa das Prinzip ideal koordinierter Energie lautet, sind die in Aikidō vorkommenden Begriffe nicht zuletzt durch die Ausführungen von Morihei Ueshiba sehr stark mit Konnotationen belegt, was die vielen freien Übersetzungen erklärt.

Der Ausdruck Aiki (合氣) wurde bereits in älteren japanischen Kampfkünsten benutzt, insbesondere im Daitō-Ryū Aiki-Jūjutsu (大東流合氣柔術), und hatte dort die Bedeutung der „angemessenen Kraft“ im Sinne eines Mitgehens mit dem Angreifer. Erst Ueshiba erweiterte die Deutung auf eine auch spirituelle Harmonie.

Geschichte

Die zentrale Stadt für Aikidō ist Tokio in Japan, in der das Honbu Dōjō (jap.: Haupt-Übungshalle) angesiedelt ist.

Im Jahre 1951 stellte Meister Mochizuki Minoru in Frankreich zum ersten Mal Aikidō in einem europäischen Land vor. Im folgenden Jahr begann Meister Tadashi Abe von Marseille aus, Aikidō in Europa zu verbreiten. Im Jahre 1953 wurde Aikidō auf Hawaii durch Kōichi Tōhei eingeführt. 1956 ging André Nocquet als erster Franzose nach Tokio, um im Aikikai zu trainieren. 1961 kam Meister Masamichi Noro nach Paris. Um etwa 1960 gelangte die Kampfkunst nach Deutschland. Als wichtigste Einzelpersonen sind hier Katsuaki Asai, der 1965 23-jährig vom Aikikai als offizieller Vertreter nach Deutschland gesandt wurde, und Gerd Wischnewski zu nennen, der sich Anfang der 1970er Jahre vom Aikidō und Kendō zurückzog. Katsuaki Asai gründete den Aikikai Deutschland. Ende der 1960er Jahre wurde unter der Leitung von Rolf Brand im Deutschen Judobund die Sektion Aikido gegründet, aus der in den 1970er Jahren der Deutsche Aikido Bund hervorging. Seitdem entwickelten sich weitere Aikidō-Verbände. Ab 1965 wurde Aikidō in Australien bekannt.

In Europa wurde die Verbreitung von Nobuyoshi Tamura und Masamichi Noro von Frankreich aus vorangetrieben. Beide waren Uchideshi von Morihei Ueshiba. Hiroshi Tada verbreitete Aikidō von Italien aus, während Katsuaki Asai seinen Beitrag aus Deutschland leistete. Später kamen Masatomi Ikeda (Schweiz), Yasunari Kitaura (Spanien) und Kazuo Chiba (Vereinigtes Königreich) hinzu. In den sechziger Jahren zerstreuten sich Ueshibas Schüler der Nachkriegszeit über die ganze Welt. Heute gibt es fast in allen Ländern der Welt Aikidō-Dōjō.

Die Internationale Aikidō-Föderation (I.A.F.) wurde 1975 gegründet und umfasst sechs kontinentale Verbände und mehr als vierzig nationale Aikidō-Verbände. Daneben gibt es viele weitere Verbände und Dōjō innerhalb und außerhalb des Aikikai.

Prinzip, Strategie und Technik

Philosophie

Aikidō gilt als friedfertige Kampfkunst. Der Aikidōka versucht in der Regel, den Angreifer nicht zu verletzen, sondern ihn in eine Situation zu führen, in der sich dieser beruhigen kann. Somit soll dem Angreifer die Chance gegeben werden, Einsicht zu erlangen und von einem weiteren Angriff abzusehen. Dennoch verfügt ein Aikidōka über Möglichkeiten, einen Angreifer erheblich zu schädigen oder ihn zu töten. Morihei Ueshiba formulierte dies wie folgt:

„Wahres Budō dient jedoch nicht einfach dazu, den Gegner zu zerstören; es ist viel besser, einen Angreifer geistig zu besiegen, so dass er seinen Angriff gerne aufgibt.“

Morihei Ueshiba: Budō

„Wenn du angegriffen wirst, schließe deinen Gegner ins Herz.“

Morihei Ueshiba

Strategie

Die Strategie im Aikidō bezieht sich auf die Anwendung zielgerichteter geeigneter Prinzipien und Mittel aus dem Handlungsrepertoire der Kampfkunst Aikidō; vergleiche Kampfkunst in Gegensatz zu Kampfsport. Daneben existieren andere Betrachtungsweisen des Aikidō, wie Sport, Energiearbeit, Körper & Gesundheit etc., welche ebenfalls mit Handlungen und Bewegungsfolgen im Aikido in Zusammenhang gebracht werden können. Diese Betrachtungen werden hingegen nicht näher behandelt.

