- Erkenbert-Ruine
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Die Erkenbert-Ruine ist der Rest der ehemaligen Stiftskirche St. Maria Magdalena in Frankenthal (Pfalz). Sie ist nach dem Stifter benannt. Der ursprüngliche Bau stammt aus der Zeit der Romanik und ist das älteste Baudenkmal der Stadt.[1]
Inhaltsverzeichnis
Lage
Die Erkenbert-Ruine liegt im Stadtzentrum zwischen der katholischen Dreifaltigkeitskirche im Westen und der protestantischen Zwölf-Apostel-Kirche im Osten. Im Süden und Südwesten schließen die Willy-Brandt-Anlage und das Rathaus an.
Geschichte
Der aus Worms stammende Erkenbert, auch Eckenbert genannt, war ein Ministeriale des dortigen Bischofs. 1119 gründete er auf seinem 12 Kilometer entfernten Frankenthaler Landsitz ein Augustiner-Chorherrenstift mit Hospital; später kam noch ein Skriptorium hinzu. 1125 wurde die Stiftskirche durch Bischof Burkhard II. der heiligen Maria Magdalena geweiht. Im gleichen Jahr gründete Erkenberts Gemahlin Richlinde ebenfalls in Frankenthal ein Augustiner-Chorfrauenstift. Erkenbert war bis zu seinem Tod 1132 Propst des Stiftes.
1140 wurde das Stift durch Papst Innozenz II. zur Abtei erhoben, 1142 ein weiterer Bauabschnitt geweiht. 1148 begann im Skriptorium die Herstellung der Frankenthaler Bibel, die seit 1720 in London verwahrt wird. 1163 bestätigte Papst Viktor IV. die Privilegien des Stiftes.
1171 zerstörte ein Brand große Teile der Stiftskirche.[2] Sie wurde wiederaufgebaut und 1181 durch Bischof Konrad I. neu geweiht. Um 1300 hatte das Stift seine größte Ausdehnung und Bedeutung erreicht und verfügte über Landbesitz, Schule, Hospital und Studienhaus. Besonders kunstvoll ausgestaltet war der spätgotische Lettner in der Stiftskirche, der aus dem 14. Jahrhundert stammte.
Während des Bauernkrieges 1525 wurde das Stift geplündert und beschädigt. 1562, nach der Reformation, löste Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz es auf; fortan wurde es als Unterkunft für protestantische Glaubensflüchtlinge aus Flandern und der Wallonie genutzt.
Im Pfälzischen Erbfolgekrieg brannten französische Truppen die Anlage 1689 nieder. Nur der Chor und das nördliche Seitenschiff wurden wieder aufgebaut; der Chor diente als Kirche, das Seitenschiff als Getreidespeicher. 1692 wurden weitere Teile wieder aufgebaut zur Verwendung als Kirche. Über dem ehemaligen Westflügel wurde 1756 das Rathaus errichtet.
1820 wurden Chor und Querhaus abgetragen, um den Bau einer neuen protestantischen Kirche zu ermöglichen. Der Architekt Philipp Mattlener erhielt den Südturm weitgehend und errichtete eine klassizistische Kirche, die 1823 geweiht wurde. In der Folge verschwanden weitere Teile der Ruine, nur das nördliche Seitenschiff und die Westfassade blieben erhalten.
1893 richtete der Altertumsverein im ehemaligen Getreidespeicher das Erkenbert-Museum ein. Zwischen 1910 und 1914 zog das Museum in ein Obergeschoss, das es sich mit einem großen Ratssaal teilte.
Im Zweiten Weltkrieg wurden 1943 während eines massiven Bombenangriffs auf die Stadt auch das Museum und die protestantische Kirche zerstört. Von 1950 bis 1952 erfolgte der Wiederaufbau des Gotteshauses als Zwölf-Apostel-Kirche nach den Plänen von Georg Wick. Das Rathaus wurde 1955 neu gebaut. 1960 wurden die Museumsreste entfernt und die romanische Ruine freigelegt, die später zum Atrium ausgebaut wurde.
Zustand und Nutzung
Von der voluminösen einstigen Pfeilerbasilika, die über drei Schiffe und sechs Joche, aber kein Gewölbe verfügte, sind nur wenige Reste geblieben, die in den 1990er Jahren restauriert wurden. Erhalten sind im Einzelnen:[1]
- die Westfassade
- die nördliche Außenwand des linken Seitenschiffs
- der Lettner
- ein Turmunterteil, das in den Bau der benachbarten Zwölf-Apostel-Kirche einbezogen ist
Erkennen lassen sich noch die Ansätze einer gewölbten Vorhalle. Das Säulenstufenportal der Westfassade zeigt formale Anklänge an das Nordportal des Wormser Domes; Kämpfer und Archivolten der Bögen weisen ausgereifte Blattwerkornamente und Tierfiguren auf.
Die heute an einen Innenhof erinnernde Erkenbert-Ruine wird vor allem für Freiluft-Veranstaltungen genutzt. Die sind Theater- und Filmaufführungen oder Konzerte, z. B. im Rahmen des zweiwöchigen Sommerfestivals, das jährlich im Juli/August stattfindet.[3] Im Winter 2008/09 gab es im Atrium erstmalig eine Eislaufbahn.
Quellen
- Informationstafeln an der Ruine
Literatur
- Volker Christmann: Frankenthal – Ein verlorenes Stadtbild. Darmstadt 2005
Weblinks
Commons: Klosterruine Frankenthal (Pfalz) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Stadt Frankenthal: Sehenswertes. Ruine der ehemaligen Stiftskirche St. Maria Magdalena
Einzelnachweise
- ↑ a b Stadt Frankenthal: Sehenswertes
- ↑ Stadt Frankenthal: Die Frankenthaler Bibel von 1148, S. 6 (PDF)
- ↑ Frankenthal lokal: Sommer in der City. 29. Jahrgang, Ausgabe 3, Juni 2008, S. 4 f.
49.5353694444448.3550777777778Koordinaten: 49° 32′ 7″ N, 8° 21′ 18″ OKategorien:- Kulturdenkmal in Frankenthal (Pfalz)
- Kirchengebäude in Frankenthal (Pfalz)
- Kloster (12. Jahrhundert)
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