- Exterritorialität
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Exterritorialität (lat. ex terra, „außerhalb des Bodens“) ist ein rechtlicher Status eines Rechtssubjektes oder Gebietes. Gekennzeichnet ist dieser Rechtsstatus dadurch, dass das Rechtssubjekt oder das Gebiet nicht der Hoheitsgewalt des Staates unterliegt, in dem es sich befindet.
Im Völkerrecht wurde früher der Begriff der Exterritorialität als Fiktion für die Stellung von Diplomaten, Botschaften und Internationalen Organisationen dahingehend benutzt, dass sie angesehen wurden „als seien sie außerhalb des Landes“. Aufgrund dieses missverständlichen Wortgebrauchs entwickelte sich eine völkerrechtlich uneinheitliche Praxis. So wurde insbesondere in Südamerika die sehr weitgehende Auffassung vertreten, ein Botschaftsgelände sei rechtlich als Hoheitsgebiet des Entsendestaates zu betrachten.
Die völkerrechtliche Auffassung einer Extraterritorialität konnte sich aufgrund der Anerkennung des Primats der Souveränität aller Völkerrechtssubjekte und der Gründung des Völkerbundes nicht durchsetzen. Hiernach sind alle Staaten gleichrangig und unterliegen in ihrem Hoheitsgebiet ausschließlich den Einschränkungen des Völkerrechts, nicht aber der Hoheitsgewalt eines fremden Staates. Die Auffassung der „Exterritorialität“ ist heute nur noch im allgemeinen Sprachgebrauch verbreitet. Sie besitzt keine rechtliche Bedeutung mehr, die über eine (funktionale) Einschränkung der Gebietshoheit eines Staates aufgrund völkerrechtlicher Verpflichtungen hinausgeht.
Solche (funktionale) Beschränkungen der Gebietshoheit sind in besonderen völkerrechtlichen Übereinkommen vorgesehen: Diplomatisches Personal und diplomatische Einrichtungen genießen die Vorrechte und Immunitäten, die im Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (WÜD) geregelt und im Wesentlichen funktional ausgestaltet sind. Danach sind sie unverletzlich, beanspruchen umfangreichen Schutz des Empfangsstaates und sind immun gegen Einfluss- und Zwangsmaßnahmen. Dies befreit sie allerdings nicht grundsätzlich von der Pflicht zur Einhaltung der Gesetze des Aufenthaltstaates.
Entsprechendes gilt auch für konsularisches Personal und konsularische Vertretungen (→ Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen). Die völkerrechtliche Sonderstellung der konsularischen Mission ist allerdings nicht so weitgehend wie die der diplomatischen. Lokales Personal und sogenannte Honorarkonsuln haben nur sehr eingeschränkt an völkerrechtlichen Vorrechten teil.
Beispiele für „Exterritorialität“
- Exterritoriale Besitzungen des Heiligen Stuhls (wie beispielsweise die päpstliche Sommerresidenz in Castel Gandolfo)
- der Verwaltungssitz des Souveränen Malteser Ritter- und Hospitalordens in Rom
- die Verwaltungssitze der Vereinten Nationen in New York, Genf, Nairobi, Bonn, Rom, Santo Domingo und Wien (Vienna International Centre) sowie des Internationalen Gerichtshofes der Vereinten Nationen in Den Haag
- der Internationale Seegerichtshof in Hamburg
- Einrichtungen der Europäischen Weltraumorganisation (ESA)
- die Europäische Zentralbank in Frankfurt am Main
- das europäische Kernforschungszentrum CERN sowie das molekularbiologische Forschungszentrum EMBL
- der US-amerikanische Soldatenfriedhof in Colleville-sur-Mer (Normandie/Frankreich)
Mitunter wird fälschlich behauptet, auch die Gustav-Adolf-Gedenkstätte in Lützen sei exterritoriales Gebiet; hierbei handelt es sich jedoch lediglich um eine urbane Legende ohne jeglichen wahren Kern.
Ebenso ist das Suworow-Denkmal in der Schöllenenschlucht im schweizerischen Kanton Uri kein exterritoriales Gebiet Russlands, obwohl das genutzte Land zivilrechtlich dem Russischen Staat vermacht wurde.
Siehe auch
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