geistig-ethischer Hintergrund des Begründers des Aikidō, Morihei Ueshiba

Strategische und taktische Überlegungen beinhalten immer auch moralisch-ethische Werte der kämpfenden Parteien. Die meisten gesellschaftlichen und moralischen Werte sind Veränderungen unterworfen. Der grundlegendste Wert ist dem Leben inhärent: Das Leben nicht zu zerstören und damit die Entwicklung eines Lebewesens zu beenden, sondern Leben zu erhalten und die Entwicklung aller Lebewesen hin zur Vollendung ihrer naturgegebenen Aufgabe zu fördern.
Als Teilnehmer am russisch-japanischen Krieg erlebte der Begründer des Aikidō, Morihei Ueshiba, Kriegsgreuel, Tod und Vernichtung. Er erkannte die Sinnlosigkeit kriegerischen Tuns. Durch seine Freundschaft zu Onisaburō Deguchi, dem Mitbegründer der religiösen Ōmoto-kyō-Sekte, entwickelte sich Ueshiba persönlich in geistiger und ethischer Hinsicht nach den Prinzipien und der Lehre dieser Sekte. Basierend auf seiner persönlichen Entwicklung definierte er die Strategie im Aikidō, dass diese immer und unter allen Umständen der Gewaltfreiheit untergeordnet sei.

"Wahres Budo dient nicht dazu, den Gegner zu zerstören; es ist viel besser einen Angreifer geistig zu besiegen, so dass er seinen Angriff gerne aufgibt." - das Zitat wird Morihei Ueshiba zugeschrieben.

der Konflikt - Ausgangslage, ethische Einstellung und Lösung

Der Gedanke hinter jeder Auseinandersetzung ist die machtbezogene Überlegenheit über die Gegenpartei, bzw. die Angst vor Unterlegenheit. Eine Deeskalation hat zum Ziel, den Konflikt zu klären und konstruktiv zu lösen. Vielfach lassen sich Konflikte nicht deeskalieren und es kommt unabwendbar, wegen fehlender funktionierender alternativer Mittel, zur Eskalation.
Die japanische Kultur, Religion, wie auch die Kriegskunst auf dem Schlachtfeld sind wesentlich auch von Erkenntnissen chinesischer Kulturgelehrter und Kriegsherren beeinflusst. In der Überlieferung wird der chinesische General Sunzi („Meister Sun“) aus seinen Schriften zitiert: „Angriff ist die beste Verteidigung“.
Wenn in einem Konflikt eine Deeskalation unmöglich geworden ist und andere Mittel zur Abwendung einer Auseinandersetzung ausgeschlossen sind, verbleiben im Ausschlussverfahren nur die Kapitulation oder der Schritt zum Angriff, falls genügend geeignete Mittel zur Verfügung stehen.

Vorteil durch Initiative

Der Angriff beginnt mit der Offensive des Aggressors. Im Zweikampf ist dies die initiale Angriffsbewegung. Den Kern der Initiative in den Kampfkünsten ist es, dieser Initialbewegung Sekundenbruchteile nach der Entscheidungsfindung, jedoch noch vor der Umsetzung, zuvor zu kommen. Der Aikidō-Praktikant tritt von sich aus auf den Aggressor zu, bis er sich in dessen Handlungssphäre befindet, wodurch dessen Entscheidung zum Angriff vorweg genommen wird. Die Handlungssphäre ist jener Bereich um eine Person herum, in welcher sie selber durch eigene Bewegungen tätig werden kann.
Der Vorteil dieser initialen Handlung durch den Aikidō-Praktikanten besteht in der Wahl des Zeitpunkts und des Ortes des Beginns der Auseinandersetzung. Damit eng verbunden ist die unmittelbare Auslösung des latenten Angriffs seitens des Aggressors. Durch diese Initiative verfällt der Aggressor aus der Rolle des Angreifers in eine Rolle, in welcher er sich seiner Haut erwehren muss. Die für ihn zuvor vermeintlich vorteilhafte Situation, in welcher er mit seinem Angriff die Oberhand gewinnt, zerfällt ins Gegenteil. Es liegt in der menschlichen Natur, sich in einem solchen Moment stark von Reflexen und Instinkten, statt von rationalem, strategischem und taktischen Denken leiten zu lassen.
Alle Budōka bedienen sich in dieser Hinsicht ähnlicher Vorgehensweisen.

Gnade im Zweikampf

Das Streben im Kampf nach Überlegenheit über die Gegenpartei beinhalten im Kern immer die Dualität von Sieg und Unterlegenheit. Die vermeintliche Lösung jedes Konflikts ergibt darum zwangsläufig die Einteilung in Sieger und Besiegte, egal ob gekämpft wurde, oder ob eine Kapitulation erfolgte. Die machtbezogene Überlegenheit des Siegers bleibt erhalten. Die Unterlegenheit birgt in sich den Keim von Rache und Vergeltung.
Wichtiges strategisches Element im Aikidō bildet die Auflösung der Verliererrolle der unterlegenen Partei sowie der Gewährleistung ihrer körperlichen Unversehrtheit. Ein Gedanke an Rache und Vergeltung wird dadurch hinfällig. Durch seine innere Einstellung und Bereitschaft, selbst einem Angreifer gegenüber Gnade walten zu lassen, löst der Aikidōka diese Dualität auf, damit eine Lösung des Konflikts möglich wird, bei welcher der Aggressor zur Erkenntnis gelangen kann, dass ihm das Geschenk des Überlebens zuteil geworden ist und jeglicher Angriff nutzlos ist (vergleiche: Abschnitt Zen – die Natur aller Dinge).

