Erich Salomon

Erich Salomon

Erich Salomon (* 28. April 1886 in Berlin; † 7. Juli 1944 in Auschwitz) war ein deutscher Jurist, Fotograf und Bildjournalist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Berliner Gedenktafel am ehemaligen Wohnhaus Hölderlinstraße 11 in Berlin-Westend
Stolpersteine für Erich Salomon und seine Familie

Als Sohn eines wohlhabenden Bankiers war Salomon in einem großbürgerlichen Berliner Elternhaus aufgewachsen. Er bewegte sich daher – mehrere Sprachen beherrschend – mit selbstverständlicher Sicherheit auf gesellschaftlichem Parkett. Erich Salomon hat Maschinenbau an der TU Charlottenburg sowie Rechtswissenschaften in München und Berlin studiert. Das Jurastudium schloss er 1913 mit der Promotion in Rostock ab. Nach dem Ersten Weltkrieg ging das Familienvermögen inflationsbedingt verloren. So versuchte Salomon sein Glück zunächst vier Jahre lang als Börsenmakler, dann als Taxiunternehmer – mit zwei Autos und einem Motorrad mit Beiwagen, das er selber fuhr. Dafür warb er in der Vossischen Zeitung: „Dr. der Jurisprudenz gibt Ihnen während der Beförderung Instruktionen über die Regierungsmaßnahmen zur Währungsumstellung von der Deutschen Mark zur Rentenmark“. Diese Anzeige soll ihm zum Einstieg beim Ullstein Verlag in Berlin verholfen haben; seit 1925 war er dann dort Mitarbeiter der Werbeabteilung.

Seine erste aktive Bekanntschaft mit der Fotografie machte Salomon erst 1925, also im Alter von 39 Jahren, als er, um ein höheres Gehalt zu erhalten, für den Ullstein Verlag zu fotografieren anfing. 1928 erschien in der Berliner Illustrirten Zeitung eine heimlich während eines Strafverfahrens wegen Mordes von ihm angefertigte Bildreportage, die großes Aufsehen erregte. Schon bald löste Salomon die feste berufliche Verbindung zu Ullstein, um als unabhängiger Fotoreporter zu arbeiten. Nach kurzer Zeit war er ein Star unter seinen Berufskollegen, seine Bilder erschienen in vielen deutschen und internationalen Blättern; er war einer der ersten, die ihre veröffentlichten Fotos namentlich zeichneten. In fünf Jahren lieferte er etwa 350 Reportagen, meist Aufnahmen von internationalen Konferenzen und aus den gesellschaftlichen Zentren der Weimarer Republik, Westeuropas und der USA. Salomon war der erste Fotograf, der im Weißen Haus in Washington fotografieren durfte.

Aufgrund seiner jüdischen Religionszugehörigkeit war Erich Salomon gezwungen, Deutschland mit Beginn der antisemitischen nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu verlassen. 1933 ging er ins Exil nach Holland, in das Heimatland seiner Frau, und setzte seine Arbeit von dort aus fort, nun mit eingeschränktem Wirkungskreis. 1940 überfielen und besetzten die Nazis das Land. Erich Salomon ging in den Untergrund, wurde aber denunziert, 1943 in Scheveningen verhaftet und mit seiner Frau und dem jüngeren Sohn zuerst in das KZ Theresienstadt, dann nach Auschwitz verschleppt. Dort wurden er, seine Frau und sein jüngerer Sohn 1944 ermordet (nach Unterlagen des Roten Kreuzes wahrscheinlich am 7. Juli 1944).

Erich Salomons1913 geborener älterer Sohn Otto Erich Salomon war nach London geflohen und überlebte daher die Judenverfolgung. Otto Erich Salomon, der unter dem Pseudonym Peter Hunter auftrat, war wie sein Vater Bildjournalist.

Die Technik

Eine Ermanox-Kamera

Übliche Arbeitsgeräte der Pressefotografen waren seinerzeit unhandliche Plattenkameras für Glasnegative bis 13 × 18 cm. Salomon erwarb wenige Monate nach seinen ersten fotografischen Erfahrungen eine Ermanox-Kamera. Diese war ein neu entwickelter, relativ kleiner Fotoapparat mit dem seinerzeit lichtstärksten serienmäßig hergestellten Objektiv (1:2) und einem Schlitzverschluss, der Belichtungszeiten von 1/20–1/1000 sec erlaubte. Mit der Ermanox waren Momentaufnahmen auch bei schwachem Licht, Fotos in Innenräumen ohne Stativ und Blitzlicht möglich. Als fotografisches Bildmaterial dienten Glasplatten von 4,5 × 6 cm in Einzelkassetten, von denen man problemlos eine größere Anzahl bei sich tragen konnte. 1930 kam eine Leica hinzu – noch leichter und unauffälliger als die Ermanox.

