Eugen Steimle

Eugen Steimle
Eugen Steimle beim Einsatzgruppen-Prozess

Eugen Steimle (* 8. Dezember 1909 in Neubulach bei Calw; † 9. Oktober 1987 in Wilhelmsdorf, Landkreis Ravensburg) war in der Zeit des Nationalsozialismus ranghoher Mitarbeiter (SS-Standartenführer) des Sicherheitsdienstes (SD) und war als Leiter zweier Sonderkommandos von Einsatzgruppen des SD für Massenmorde in der Sowjetunion verantwortlich.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Karriere im SD

Steimle entstammte einem streng pietistischen Elternhaus und studierte Geschichte, Germanistik und Französisch an den Universitäten von Tübingen (dort gehörte er als Hochschulgruppenführer des NSDStB und Führer der Studentenschaft der Universität zu den führenden NS-Studentenaktivisten) und Berlin. In Tübingen wurde er Mitglied der Verbindung Normannia. Im Mai 1935 bestand er sein Lehramtsexamen und im März 1936 qualifizierte er sich als Studienassessor.

1932 trat er in die NSDAP ein und wurde Mitglied der SS mit der Mitgliedsnummer 272.575. Im April 1936 trat er dem Sicherheitsdienst (SD) bei (von Gustav Adolf Scheel angeworben, der den SD-Oberabschnitt Südwest organisierte). Schon im September 1936 leitete er das SD-Büro in Stuttgart.

Vom 7. September bis 10. Dezember 1941 war er Anführer des Sonderkommandos 7a innerhalb der Einsatzgruppe B. In nur zwei Monaten ermordete Steimles Einheit unter seinem Kommando 500 Juden. Von August 1942 bis Januar 1943 war er Leiter des Sonderkommandos 4a der Einsatzgruppe C. Nach Deutschland zurückgekehrt, wurde er 1943 Chef des Büros VI B des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA).

Nach 1945

Steimle wurde 1948 im Nürnberger Einsatzgruppen-Prozess zum Tode verurteilt. Als er dort gefragt wurde, wie viele Personen in der russischen Stadt Welikije Luki ermordet worden seien, gab er zunächst an, dies nicht zu wissen. Später, auf Drängen des Staatsanwaltes, antwortete er: „Ich denke es waren weniger als Tausend.“ Im Gericht versuchte Steimle die Verantwortung für die Taten einerseits auf den Führer-Befehl und andererseits auf seine Untergebenen abzuwälzen, die die Untersuchungen vorgenommen hätten. Drei junge Frauen wurden als kommunistische Partisanengruppe unter seinem Befehl erschossen. Steimle konnte vor Gericht sich nur auf Vermutungen berufen, die seine Untersuchungen ergeben hätten, die genügten ihm für die Erschießungen.[1]

Seine Strafe wurde dann von einem Gnadengericht auf 20 Jahre Gefängnis reduziert. Im Juni 1954 wurde er aus dem Kriegsverbrechergefängnis Landsberg entlassen.

Auch im Falle Steimle hatten bundesrepublikanische Politiker und Kirchenleute zunächst gegen die Todesstrafe und dann gegen die Haft interveniert.[2] Die bewusst geschaffene sprachliche Verwirrung zwischen kriegsgefangenen Soldaten einerseits und verurteilten Kriegsverbrechern andererseits führte soweit, dass die Stadt Tübingen auf einer Tafel für spätheimkehrende Kriegsgefangene auch die Namen der verurteilten Kriegsverbrecher Otto Abetz und Eugen Steimle aufführte. Im August 2003 wurde schließlich die Gedenktafel für die Kriegsgefangenen am Tübinger Holzmarkt, die dort seit 1951 hing, gänzlich entfernt.[3]

Nach der Freilassung wurde Steimle, zu seinen pietistischen Wurzeln zurückkehrend, Lehrer für Deutsch und Geschichte am damals evangelischen Gymnasium der Zieglerschen Anstalten in Wilhelmsdorf.[4]

Literatur

  • Rainer Lächele: Vom Reichssicherheitshauptamt in ein evangelisches Gymnasium. Die Geschichte des Eugen Steimle, in: Rainer Lächele, Jörg Thierfelder (Hrsg.): Evangelisches Württemberg zwischen Weltkrieg und Wiederaufbau. (= Quellen und Forschungen zur württembergischen Kirchengeschichte, Band 13). Calwer Verlag, Stuttgart 1995 ISBN 3-7668-3289-1; S. 260-288
  • Horst Junginger, Tübinger Exekutoren der Endlösung. Effiziente Massenmörder an vorderster Front der SS-Einsatzgruppen und des Sicherheitsdienstes,[2]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Musmanno, Michael A., U.S.N.R, Military Tribunal II, Case 9: Opinion and Judgment of the Tribunal. Nuremberg: Palace of Justice. 8 April 1948. pp. 168 - 171 (original mimeographed copy), S. 168 www.einsatzgruppenarchives
  2. Siehe Bestand im Landesarchiv Baden-Württemberg [1]
  3. "Heimkehrertafel" - Pressemitteilung der Stadt Tübingen
  4. Gymnasium Wilhelmsdorf (Hrg.): 150 Jahre Gymnasium Wilhelmsdorf (früher KI), Wilhelmsdorf 2007, Seite 16.

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