Schwertkampf – Strategie und Lehre aus der Überlieferung

Morihei Ueshiba studierte viele Kampfkünste (siehe: Morihei Ueshiba – Literatur). Moralische Betrachtungen im Aikidō sind wesentlich beeinflusst von der Ethik Onisaburō Deguchis und der religiösen Ōmoto-kyō-Sekte sowie der Loyalität und Hingabe der Samurai.
Die Bewegungsabläufe im Aikidō stammen hingegen aus dem Schwertkampf, wie auch aus dessen strategischer und taktischer Verfahren. Einer der geachtetsten Lehrer der Schwertkünste im japanischen Mittelalter war Yagyu Munenori (1571 – 1646).
Yagyu Munenori definierte das Ken-Tai: die Angriffs- und Lauerstellung.
‚Ken‘ bezeichnet den sofortigen und unmittelbaren Angriff, furchtlos und mit klarem Geist.
‚Tai‘ bezieht sich auf die Zurückhaltung, die Lauerstellung; nicht notwendigerweise zuerst zuzuschlagen, sondern den Angriff des Gegners abzuwarten.

In einer Duellsituation den eigenen Körper in eine Ken-Stellung zu bringen hat zum Ziel, den Gegner zum ersten Streich zu verleiten. Dabei soll der eigene Geist furchtlos und klar in einer Tai-Stellung (Lauerstellung) verbleiben. Wenn sich nun beide Dinge – Ken und Tai – gleichzeitig ergeben und das Prinzip korrekt angewandt wird, wird der Kontrahent zum Angriff verleitet, wodurch er Lücken für Gegenmaßnahmen öffnet. Wird hingegen der Körper zusammen mit dem Geist in Ken-Stellung versetzt, ist auch der Geist mit dem Angriff, mit Zerstörung und Tod verbunden. Der Geist wird gebunden.
Das strategische Vorteilsmoment der korrekten Umsetzung von Ken-Tai besteht nun im ungebundenen, unverhafteten Geist (Tai) und im Auslösen des Angriffs mittels Ken-Stellung (siehe Sunzi – Angriff ist die beste Verteidigung), was den vollumfänglichen Überblick und die volle Bewegungsfreiheit erhält und es erlaubt, als zweiter den Schwertstreich in die Öffnung der Deckung des Gegners zu führen. Yagyu Munenori definierte in seiner Lehre verschiedene Übungsformen zur Anwendung des Schwerts im Kampf. Diese können mit der erforderlichen Detailkenntnis als Ichi-no-tachi, Ni-no-tachi, San-no-tachi, Yon-no-tachi und Go-no-tachi identifiziert werden.
Diese duellartigen Übungssequenzen sind noch immer in verschiedenen Aikidō-Verbänden, u.a. Aikikai, Inhalt des Unterrichts im Aiki-Ken (Anwendung des Bokken im Aikidō). Der didaktische Inhalt schult speziell das Ken-Tai; das bewusste Auslösen eines Angriffs mittels der eigenen Körperhaltung unter gleichzeitiger größtmöglicher Gelassenheit des Geistes. Dies führt zur Erkenntnis der Lücken in der Deckung des angreifenden Kontrahenten. Der Schluss jeder Duellsequenz besteht in einer Situation, in welcher der als zweiter den Streich führende und das Ken-Tai beherrschende Schwertkämpfer seinem Kontrahenten vor Augen führt, dass seine Angriffe wirkungslos sind und er lediglich ein Spielball seiner offensiven Einstellung und seiner Aggression ist.
Morihei Ueshiba fügte als sechste Übungssequenz jene des Ki-musubi-no-tachi den vorangehenden hinzu. Inhalt dieser Sequenz besteht, gleich der voran gehenden, darin, den Opponenten durch Ken-Tai zum Angriff zu verleiten, diesem jedoch schlussendlich, statt mit einem angedeuteten finalen Streich den Tod vor Augen zu führen, mittels ‚Ki-musubi‘ (Verschmelzung des eigenen mit dem Ki des Kontrahenten) unmissverständlich zu verstehen zu geben, dass er keine weitere Angriffsbewegung mehr ausführen kann, ohne sich selbst zu töten. Dabei ist die Schlussposition diejenige einer an sich harmlos erscheinenden Blockade seiner schwertführenden Arme (technisch: Osae) und wird derart ausgeführt, dass durch jegliche weitere Angriffsbewegung des Opponenten diesen in eine instabile Körperhaltung bringt, und er sich damit unweigerlich selbst töten würde.
Diese Schulungsformen aus der Überlieferung des Schwertkampfes haben sich tausendfach in der Praxis bewährt. Die Ergänzung zur Form Ki-musubi-no-tachi als Schlüsselelement der didaktischen Mittel durch Morihei Ueshiba erfolgte aus persönlicher Überzeugung .

