Eremitage (Bayreuth)

Eremitage (Bayreuth)
Neues Schloss der Eremitage mit Sonnentempel

Die Eremitage in Bayreuth ist eine ab 1715 entstandene historische Parkanlage mit Wasserspielen, die zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt gehört. Dort befinden sich auch das sogenannte Alte Schloss, das Neue Schloss mit dem Sonnentempel sowie weitere kleinere Gebäude. Die Eremitage ist offiziell auch ein Ortsteil der kreisfreien Stadt Bayreuth.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung und Geschichte

18. Jahrhundert

Durch Kauf kamen die Bayreuther Markgrafen 1616 in den Besitz eines ausgedehnten, bei der Ortschaft St. Johannis liegenden, Waldgeländes mit einer Gesamtfläcke von knapp 50 ha. Seit 1664 gab es dort einen Tiergarten, ein umzäuntes Waldgebiet, das dem Hofe für die Jagd vorbehalten war. Bereits ein Jahr später begannen Planungen für ein Lusthaus.

Die Eremitage unter Markgraf Georg Wilhelm

Eremitage, Altes Schloss

Ab 1715 entstanden unter Markgraf Georg Wilhelm ein kleines Sommerschlösschen und weitere kleinere Gebäude (Wirtschaftsgebäude, Wasserturm als Speicher für die Brunnenanlagen) als Zentrum einer höfischen Einsiedelei. Die Planungen stammten vom Hofbaumeister Elias Räntz. Obwohl bereits 1719 die Einweihung gefeiert wurde, dauerten die Arbeiten bis 1722, denn aus diesem Jahr sind noch Materiallieferungen belegt. [1]

1718 wurde der sog. Parnass angelegt, auf einem künstlichen Felsen befanden sich Statuen des Apollo und der neun Musen. Sein Name sollte an den gleichnamigen Berg in Griechenland erinnern, der dem Gott Apollo geweiht war. 1720 entstand ein Wohnhaus für den Verwalter, das später den Namen Monplaisir erhielt.

Das Schloss war eine Vierflügelanlage mit einem kleinen Innenhof. In den beiden Seitenflügeln befanden sich je zwölf kleine Räume für die die „Eremiten“ bzw. „Einsiedlerdamen“. Der quer dazu verlaufende Nordflügel enthielt einen prächtigen Saal, seitlich dazu geräumige Wohnungen für den Markgrafen und die Markgräfin. Das Markgrafenehepaar und der Hofstaat spielten Eremitenleben: Tagsüber hielt man sich wie Einsiedler allein in einem der verstreut im Wald liegenden Pavillons auf. Das Abendessen wurde im Schloss eingenommen.[2]

Auf Grund dieses Pseudo-Eremitenlebens des Hofes erhielt die Anlage den Namen Eremitage.

Ausbau unter dem Markgrafenpaar Friedrich und Wilhelmine

Altes Schloss: Blick von der Grotte aus in den Innenhof

Nachdem Markgraf Friedrich im Jahr 1735 nach dem Tode seines Vaters die Regierungsgeschäfte übernommen hatte, schenkte er seiner Gattin Wilhelmine die Eremitage.

Diese machte sich auch unverzüglich an die Erweiterung des kleinen Schlosses um zwei Seitenflügel, den Markgrafen- und den Markgräfinnenflügel. Architekten waren zunächst der Hofbaumeister Johann Friedrich Grael und nach dessen Tod im Jahr 1740 der bauinspektro Johann Georg Weiß.[3] Dort wurden ein japanisches Kabinett, ein Musikzimmer und das Chinesische Spiegelkabinett, in dem sie ihre berühmten Memoiren schrieb, eingerichtet. Zwei der prächtigen Lacktafeln waren ein Geschenk ihres Bruders, Friedrich des Großen. Ab 1737 wurde die Untere Grotte von den Hofbaumeistern Johann Friedrich Grael und Joseph Saint-Pierre erbaut und später daneben die steinerne Eremitage für den Markgrafen.

Untere Grotte

In den Jahren 1749 bis 1753 wurde westlich des bisherigen Schlosses das sogenannte Neue Schloss errichtet. Es besteht aus zwei gebogenen Flügeln, die vom Mittelteil getrennt sind. Dieser trägt eine vergoldete Quadriga. Sie wird gelenkt von einem fackeltragenden Apollo als Sinnbild der Sonne. Deswegen wird das Gebäude meist als Sonnentempel bezeichnet. Zeitgleich entstand das große obere Wasserbecken (Obere Grotte) mit mehreren Figurengruppen umrahmt von Laubengängen (sog Treillagen). Das ganze Ensemble verkörperte die Vier Elemente.

Der Landschaftspark ist ein Kleinod des Rokokos und ein Musterbeispiel der Gartenbaukultur des 18. Jahrhunderts. Er ist abwechslungsreich gestaltet mit einer Grotte, künstlichen Ruinen in Form eines Ruinentheaters (1743), einem antiken Grabmal, der Eremitage für den Markgrafen (1743-45) und einer verlorengegangenen Eremitage für die Markgräfin sowie einer Reihe von Brunnen. In Vorwegnahme der Parks der Romantik entstanden auch viele versteckte Winkel und sich ständig wandelnde An- und Einsichten.

