Aktivierungswahlrecht

Aktivierungswahlrecht

Die Aktivierung bezieht sich auf den Bilanzansatz, d. h. die Bilanzierung dem Grunde nach. Nach § 246 Abs. 1 HGB hat die Bilanz sämtliche Vermögensgegenstände (abstrakte Aktivierungsfähigkeit), Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten sowie Aufwendungen und Erträge zu enthalten, sofern das Gesetz nicht etwas anderes vorsieht (Aktivierungsverbote).

Aktivierungswahlrechte beziehen sich auf die konkrete Aktivierungsfähigkeit. Im Handelsgesetzbuch finden sich Aktivierungswahlrechte z. B. zu selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens (§ 248 Abs. 2 HGB), zu der Bilanzierungshilfe für aktive latente Steuern (§ 274 Abs. 1 HGB) oder zum Disagio (§ 250 Abs. 3 HGB). In diesen Fällen darf eine Aktivierung erfolgen, sie muss aber nicht vorgenommen werden.

Aktivierungswahlrechte können zur Bilanzpolitik und Gewinngestaltung genutzt werden. Sie unterliegen ebenso wie Bewertungswahlrechte (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB, Bewertungsstetigkeit), die sich auf die Bilanzierung der Höhe nach beziehen, dem Gebot der Stetigkeit (§ 246 Abs. 3 HGB, Ansatzstetigkeit).

Aktivierungswahlrechte wirken informationsverzerrend. Im Bereich der International Financial Reporting Standards gibt es daher keine expliziten Aktivierungswahlrechte. Da jedoch z. B. für die Aktivierung von Entwicklungsaufwand nach IAS 38.57 eine Reihe (schwer objektivierbarer) Nachweise erbracht werden müssen, spricht man von impliziten oder "Nachweiswahlrechten". Das bedeutet, dass bei Erfüllung der Nachweise zwar eine Aktivierung zwingend ist, die Erfüllung der Nachweise (z. B. über die technische Realisierbarkeit einer Entwicklung) aber oftmals nur schwer zu überprüfen ist und daher die Aktivierung einem faktischen Wahlrecht unterliegt.

Von Passivierungswahlrechten spricht man, wenn für eine Bilanzierung als Schulden ein Wahlrecht besteht. Dies war beispielsweise bei der Aufwandsrückstellung nach § 249 Abs. 2 HGB der Fall. Dieses Passiverungswahlrecht ist allerdings durch das Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) ersatzlos entfallen. Ein Passivierungswahlrecht besteht weiterhin für Pensionsrückstellungen die unter Art. 28 EGHGB fallen.

Für die Steuerbilanz gilt der Grundsatz: Aktivierungswahlrechte in der Handelsbilanz werden zu Aktivierungspflichten in der Steuerbilanz, Passivierungswahlrechte in der Handelsbilanz werden zu Passivierungsverboten in der Steuerbilanz. Ausnahme: Ingangsetzungsaufwand nach § 269 HGB a.F., da es sich hierbei nicht um Vermögensgegenstände/Wirtschaftsgüter handelt.

Rechtshinweis Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Aktivierungswahlrecht — im Gegensatz zur grundsätzlich bestehenden ⇡ Aktivierungspflicht das Wahlrecht, bestimmte Vermögensgegenstände, Rechnungsabgrenzungsposten und ⇡ Bilanzierungshilfen zu aktivieren. A. im Handelsrecht: ⇡ Disagio, ⇡ Agio, Damnum, ⇡ Aufwendungen für… …   Lexikon der Economics

  • Geschäfts- oder Firmenwert — („Goodwill“) ist im Rechnungswesen die Bezeichnung für einen immateriellen Vermögensposten im bilanzierenden Unternehmen, der durch entgeltlichen Erwerb von anderen Unternehmen oder Unternehmensteilen entsteht (derivativer Firmenwert) oder als… …   Deutsch Wikipedia

  • Aktive Rechnungsabgrenzung — Die Rechnungsabgrenzung ist in der kaufmännischen Buchführung ein Schritt im Periodenabschluss (i. d. R. Jahresabschluss), mit dem Werte in der Gewinn und Verlustrechnung und der Bilanz der richtigen Rechnungsperiode (z. B. Geschäftsjahr,… …   Deutsch Wikipedia

  • Aktiven — Die Aktiva zeigen die Verwendung der Finanzmittel auf und sind Bestandteil der Bilanz eines Wirtschaftssubjekts. Die Aktiva werden üblicherweise auf der linken Seite einer Bilanz aufgezeigt. Ihr Gegenstück bilden die Passiva, die auf der rechten… …   Deutsch Wikipedia

  • Aktivierungsverbot — Ein Aktivierungsverbot bedeutet, dass der Ansatz eines Wirtschaftsgutes bzw. Vermögensgegenstands als Aktivposten in der Bilanz eines Unternehmens (Aktivierung) durch eine Bilanzierungsvorschrift verboten ist. Davon zu unterscheiden ist das… …   Deutsch Wikipedia

  • Aktivseite — Die Aktiva zeigen die Verwendung der Finanzmittel auf und sind Bestandteil der Bilanz eines Wirtschaftssubjekts. Die Aktiva werden üblicherweise auf der linken Seite einer Bilanz aufgezeigt. Ihr Gegenstück bilden die Passiva, die auf der rechten… …   Deutsch Wikipedia

  • Badwill — Der Geschäfts oder Firmenwert (GoF) entspricht dem Ertragswert abzüglich des Substanzwertes eines Unternehmens. Der Substanzwert weicht von den Buchwerten ab, da er normalerweise auch die Stillen Reserven berücksichtigt. Buchwert des… …   Deutsch Wikipedia

  • Derivativer Firmenwert — Der Geschäfts oder Firmenwert (GoF) entspricht dem Ertragswert abzüglich des Substanzwertes eines Unternehmens. Der Substanzwert weicht von den Buchwerten ab, da er normalerweise auch die Stillen Reserven berücksichtigt. Buchwert des… …   Deutsch Wikipedia

  • Firmenwert — Der Geschäfts oder Firmenwert (GoF) entspricht dem Ertragswert abzüglich des Substanzwertes eines Unternehmens. Der Substanzwert weicht von den Buchwerten ab, da er normalerweise auch die Stillen Reserven berücksichtigt. Buchwert des… …   Deutsch Wikipedia

  • Goodwill — Der Geschäfts oder Firmenwert (GoF) entspricht dem Ertragswert abzüglich des Substanzwertes eines Unternehmens. Der Substanzwert weicht von den Buchwerten ab, da er normalerweise auch die Stillen Reserven berücksichtigt. Buchwert des… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”