Zen – die Natur aller Dinge

Als Element aus den Betrachtungen der Welt des Zen-Buddhismus sei der Gedanke „Die Natur aller Dinge“ entlehnt. Will man die Natur aller Dinge erkennen, ist es erforderlich, auch allen Dingen ihre inhärente Natur zu belassen, diese nicht zu beeinflussen, noch sie zu verändern versuchen. Der Geist strebt darin eine Ebene der Gelassenheit und Harmonie mit allen Dingen an.
In vielen Konflikten kann ein Angreifer nicht mehr friedfertig gestimmt werden. Sein Angriff lässt sich nicht aufhalten. Hat der Angriff begonnen, sollen Bewegungen des Angreifers frei bleiben und diese lediglich gelenkt, nicht jedoch verhindert oder geblockt werden. Verhindern bedeutet Konfrontation mit Gewalt und Kraft, wobei der Kräftigere obsiegt, der Schwächere unterliegt. Die Angriffsbewegung zu lenken bedeutet, ihr ihre Natur zu belassen und beim Kontrahenten lediglich aufmerksam (Tai-Geist) und gelassen die Deckung zu öffnen und geeignete Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Harmonisierung beutet eine Synchronisation mit der Angriffsbewegung. Aikidō wird aufgrund des Fehlens opponenter Einwirkung auf die Angriffsbewegung oftmals verglichen mit „Zen in Bewegung“.

Jede Betrachtung und Einteilung in gut und schlecht ist mit Gefühlen verbunden. Ebenso leisten Angst, wie auch Aggression einen Beitrag zu emotionaler Instabilität, was das Reaktionsvermögen negativ beeinflusst. Aggressionslosigkeit, Mut und natürlich die erforderlichen technischen Fähigkeiten im Kampf hingegen leisten einen großen Beitrag zur emotionalen Stabilität, zu klarer Erkenntnis der allgemeinen und momentanen Situation und erhalten den erforderlichen Überblick und das Aktions- und Reaktionsvermögen – siehe: Ken-Tai.
Mit dieser Sichtweise lässt sich die Dualität und die Einteilung in gut und schlecht auflösen. Damit entfällt ebenso eine emotionale Verhaftung mit der eigenen Angst und der Aggression dem Kontrahenten gegenüber. Das Aktions- und Reaktionsvermögen bleibt im Rahmen der eigenen Befähigung erhalten.
Die Gewährleistung der körperlichen Unversehrtheit und Integrität des Angreifers garantiert die Auflösung des Gewaltgedankens seitens des Aggressors und fördert die beiderseitige Einkehr geistigen Friedens.

Zusammenfassung

Jede Betrachtung und Einteilung in gut und schlecht ist mit Gefühlen verbunden. Ebenso leisten Angst und Aggression einen Beitrag zu emotionaler Instabilität, was das Reaktionsvermögen negativ beeinflusst.
Aggressionslosigkeit, Mut und natürlich die ebenso erforderlichen technischen Fähigkeiten im Kampf hingegen leisten einen großen Beitrag zur emotionalen Stabilität, zu klarer Erkenntnis der allgemeinen und taktischen Situation - siehe: Ken-Tai.
Mit der beschriebenen Logik lässt sich die Dualität und die Einteilung in gut und schlecht auflösen. Damit verbunden entfällt ebenso eine emotionale Verhaftung mit der eigenen Angst oder der Aggression dem Kontrahenten gegenüber. Das Aktions- und Reaktionsvermögen bleibt erhalten.
Die Gewährleistung der körperlichen Unversehrtheit und Integrität des Angreifers garantiert die Auflösung des Gewaltgedankens und fördert die beiderseitige Einkehr geistigen Friedens. Initiative durch Auslösen des Angriffs mittels Ken-Stellung dient der Wahl des Zeitpunkts und des Ortes und der ruhige Überblick über die Gesamtsituation durch geistige Gelassenheit und Aufrechterhaltung der Lauerstellung mittels Tai-Einstellung sowie durch sofortiges Erkennen der Öffnungen der Deckung beim Kontrahenten (Ken-Tai) dienen dem taktischen Vorteil, wenn der Angriff beginnt.
Das, wenn nötig, auch wiederholte Zulassen eines Angriffs und die Harmonisierung, Synchronisation mit und Lenkung der Angriffsbewegung und die Umsetzung durch das Ausüben der vollen Kontrolle über die Bewegungen des Angreifers, ohne primäres Interesse dessen Schädigung und mit einer gütigen Geisteshaltung (Zen, Gnade), wirken deeskalierend auch während die Auseinandersetzung ihren Fortgang nimmt.
Das Verhindern des Gesichtsverlustes durch Applikation der Techniken in einer Weise, welche die körperliche Unversehrtheit und Integrität des Aggressors sicherstellt, ermöglicht schlussendlich die Erkenntnis beim Angreifer über die Nutzlosigkeit seines Tuns und zeigt ihm die einzige erstrebenswerte Lösung des Konflikts: das sofortige Beenden der Auseinandersetzung und Einkehr geistigen Friedens.

