Ernst Schiess

Ernst Schiess

Ernst Schiess (* 14. September 1840 in Magdeburg; † 9. September 1915 in Erkrath); (alternative Schreibweise: Ernst Schieß) war ein deutscher Ingenieur und Industrieller. Er war langjähriger Stadtverordneter und Vorsitzender der Industrie- und Handelskammer zu Düsseldorf und war Gründer des Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW).

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ernst Schiess stammte aus einer Magdeburger Bankiersfamilie. Er besuchte ein humanistisches Gymnasium in seiner Heimatstadt, welches er nach der Sekunda verließ. Er studierte dann ein Jahr an der Technischen Hochschule Hannover. Hier schloss er sich dem Corps Saxonia an.[1] Eine praktische Ausbildung in Manchester zeigte ihm die Bedeutung der Werkzeugmaschinen für die industrielle Entwicklung. In Schiess reifte der Entschluss, eine Werkzeugmaschinenfabrik zu gründen. Der Düsseldorfer Industrielle Albert Poensgen erkannte das Potenzial des jungen Ingenieurs. Poensgen überzeugte ihn davon, dass die Stadt am Rhein der geeignete Standort für die Umsetzung seiner Pläne sei, und half ihm aus einer kleinen Werkstatt eine Werkzeugmaschinenfabrik zu formen.[2] 1866 startete die Produktion in Düsseldorf-Oberbilk, aus der sich das weltweit bedeutendste Unternehmen seiner Art entwickeln sollte. Drei Jahre später, 1869, heiratete er und gründete eine Familie.

Schiess war seit 1889 bis zu seinem Tod Mitglied des Düsseldorfer Stadtrates[3] als Vorsitzender der Liberalen Fraktion. Er kümmerte sich besonders um Gewerbe- und Verkehrsangelegenheiten, insbesondere aber um das Gewerbeschulwesen. 1891 wurde Ernst Schiess der Titel Kommerzienrat verliehen. Im selben Jahr initiierte er mit zehn anderen Werkzeugmaschinenherstellern die Gründung des Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken. Von 1890 bis 1894 war der Unternehmer Vizepräsident der Düsseldorfer Industrie- und Handelskammer, seit 1897 ihr Vorsitzender. Zusammen mit Heinrich Lueg organisierte er die Große Gewerbeausstellung von 1902. Eine Steuerstatistik von 1910 klassifiziert Ernst Schiess’ Vermögen auf 13–14 Millionen Mark.[4]

Ernst Schiess starb am 9. September 1915 kurz vor seinem 75. Geburtstag auf seinem Landsitz in Erkrath bei Düsseldorf. Der Unternehmer wurde auf dem Düsseldorfer Nordfriedhof beigesetzt.

Das Unternehmen

Ein Portal-Fräswerk der Schiess-Defries AG im September 1930. Werkstücke bis 4,5 m Breite und Höhe und einer Länge von 24 m konnten damit produziert werden

Zu Lebzeiten des Gründers

Das 1866 gegründete Unternehmen stellte zunächst noch keine eigenen Maschinen her. Es wurden Reparaturarbeiten geleistet und einzelne Maschinenbauteile gefertigt. Erst ab 1870 lieferte Schiess Werkzeugmaschinen aus eigener Herstellung, seit 1872 auch ins Ausland. Ende 1873 beschäftige die junge Firma bereits rund 100 Mitarbeiter, trotz eines schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes. 1880, nachdem die Gründerkrise überwunden war, fand in Düsseldorf eine große Gewerbeausstellung statt. Die Firma Schiess gehörte mit 190 Mitarbeitern inzwischen zu den drei größten Werkzeugmaschinenfabriken des Deutsches Reiches. Dem Unternehmer Ernst Schiess wurde im Rahmen dieser Ausstellung die Silberne Staats-Medaille verliehen, die höchste Auszeichnung, die einem Werkzeugmaschinenhersteller verliehen worden war. Die Juroren waren von der Vielfalt und der Qualität der Schiess’schen Produkte beeindruckt. In den 1880er Jahren gelang es schließlich auch, den bis dahin größten Konkurrenten, die Dortmunder Firma Wagner & Co., zu überrunden. 1906 wandelte Schiess sein Unternehmen in eine Aktiengesellschaft um. Das Grundkapital betrug 4,7 Millionen Mark. Mitbegründer waren seine Schwiegersöhne, die Bankiers August von Waldthausen und Wilhelm Pfeiffer. 1915 hatte die Schiess AG 1023 Mitarbeiter. Der Betrieb wurde als kriegswichtig klassifiziert und verdiente gut im und am Ersten Weltkrieg. Das Unternehmen war ein bedeutender Zulieferer für die deutschen Schiffswerften.

Nach dem Tod des Gründers

1925 fusionierte die Schiess AG mit den Defrieswerken zur Schiess-Defries AG, ab 1939 firmierte man wieder unter dem alten Namen. Unter der nationalsozialistischen Herrschaft war das Unternehmen wiederum an der Produktion kriegswichtiger Güter beteiligt. Zwischen 1945 und 1948 wurden alle fünf Werke demontiert. In den 1950er Jahren wurde die Produktion im Düsseldorfer Stadtteil Lörick wieder aufgenommen. 1993 wurde das Unternehmen von der Bremer Vulkan übernommen. Das Unternehmen besteht heute in der in Aschersleben sitzenden Schiess GmbH indirekt weiter fort.

Ehrungen

Die Stadt Düsseldorf benannte 1930 eine Straße im Stadtteil Derendorf nach Schiess. Diese Straße wurde jedoch am 31. Januar 1966 umbenannt. Gleichzeitig wurde die Löricker Straße im Stadtteil Lörick, an dem die Hauptverwaltung des Konzerns lag, in Schiess-Straße umbenannt.

In Aschersleben, wo die heutige Nachfolgegesellschaft ihren Sitz hat, gibt es eine Ernst-Schiess-Straße.

Das Deutsche Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven besitzt eine Bronzeplastik von Ernst Schiess.

Literatur

  • Stephan Pfisterer: Maschinenbau im Ruhrgebiet Wagner & Co., 1865–1913. Franz Steiner, Stuttgart 2005, ISBN 978-3515088121.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 100 Jahre Weinheimer Senioren-Convent, S. 143. Bochum, 1963
  2. Reter Hüttenberger: Die Entwicklung zur Großstadt bis zur Jahrhundertwende (1856–1900). In: Hugo Weidenhaupt (Hrsg.): Düsseldorf. Geschichte von den Ursprüngen bis ins 20. Jahrhundert. Band 2. Schwann/Patmos, Düsseldorf, 1988, S. 554, ISBN 3-491-34221-X.
  3. Website der Stadt Düsseldorf: Chronik 1914
  4. Reter Hüttenberger: Vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. In: Hugo Weidenhaupt (Hrsg.): Düsseldorf. Geschichte von den Ursprüngen bis ins 20. Jahrhundert. Band 3. Schwann/Patmos, Düsseldorf, 1988, S. 194ff, ISBN 3-491-34221-X.

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