Zudem entwickelte Salomon einiges Zubehör, um seine Kameras notfalls zu verbergen: ein manipuliertes Hörgerät, einen großen, schwarzen Verband für einen scheinbar gebrochenen Arm, ausgehöhlte Bücher und einige Diplomatenköfferchen mit zweckdienlichen Öffnungen. Mit den kleinen Kameras und den dazugehörigen Vorrichtungen konnte Salomon seinen eigenen, typischen Stil der Fotoreportage entwickeln, der ihn weltberühmt machte und die Pressefotografie nachhaltig beeinflusste.

Nach Herkunft und Arbeitsweise war er damit eine Ausnahmeerscheinung unter den Pressefotografen seiner Zeit. Die Berufsbezeichnung Bildjournalist ist seine eigene Wortschöpfung.

Die Aufnahmen

Erich Salomon fotografierte etwa im Gebäude des Völkerbundes in Genf, bei spektakulären Gerichtsverhandlungen im In- und Ausland (durchaus auch ohne Genehmigung, siehe oben), im Reichstagsgebäude in Berlin und auf eleganten Empfängen in den Metropolen der westlichen Welt. Immer erschien er sehr sorgfältig gekleidet, meist im Frack oder im dunklen Anzug. Seinem familiären Hintergrund, aber auch seiner eigenen Umgänglichkeit verdankte er zahlreiche persönliche Kontakte, die ihm den Zugang zu den interessantesten Schauplätzen erleichterten. Dort wirkte er wie ein Dazugehöriger, wie ein Teilnehmer der Veranstaltungen, von denen er berichtete. Von den Mächtigen und Berühmten wurde er akzeptiert, pflegte zu manchen von ihnen ein beinahe freundschaftliches Verhältnis. Der französische Außenminister Aristide Briand äußerte über ihn:„Was ist schon eine internationale Konferenz, wenn Salomon nicht dabei ist …“ oder „Ah, le voilà! Le roi de indescrets.“.

Seine persönlichen Beziehungen, sein gewandtes Auftreten und die verhältnismäßig diskrete Fototechnik ermöglichten ihm Bilder, die das Private, Menschliche hinter den Fassaden der Ereignisse sichtbar machten. Politiker, Künstler und Gelehrte erschienen nicht in kontrollierter Pose, sondern in entspannter Atmosphäre, geschäftig, gut gelaunt oder übermüdet, je nachdem … Diese Sichtweise war damals revolutionär.

Salomon bemühte sich mit legendärer Beharrlichkeit und meist mit Erfolg, den Prominenten, die er fotografierte, nahe zu sein, auch jenseits der offiziellen Auftritte; aber er war nie wirklich indiskret, nie auf der Jagd nach privaten Skandalen. 1931 wurde sein Bildband „Berühmte Zeitgenossen in unbewachten Augenblicken“ veröffentlicht. Darin beschrieb er seinen Berufsalltag als ständigen Kampf: zuerst um Zugang zum Ort des Geschehens, dann gegen schlechte Lichtverhältnisse, zu schnelle Bewegungen und dergleichen, schließlich gegen die Zwänge des Redaktionsschlusses und die Einwände engstirniger Redakteure („Toscanini? Kenne ich nicht. Ich brauche Bilder vom Fußball“).

Der Nachlass

Einen Teil seiner Negative hatte Salomon am Haus eines Freundes vergraben, einen anderen Teil der Bibliothek des Niederländischen Parlaments zur Verwahrung gegeben. Ein dritter Teil verblieb bei seinem älteren Sohn. Dieser bemühte sich später, das verstreute Archiv wieder zusammenzuführen. Vieles war verloren gegangen; was erhalten war, übergab er 1980 an die Berlinische Galerie. Dort betreut das Erich-Salomon-Archiv über 10.000 Fotografien sowie sonstiges Archivmaterial.

1971 wurde von der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) der Erich-Salomon-Preis für außergewöhnliche bildjournalistische Arbeiten gestiftet.

Literatur

  • Erich Salomon: Berühmte Zeitgenossen in unbewachten Augenblicken. Engelhorn, Stuttgart 1931 (Nachdruck. Schirmer/Mosel, München 1978, ISBN 3-921375-24-X).
  • Janos Frecot für die Berlinische Galerie (Hrsg.): Erich Salomon. Mit Frack und Linse durch Politik und Gesellschaft. Photographien 1928–1938. Schirmer/Mosel, München 2004, ISBN 3-8296-0032-1.
  • Han de Vries, Peter Hunter-Salomon (Hrsg.): Erich Salomon. Porträt einer Epoche. Ullstein, Frankfurt am Main u. a. 1963 (Lizenzausgabe. Deutscher Bücherbund, Stuttgart u. a. 1964).

Weblinks


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