Taktische Applikation

Die Ausführung der Techniken im Aikidō basieren auf Bewegungen des Schwert- und Stockkampfes. In ihrer Ursprünglichkeit lassen sich alle Techniken des Aikidō auf Schneide-, Blockade- und Hebelbewegung mit dem Schwert (Bokken), bzw. dem Stock (Jo) zurück führen. Ferner gilt als ausführendes Element bei der Applikation die Widerstandslosigkeit einer Technik als erstrebenswert. Der Grund liegt darin, dass nur eine widerstandslos ausgeführte Aikidō-Technik das größtmögliche Bewegungsmoment des Angreifers erhält, ohne konfrontativ und damit energieverzehrend zu wirken und dies dem Aikidōka (Aikidō-Ausübender) ermöglicht, von sich aus nur lenkenden Einfluss ohne Gewaltanwendung auszuüben.
Unterschiede bei der Ausführung in den verschiedenen Aikidō-Stilen, und selbst auf nationaler Ebene innerhalb eines Lehrstils, lassen sich darauf zurück führen, dass deren Lehrbeauftragte aus didaktischen Gründen oder aus Selbsterfahrung und eigenem Verständnis oftmals unterschiedliche Konzepte der Bewegungsabläufe eines Angreifer definierten:
Beispielsweise kann ein Angreifer einen beliebigen Initialangriff ausführen, welcher von einem Aikidōka durch Ausweichen oder anderweitig neutralisiert wird. Ob der Angreifer nun kurze Zeit zuwartet, ob er überhaupt keine Bewegung ausführt, ob er seinen Angriff komplett abbricht oder seinen Angriff durch weitere Bewegungsfolgen wieder aufnimmt, hängt nicht vom Aikidōka ab, sondern vom Angreifer. Ausschließlich aufgrund dieser Taktiken appliziert der Aikidō-Ausübende weitere Gegenmaßnahmen.
Im Folgenden seien unterschiedliche taktische Applikationen einer Technik erläutert: Ein Angriff erfolgt mit Tsudan-Zuki – Stich mit einem Messer oder Boxhieb gegen die Körpermitte des Aikidōka. Dieser neutralisiert den Initialangriff durch eine Ausweichbewegung auf die äußere Seite des Arms des Angreifers und berührt diese nur leicht mit seiner dem Angreifer näher liegenden Hand. Diese Kontaktaufnahme dient der Positionsbestimmung und der taktilen Wahrnehmung der Folgebewegung des Angreifers.

  • Zieht der Angreifer seinen ausgestreckten Arm ruckartig zurück, hat der Aikidōka die Möglichkeit, Gegenmaßnahmen in Reaktion darauf einzuleiten. Hier sei angenommen, es erfolgt die Technik Kote gaeshi mit Wirkung in der der Initialbewegung 180 Grad entgegengesetzten Richtung.
  • Zieht der Angreifer den Arm nicht zurück, sondern führt einen Folgeangriff mit derselben Hand (beispielsweise bei einem Messerangriff) aus, steht dem Aikidōka ebenfalls als Gegenmaßnahme die Technik Kote gaeshi zur Verfügung – in diesem Fall als Reaktion in der Weiterführung der Angriffsbewegung und ausgeführt aus seiner weiterführenden Drehbewegung.
  • Zieht der Angreifer den Arm nicht zurück, sondern führt einen Folgeangriff mit seiner zweiten Hand aus (Beispielsweise im Boxkampf), steht dem Aikidōka, neben vielen anderen Möglichkeiten, auch die Technik Kote gaeshi als Maßnahme zur Verfügung; in diesem Fall ebenfalls reaktiv und aus seiner weiterführenden Drehbewegung.
  • Zieht der Angreifer den Arm nicht zurück, sondern bleibt beispielsweise aus Überraschung einen kurzen Moment stehen, kann der Aikidōka die Technik Kote gaeshi auf die Hand, proaktiv in diese zeitliche Lücke hinein, ausführen mit Drehpunkt direkt auf der Faust des Angreifers.
  • Alternativ zur proaktiven Anwendung von Kote gaeshi kann der Aikidō-Ausübende mit der Applikation von Atemi-Waza (Schlag- bzw. Perkussionstechnik, wörtlich: Körpertreffer) den Kontrahenten dazu bringen, eine Abwehr- oder Folgebewegung auszuführen. Dabei liegt das Ziel von Atemi-Waza darin, den Kontrahenten lediglich zur reflexartigen Ausführung einer Bewegung zu verleiten, durch deren Weiterführung der Aikidōka wiederum eine zweckdienlichen Technik ansetzen kann.


