Ferdinand Cohen-Blind

Ferdinand Cohen-Blind
Ferdinand Cohen-Blind

Ferdinand Cohen-Blind (* 25. März 1844 in Mannheim; † 8. Mai 1866 in Berlin) verübte 1866 ein Attentat auf Otto von Bismarck.

Inhaltsverzeichnis

Kindheit und Jugend

Ferdinand Cohen-Blind war der Sohn des wohlhabenden Mannheimer Witwers Jakob Abraham Cohen und dessen zweiter Frau Friederike, geb. Ettlinger. Seine Mutter war eine selbstbewusste Frau, die kurze Zeit nach der Geburt ihres Sohnes ein Verhältnis mit Karl Blind begann, einem ehemaligen Studenten, der wegen seiner radikal demokratischen Gesinnung von der Universität Heidelberg verwiesen worden war. Mit dem Geld ihres Mannes unterstützte Friederike Cohen Karl Blinds politische Aktivitäten, wurde mit ihm gemeinsam im Sommer 1847 verhaftet und vorübergehend inhaftiert. Nachdem Jakob Abraham Cohen 1848 gestorben war, heiratete Friederike 1849 Karl Blind, der dadurch zu Ferdinands Stiefvater wurde.

Nach der Niederschlagung der Badischen Revolution, in der Karl Blind auf Seiten der republikanischen Aufständischen gekämpft hatte, musste er mit seiner Frau und ihren Kindern ins Exil gehen, zunächst nach Paris, später nach Brüssel und 1852 nach London. Die Kindheit im Exil prägte Cohen-Blind, der die monarchischen Systeme der deutschen Staaten ablehnte und hoffte, seinem Stiefvater als Verfechter der Demokratie nacheifern zu können.

1862 kehrte Cohen-Blind nach Deutschland zurück und war zunächst Gasthörer an der Universität Tübingen, ab 1864 dann Student an der Landwirtschaftlichen Akademie Hohenheim, wo er sehr gute Leistungen erbrachte.

Attentat auf Bismarck

Cohen-Blind verübt das Attentat auf Bismarck

Nach Abschluss des Studiums im März 1866 begab er sich auf eine Wanderung durch Bayern und Böhmen. Die zunehmende Wahrscheinlichkeit eines Krieges zwischen Preußen und Österreich brachte ihn zu dem Entschluss, den preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck, den er als Urheber des drohenden Bruderkrieges sah, durch ein Attentat zu töten, um so den Krieg noch abzuwenden. Er fuhr von Karlsbad nach Berlin, wo er am 5. Mai eintraf und im Hotel Royal Unter den Linden abstieg.

Am Nachmittag des 7. Mai passte Cohen-Blind Unter den Linden, nahe der russischen Botschaft, Bismarck ab, der König Wilhelm im Schloss Bericht erstattet hatte und nun zu Fuß auf dem Heimweg war. Er feuerte aus einem Revolver zwei Schüsse von hinten auf den Ministerpräsidenten ab. Bismarck drehte sich schnell um und packte Cohen-Blind, der trotzdem noch drei weitere Schüsse abgeben konnte. Soldaten des gerade vorbeimarschierenden 1. Bataillons des 2. Garde-Regiments zu Fuß eilten herbei und nahmen Cohen-Blind fest. Bismarck setzte seinen Heimweg fort und wurde später am Abend vom Leibarzt des Königs, Gustav von Lauer, untersucht, der feststellte, dass die ersten drei Kugeln den Körper nur gestreift hatten und die letzten beiden Geschosse von den Rippen abgeprallt waren und keine nennenswerten Verletzungen verursacht hatten.

Cohen-Blind wurde zum Verhör ins Polizeipräsidium gebracht, wo er sich in einem unbeachteten Moment mit einem Messer die Halsschlagader durchtrennte und kurz nach vier Uhr morgens am 8. Mai verstarb. Sein Leichnam wurde später ohne Zeremonie und nachts auf dem Nikolaifriedhof beigesetzt.

Literatur

  • Julius H. Schoeps: Bismarck und sein Attentäter. Der Revolveranschlag Unter den Linden am 7. Mai 1866. Ullstein Verlag, 1984, ISBN 355007963X

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Ferdinand Cohen-Blind — (né le 25 mars 1844 à Mannheim et décédé le 8 mai 1866 à Berlin) est connu pour avoir perpétré un attentat en 1866 contre Otto von Bismarck. Sommaire 1 Enfance et jeunesse 2 Attentat contre Bismarck …   Wikipédia en Français

  • Cohen-Blind — Ferdinand Cohen Blind Ferdinand Cohen Blind (* 25. März 1844 in Mannheim; † 8. Mai 1866 in Berlin) verübte 1866 ein Attentat auf Otto von Bismarck. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Cohen — ist ein jüdischer Familienname. Der Familienname hat die höchste Verbreitung vergleichbar mit Müller und Schmidt in der deutschsprachigen Welt oder mit Smith in der englischsprachigen Welt. Herkunft und Bedeutung Cohen ist der biblische Name von… …   Deutsch Wikipedia

  • Blind (Begriffsklärung) — Blind bezeichnet: Blindheit als Eigenschaftswort ein Fehlen von Sehfähigkeit Blind (Band) eine deutsche Musikgruppe Blind (Poker) ein Mindesteinsatz beim Kartenspiel Poker Blind (Ill), ein französischer Fluss Blind ist der Nachname folgender… …   Deutsch Wikipedia

  • Blind, Karl — Blind, Karl, Schriftsteller, geb. 4. Sept. 1826 in Mannheim, beteiligte sich schon als Student der Rechte in Heidelberg an politischen Bewegungen, wurde 1847 verhaftet und trat 1848 in Baden als Parteiführer hervor. Verwundet floh er ins Elsaß,… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Blind [2] — Blind, Karl, Politiker und Schriftsteller, geb. 4. Sept. 1820 zu Mannheim, beteiligte sich 1848 an Heckers und Struves Freischarenzügen, wurde zu Zuchthausstrafe verurteilt, jedoch 1849 gewaltsam befreit, vom Landesausschuß nach Paris gesandt,… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Mathilde Blind — (* 21. März 1841 in Mannheim; † 26. November 1896 in London) war eine englischsprachige Schriftstellerin, die besonders für ihre Gedichtbände, Biografien und Übersetzungen bekannt ist …   Deutsch Wikipedia

  • Kurth-Bodo Blind — (* 19. Mai 1945 in Zell an der Pram, Oberösterreich) ist ein ehemaliger, österreichischer Politiker (FPÖ). Er war von 1991 bis 2008 Abgeordneter zum Wiener Landtag und Gemeinderat. Inhaltsverzeichnis 1 Familie 2 Schulische und berufliche Laufbahn …   Deutsch Wikipedia

  • Karl Blind — (* 4. September 1826 in Mannheim; † 31. Mai 1907 in London) war ein deutscher Revolutionär und Journalist. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Coe–Cok — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”