Erbpacht

Erbpacht

Die Erbpacht (auch: Erbzinsleihe, Emphyteuse) war eine deutschrechtliche Form des Grundbesitzes. Die Erbpacht ist in Deutschland heute gesetzlich verboten. Die Erbpacht war nach Inkrafttreten des BGB am 1. Januar 1900 gem. Art. 63 EGBGB nur landesrechtlich (vor allem in Mecklenburg und Schleswig-Holstein) beschränkt zulässig. Das Kontrollratsgesetz Nr. 45 Art. X verbot sie 1947 unter Aufhebung des Art. 63 EGBGB ganz. Umgangssprachlich wird allerdings auch das Erbbaurecht an Baugrundstücken häufig als „Erbpacht“ bezeichnet.

Definition

Bei der Erbpacht war das Eigentumsrecht und das Nutzungsrecht dauerhaft voneinander getrennt. Das Nutzungsrecht bestand aus einem veräußerlichen und vererblichen dinglichen Recht gegen Verpflichtung zu bestimmten Leistungen.

Bei Antritt der Erbpacht (auch: Erbstand, Erbbestand) zahlte der Erbpächter (auch: Erbbeständer, Grundhold, Erbmeier, Erbrechter, Erbzinsmann) an den Grundeigentümer (auch: Erbverpächter, Vererbpächter) ein Erbbestandsgeld (auch: Erbstandsgeld), das eine Art Kaufgeld für das ihm überlassene Inventar bildete. Alljährlich hat er eine Rente (Kanon, Erbzins) in Naturalien (Naturalzins) oder Geld oder als Geldzins in Roggenwert zu entrichten. Der Erbpächter war in der Regel verpflichtet, auf dem Gute zu wohnen, hatte dasselbe in gutem Zustand zu erhalten und durfte es nur mit Genehmigung des Obereigentümers unterteilen.

Wenn der Vertrag oder die gesetzliche Erbordnung nichts anderes bestimmte, konnte der Erbpächter das Gut frei veräußern, verpfänden und vererben. Die Genehmigung zur Verpfändung musste der Grundherr erteilen, wenn die Verpfändung zum Vorteil des Gutes diente. Das Gut ging im Erbgang ungeteilt auf den Anerben über, der zur Anerkennung ein Laudemium, Mortuarium (Lehnware) an die Grundherrschaft zu entrichten und von dieser einen Leihebrief einholen musste. Jedoch waren Erben in absteigender Linie bzw. die Nachkommen von der Entrichtung der Besitzveränderungsabgabe gewöhnlich befreit. Starb die Familie des Erbpächters aus, so fiel das Gut an die Grundherrschaft zurück. Bei schlechter Wirtschaft oder jahrelanger Versäumnis der Zinszahlungen konnte der Obereigentümer den Erbpächter entsetzen („abmeiern“).

Der Erbpächter konnte das Gut für die Dauer des Nutzungsrechts mit Servituten belasten und das Gut frei benutzen. Eine Begrenzung bestand nur insofern, als es zu keiner Verschlechterung des Gutes kommen durfte. Das preußische allgemeine Landrecht (ähnlich das österreichische Recht) unterschied zwischen der Erbpacht und Erbzinsleihe. Solche unwiderrufliche Landleihen gegen festen Zins kamen früher in deutschen und in andern Ländern häufig vor (in Holland unter der Bezeichnung Beklemmrecht).

Die Erbpacht unterschied sich von der Zeitpacht dadurch, dass sie nicht nach Ablauf einer gewissen Zeit erlosch, sondern auf die Erben und Nachfolger des Erbpächters überging. Da die Erbpacht dem freien Eigentum ziemlich nahe stand, war das Verhältnis für die Bewirtschaftung der Güter weit zuträglicher, als das der Zeitpacht, bei welchem der Pächter meistens nur nach dem größtmöglichen Ertrag in der kürzesten Zeit strebte und an der Verbesserung der Güter nur wenig Interesse hatte.

Unterarten des Erbpachtrechts waren das Büdnerrecht, d.h. das Erbpachtrecht an kleinen, noch landwirtschaftlich selbständig benutzbaren Grundstücken, und das Häuslerrecht, Erbpachtrecht an hauptsächlich für Seßhaftmachung landwirtschaftlicher Arbeiter bestimmten Hausstellen (Haus, Hof, Garten).

Entwicklung

Seit Ende des 18. Jahrhundert wurde die Erbpacht in mehreren Ländern dadurch beseitigt, dass alle „ewigen Renten“ gesetzlich für ablöslich und nur die erbliche Überlassung des vollen Eigentums als zulässig erklärt wurden. Die Neubegründung von Erbpachts- und Erbzinsverhältnissen unter Vorbehalt unablöslicher Grundrenten bei Eigentumsübertragungen wurden verboten, so in Frankreich 1789, wo jedoch eine zeitlich beschränkte Erbpacht bis zu 99 Jahren und Pachtverhältnisse auf drei Generationen zugelassen wurden. In Preußen, wurden schon durch das Edikt vom 14. Sept. 1811 die aus der Erbpacht herrührenden Lasten für ablöslich erklärt, die Verfassungsurkunde von 1850 gestattete nur die Übertragung des vollen Eigentums. Ein preußisches Gesetz vom 2. März 1850 regelte die Ablösung und führte die Ablösbarkeit auch in den nach 1866 erworbenen preußischen Landesteilen ein. Schließlich geschah dies auch in Sachsen, Bayern, Württemberg, Oldenburg etc.

In andern Ländern (Sachsen-Altenburg, Sachsen-Gotha, Sachsen-Weimar, Sachsen-Meiningen, Lippe, Braunschweig, Schwarzburg-Rudolstadt etc.) ließ man die Erbpacht bestehen. In beiden Mecklenburgischen Landesteilen bildete sie bis 1918 fast ausschließlich die Form des bäuerlichen Grundbesitzes. In Preußen hat man sich in der neuern Zeit nicht für Wiedereinführung der Erbpacht, sondern für die Einrichtung von Rentengütern entschieden, um die Vorzüge der Erbpacht, ohne deren Nachteile nutzen zu können.

Nach Inkrafttreten des Bürgerliches Gesetzbuchs (BGB) am 1. Januar 1900 wurden durch Art. 63 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch die landesgesetzlichen Vorschriften über das Erbpachtrecht aufrechterhalten, eine Neubegründung eines Erbpachtverhältnisses war nach dieser Vorschrift aber nicht mehr zulässig. Erst durch das Kontrollratsgesetz Nr. 45 Art. X vom 24. April 1947 wurde die Erbpacht in Deutschland unter Aufhebung des Art. 63 EGBGB ganz abgeschafft.

Siehe auch


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