Alle erwähnten Anwendungen dieser Technik sind in ihrem Wirkprinzip dieselben: Es erfolgt eine Handgelenkdrehung einwärts, was wuchtig ausgeführt den Angreifer zu einem Überschlag mit Drehpunkt auf der Höhe seines Unterarms verleitet (siehe: Kote gaeshi). Dieser Überschlag entsteht nicht primär darum, weil ein Hebel auf das Handgelenk wirkt, sondern er stellt einen Reflex des Angreifers dar, der damit eine Schädigung seines Handgelenks verhindern will. Der Überschlag entsteht somit vorteilhafter weise, bevor der Hebel seine Wirkung ins Handgelenk entfaltet. Diese potentielle Wirkung im Falle eines Zögerns kann nur taktil wahrgenommen werden. Für eine vom Verstand kontrollierte Erfassung treten die Gegenmaßnahmen viel zu schnell ein.

Alle Anwendungen sind ohne eine körperliche Schädigung des Angreifers richtig und korrekt ausgeführt, weil sie die moralischen und strategischen Grundlagen des Aikidō berücksichtigen. Unterschiede liegen darin, dass im jeweiligen Aikidō-Verband seitens der technischen Lehrbeauftragten unterschiedliche didaktische Vorgehensweisen argumentiert und andere taktische Applikationen favorisiert werden.

Technik

Die Techniken des Aikidō machen sich physikalische Prinzipien (wie z. B.: Achsen, Hebel, Kinetik) zu Nutze, wobei die Bewegungsmuster von Schwerttechniken mit dem japanischen Katana abgeleitet sind (Ziehen, Schnitt einhändig, Schnitt zweihändig, u. a. m.). Mit fortschreitendem Training tritt Körperkraft immer mehr in den Hintergrund und wird durch Genauigkeit, Beweglichkeit und Konzentration ersetzt. Der Angriff wird im Gegensatz zu vielen anderen Kampfkünsten nicht geblockt, sondern so umgelenkt, dass der Verteidiger daraus einen Vorteil erlangt. Dabei werden im Wesentlichen zwei Prinzipien verwendet, irimi und tenkan. Irimi ist das Prinzip des „in den Angriff Eintretens und mit ihm Harmonisierens“, während man mit tenkan den Angriff mit einer Drehbewegung vorbeilässt und dabei mit ihm harmonisiert.

Morihei Ueshiba

Im Aikidō soll das Kokyū (呼吸), die Atemkraft, der Muskelkraft des körperlich Stärkeren überlegen sein. Genauer bezeichnet ist Kokyū der Atem, Kokyū dōsa (呼吸動作) heißt Atemkraftbewegung aus dem Seiza und Kokyū-Hō ist eine Übung zur Entwicklung der Atemkraft. Dabei ist mit Atemkraft nicht die Lungenleistung gemeint, sondern die Körperspannung (Tonus), welche in direkter Weise mit Hilfe der Atemkraft reguliert werden kann. Erstrebenswert ist ein mittleres Spannungsverhältnis zwischen hohem Tonus (Härte), welcher zur Lenkung der Bewegung beim Partner erforderlich ist, und geringem Tonus (Weichheit), welcher zur Wahrnehmung der Angriffsdynamik und zum strategischen Nachgeben verwandt wird.

Beim Umsetzen der Techniken wird zum Lenken der Angriffsbewegung der taktilen Wahrnehmung hoher Stellenwert beigemessen. Dabei steht nicht primär die Muskelkraft im Vordergrund, sondern die Wahrnehmung der dynamischen Bewegungsrichtung des Angriffs.

Aikidō kann von Menschen jeder Größe und jeden Alters praktiziert werden, wobei die körperliche Beanspruchung nicht unterschätzt werden sollte. Da die meisten Techniken an den Gelenken angreifen, sind diese einer höheren Belastung ausgesetzt. Ein gutes Aufwärmen und Dehnen ist zwingend notwendig. Das für Europäer ungewohnte Üben auf den Knien belastet diese besonders. Doch der respektvolle Umgang mit dem Partner und die beim Üben festgelegten Rollen ermöglichen das Üben in jedem Alter und Leistungsstand.

Aikidō ist eine der schwerer erlernbaren Kampfkünste. Ein Schüler benötigt mehrere Jahre Übung, bis er in der Lage ist, sich wirksam zu verteidigen. Die Perfektionierung der Selbstverteidigung ist aber nicht das alleinige Ziel des Aikidō-Trainings. Einige Aikidoka sehen in einer effizienten Verteidigung nur einen Nebeneffekt in der Entwicklung des Aiki. Daher lehnen die meisten Stilrichtungen Aikidō als reine Technik zur Selbstverteidigung ab, glauben jedoch, dass Aikidō geeignet ist, effektiv zur Verteidigung eingesetzt zu werden. Da Aikidō die harmonische Auflösung einer Konfliktsituation anstrebt, kann einem Aikidoka der Kontrahent nicht egal sein, da seine Angriffsenergie für eine effektive Verteidigung intuitiv erkannt und umgeleitet werden muss.

Da Ueshiba, der von den Aikidōka O-Sensei (翁先生, japanisch: Altehrwürdiger Lehrer, oft auch Großer Lehrer, 大先生) genannt wird, ein Experte in der Handhabung von Schwert (Katana), Speer und Stab/Stock (/) sowie auch im Jiu Jitsu und anderen Kampfkünsten war, beinhalten die Techniken des Aikidō zahlreiche raumgreifende und fließende Bewegungen. Diese Bewegungen werden zum Teil auch mit den althergebrachten Namen aus diesen Kampfkünsten bezeichnet.