Der Garten ist in geometrische Bezirke mit Bosketten, Alleen und Wasseranlagen eingeteilt. Das Ganze ist halbkreisförmig umgeben von dichtem Laubwald. Wilhelmine folgte barockem Gedankengut, indem sie traditionelle Elemente übernahm (Laubengänge, Wasserspiele und Heckenquartiere). Die einzelnen Teile stehen frei nebeneinander, es fehlt die im Barock übliche Symmetrieachse.

19. Jahrhundert

Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Garten, bereits unter preußischer Herrschaft, verlandschaftlicht und teilweise landwirtschaftlich genutzt. Später kam er nach kurzer französischer Besitznahme unter Napoleon zum Königreich Bayern. Da Bayreuth keine Residenzstadt mehr war, benötigte man auch keinen derartigen Lustgarten und verwertete ihn zum Teil als landwirtschaftliche Nutzfläche.

1830 ließ der bayerische Herzog Pius, der mehrmals die Sommerwochen in der Eremitage verbrachte, die noch bestehende Einsiedeleikapelle bauen. Dann fand die Anlage nur noch sporadisch Verwendung, so beim Besuch des bayerischen Königs Ludwig II. anlässlich der Richard-Wagner-Festspiele im Jahr 1876.

20. Jahrhundert

Im Frühjahr 1945 wurde das Neue Schloss, auch Orangerie genannt, nahezu vollständig durch amerikanische Truppen bei der sonst weitgehend kampflosen Einnahme Bayreuths zerstört. Auch das Alte Schloss und der ehemalige Marstall wurden beschädigt.

Der Wiederaufbau des Neuen Schlosses erfolgte bei den Seitenflügeln nur noch äußerlich. Die Innenräume wurden nicht rekonstruiert.

Ein großer Teil der früher veräußerten Grundstücke wurde zurückgekauft, verloren gegangene Parkteile wurden neu angelegt. Man versuchte, den Park, so wie er am Ende der Markgrafenzeit bestand, wiederherzustellen. So wurde die Kaskade am Nordhang restauriert und der Kanalgarten mit den Bosketten im Südwesten der Anlage wiederhergestellt. Auch der Schneckenberg erhielt wieder eine achteckige Pagode.

Seit 2005 wird/wurde das Alte Schloss umfassend saniert. Der Marmorsaal, das chinesische Spiegelkabinett, das japanische Lackzimmer und weitere prächtige Zimmer des Markgräfinnenflügels sind nun wieder zu besichtigen.

Betreuung der Anlage

Die Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser und Garten betreut die Außenanlagen und die Gebäude.

Heutige Nutzung

Das Alte Schloss dient musealen Zwecken und kann nur im Rahmen einer Führung besichtigt werden.

Im Ostflügel des Neuen Schlosses befindet sich ein Café und die Museumskasse mit Museumsshop. Der Westflügel wird in den Sommermonaten für Kunstausstellungen genutzt. Es kann auch ebenso wie das Zentralgebäude, der Sonnentempel, für kleinere und mittelgroße private Feiern angemietet werden.

Im ehemaligen Marstall befinden sich ein Restaurant und ein Hotel.

Seit dem Jahr 1969 findet regelmäßig das Sommernachtsfest im Park statt. Hierbei kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen mit der Witterung (u. a. Absage wegen Sturmgefahr) und damit verbunden auch zu Defiziten, die von der Stadt getragen werden.

Seit 1982 finden in den Sommermonaten im Ruinentheater Aufführungen der Studiobühne Bayreuth statt.

Weblinks

 Commons: Eremitage Bayreuth – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Erich Bachmann: Eremitage zu Bayreuth. Amtlicher Führer. Neuauflage. Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, München 1963 (zahlreiche Auflagen).
  • Andrea M. Kluxen: Die Ruinen-Theater der Wilhelmine von Bayreuth. In: Archiv für Geschichte von Oberfranken. Bd. 67, 1987, ISSN 0066-6335, S. 187–255.
  • Ingo Toussaint (Hrsg.): Lustgärten um Bayreuth. Eremitage, Sanspareil und Fantaisie in Beschreibungen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Georg Olms Verlag, Hildesheim u. a. 1998, ISBN 3-487-08401-5 (Forschungen zur Kunst- und Kulturgeschichte 6).

Bildergalerie

Einzelnachweise

  1. Stefanie Gensera-Söffing: Die Schlösser des Markgrafen Georg Wilhelm von Brandenburg-Bayreuth; Verlag C.u.C. Rabenstein, Bayreuth 1992; ISBN 3-928683-05-5
  2. Nach einer Beschreibung von Karl Ludwig von Pöllnitz; in: Lustgärten um Bayreuth von Ingo Toussaint
  3. Stefanie Gensera-Söffing: Die Schlösser des Markgrafen Georg Wilhelm von Brandenburg-Bayreuth; Verlag C.u.C. Rabenstein, Bayreuth 1992; ISBN 3-928683-05-5

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