Stile

Morihei Ueshiba begann als Jugendlicher Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Studium einzelner Budō-Disziplinen. Nachweislich studierte er Anfang des 20. Jahrhunderts Tenjin Shinyo ryu Jujutsu, Goto-ha Yagyu Shingan ryu Jujutsu, kurzzeitig Judo und vor allem ab 1915 Daitō-Ryū Aiki-Jūjutsu bei Sokaku Takeda. 1919 kam er mit der neo-shintoistischen Bewegung Ōmoto-kyo in Berührung, deren Lehren seine Interpretation von Budō entscheidend mitbeeinflusst haben und daher für die Entstehung des Aikidō als wesentlich anzusehen sind. Bis zu seinem Tode entwickelte Ueshiba sein Aikidō weiter, wobei seine Kunst immer weicher und harmonischer wurde. Da er im Laufe seines Lebens viele Schüler hatte und diese ihn zu verschiedenen Zeitpunkten (Entwicklungsphasen des Aikidō) verließen, entwickelten sich daraus verschiedene Interpretationen des Aikidō von Morihei Ueshiba. Diese sind unter anderem Grund der verschiedenen Stile im Aikidō. Es gibt Stilrichtungen, welche einem einzigen Lehrer folgen, und Stilrichtungen, welche mehr einem Verbund von Lehrern folgen. Die folgende Tabelle stellt bekannte Stile und ihre Begründer dar:

Stil/Organisation Begründer Lebenszeit
Aikikai Morihei Ueshiba 1883–1969
Aikido Yuishinkai Koretoshi Maruyama * 1936
Aiki-Osaka Hirokazu Kobayashi 1929–1998
Dynamic Aikido Nocquet John Emmerson
Takemusu Aikido (Iwama Ryu) Morihiro Saitō 1928–2002
Iwama Shinshin Aiki Hitohiro Saitō * 1957
Kōrindō Hirai Minoru 1903–1998
Nishio Ryu Shoji Nishio 1927–2005
Shin-Shin-Tōitsu-Aikidō Kōichi Tōhei 1920–2011
Shinei Taido Noriaki Inoue 1902–1994
Shodokan Kenji Tomiki 1900–1979
Tendoryu Kenji Shimizu * 1940
Yoseikan Minoru Mochizuki 1907–2003
Yoshinkan Gōzō Shioda 1915–1994

Neben diesen Aikido-Stilen leiteten einige Schüler von Morihei Ueshiba aus dem Aikido neue Bewegungslehren ab, die teilweise den Bezug auf Aikidō nicht mehr in der Bezeichnung benennen, wie beispielsweise das Kinomichi von Masamichi Noro, der jeden Kampfaspekt in der gemeinsamen Bewegung ablehnt.

Praxis

Aikidō wurde von dem Gründer Morihei Ueshiba nicht als Sport angesehen, sondern vielmehr als Misogi-Waza („mi“ frei übersetzt: Körper; „Misogi“ frei übersetzt: den Körper schälen, raspeln, schneiden). Wettkämpfe sind im Aikidō nicht vorgesehen. Die Partner arbeiten zusammen, damit jeder einzelne seine Technik perfektionieren kann. Neue Graduierungen werden durch Vorführung diverser Techniken erreicht, ohne dass die Partner dabei als Gegner miteinander kämpfen.

Die Übungseinheiten bestehen zum überwiegenden Teil aus Kata-Geiko: Die Rollen von Angreifer und Verteidiger sind festgelegt, so wie Angriff und Verteidigung meist vorgegeben werden. Erst als fortgeschrittener Aikidōka beginnt man, sich langsam von der Form zu lösen; zunächst sind, z. B. im freien Üben, Angriff und Verteidigung nicht mehr streng vorgeschrieben, später beginnt man, die Rollenaufteilung in Uke und Nage/Tori zu überwinden.

Während in einigen Stilen nur im Zusammenhang mit Bokken, von Kata gesprochen wird, sind in den meisten Stilen des Aikidō Kata mit Partnern, also Kata-Geiko die zentrale Übungsform.

Der Aikidōka achtet darauf, in den eigenen Bewegungen frei zu werden und nicht mehr über jeden einzelnen Schritt nachzudenken. Die Bewegungsabläufe sollen sich im Unterbewusstsein festigen. Regelmäßiges Üben verbessert die Beweglichkeit und fördert durch komplexe Bewegungsabläufe Konzentration, Koordination, Grob- und Feinmotorik sowie das körperliche und geistige Wohlbefinden.

Übungskleidung

Als Kleidung wird beim Üben der Ende des 19. Jahrhunderts von Jigorō Kanō, dem Begründer des Jūdō, eingeführte Keiko-Gi getragen. Fortgeschrittenere Schüler tragen darüber eine Art Hosenrock, Hakama genannt. Anders als heute, wo in verschiedenen Stilrichtungen Aikidōka erst ab dem 1. Dan (Fortgeschrittenen- oder Meistergrad) einen Hakama tragen, war es früher üblich, dass jeder Aikidōka von Anfang an einen Hakama trug. Diese Änderung stammt aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Da während dieser Zeit die Stoffe für viele Schüler Morihei Ueshibas zu teuer waren, baten sie bei Ueshiba um Erlaubnis, ohne einen Hakama am Unterricht teilnehmen zu dürfen. Deshalb ist es in sehr vielen Dōjō üblich, dass die Schüler bis zum Erreichen des ersten Dan oder zumindest bis zu einem der höheren Kyū (Schülergrad) ohne Hakama Aikidō üben. Die Farbe des Hakama war ebenfalls unerheblich, während heute beim Aikidō zumeist schwarze oder dunkelblaue Hakama getragen werden.

Ab wann ein Hakama zu tragen ist, entscheidet die jeweilige Schule oder der Verband. Das bedeutet, dass der Hakama nicht unbedingt ein Rangabzeichen ist. Die Kyūgrade werden i. d. R. durch einen weißen Gürtel kenntlich gemacht. Auf eine optische Unterscheidung in der Graduierung der Mudansha wird dabei verzichtet. Es gibt nur wenige Stilrichtungen/Verbände, die eine Unterscheidung durch Gürtelfarben (angelehnt an das System anderer Kampfkünste, wie Judō u. s. w.) eingeführt haben.

Ausrüstung

Aikidōtraining findet größtenteils ohne Übungswaffen statt, doch die drei Waffen Bokken, und Tantō, üblicherweise hölzerne Trainingswaffen, spielen eine wichtige Rolle. Sie werden verwendet, da viele Bewegungen und Techniken im Aikidō von Waffentechniken wie Schwert- oder Stocktechniken abgeleitet sind, und dadurch die waffenlosen Bewegungsabläufe selbst besser verstanden und verinnerlicht werden können. Je nach Stilrichtung variiert die Bedeutung des Waffentrainings.

Ablauf

Aikidōka mit Hakama in Seiza sitzend.

Im Dōjō sitzen die Schüler aufmerksam im Seiza, während der Lehrer die Übungsformen präsentiert.

Danach üben meistens zwei Partner miteinander. Im regelmäßigen Wechsel nimmt eine Person die Rolle des Angreifers (Uke) ein und die andere Person die Rolle des Angegriffenen bzw. Verteidigers (Nage oder Tori). Nage führt eine Technik gegenüber Uke aus. Nach in der Regel zwei oder vier Wiederholungen der jeweiligen Technik vertauschen die Partner ihre Rollen als Uke und Nage.

Die Angriffe bestehen vorwiegend aus Schlägen, Halte- und Würgegriffen. Die Technik selbst ist zumeist in drei Teile gegliedert. Dem Aufnehmen/Vorbeileiten der Angriffsenergie (siehe auch Tai no henkō), der Weiterführung der Energie bis zum Verlust des Gleichgewichts (des Uke) und der Abschlusstechnik, die aus einem Wurf – auch mit anschließender Haltetechnik – oder nur einer Haltetechnik bestehen kann.

Dabei kann das Aufnehmen und Vorbeileiten des Angriffs auf mehrere Weisen erfolgen. Nage (der Verteidiger) kann durch eine Ausweichbewegung (tai sabaki – „bewegen in verschiedene Richtungen“) und einen anschließenden Schritt nahe zum Angreifer hin (omote oder ura – „eintreten in verschiedene Positionen zum Uke hin“) sich mit der Energie des Angriffs harmonisieren. Danach wird, durch die Weiterführung der Angriffsenergie in eine durch Nage bestimmte Richtung, das Gleichgewicht von Uke gestört. Oft finden auch angedeutete Stoß- und Schlagtechniken (atemi) zur Störung des Gleichgewichts Verwendung. Sobald Uke die eigene Kontrolle über seinen Körper verloren hat, ist es nicht mehr schwer, die Bewegung durch einen Wurf oder mit einem Haltegriff zu beenden.

Es gibt auch Übungen, in denen Techniken gegen mehrere Partner gleichzeitig geübt werden (randori), und Übungen, bei denen die Technik frei gewählt werden kann (jiyuwaza).

Siehe auch

Referenzen und Belege (Abschnitt Strategie)

  • Yagyu Munenori: Der Weg des Samurai, Pieper, 5. Auflage 2008, ISBN 978-3-492-23631-7.
  • Thomas Preston:, Samurai-Geist - Der Weg eines Kriegers in den japanischen Kampfkünsten, Kristkeitz, ISBN 3-921508-38-X

Literatur

Weblinks

 Commons: Aikido – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Allgemein
Jugendseiten
Online-Bücher
Weiterführende Weblinks in englischer Sprache

Anmerkungen

  1. Die Schriftzeichen werden auch schlichter als Einheit und Energie, Kraft sowie Weg, Methode übersetzt.
Dies ist ein als lesenswert ausgezeichneter Artikel.
Dieser Artikel wurde am 31. Juli 2005 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen.

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