- Firmenbestattung
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Als Firmenbestattung bezeichnet man bestimmte Maßnahmen zur Liquidation (Auflösung) von Unternehmen mit Insolvenzmerkmalen. Die Unternehmen firmieren zumeist als Kapitalgesellschaften (juristische Personen), insbesondere als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder Aktiengesellschaft (AG).
Dieses Verfahren wird in aller Regel von gewerblichen Firmenbestattern im Auftrag des betroffenen Unternehmers durchgeführt. Zunächst wird die Gesellschaft an den Abwickler für einen symbolischen Kaufpreis veräußert und ein neuer Geschäftsführer oder Vorstand berufen. Der Zweck besteht darin, die Insolvenzantragspflicht auf die neue Leitung der Gesellschaft (Geschäftsführer/Vorstandsvorsitzender) zu verschieben. Zumeist wird gleichzeitig der Sitz der Gesellschaft verlegt, um ein späteres Insolvenzverfahren in die Zuständigkeit eines anderen Insolvenzgerichtes, ggf. in ein anderes Bundesland zu bringen. Damit soll erreicht werden, dass der ehemalige Geschäftsführer/Vorstand in seiner Region nicht mit den Folgen des Insolvenzverfahrens konfrontiert wird.
Die Durchführung des Insolvenzverfahrens ist in der Regel für den betroffenen Geschäftsführer oder Vorstand mit erheblichen beruflichen und privaten Konsequenzen verbunden. Die Insolvenzantragsstellung, die Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung und die Eintragung in das öffentliche Schuldnerverzeichnis haben für den betroffenen Geschäftsführer und Vorstand zur Folge, dass dieses negativ in den Wirtschaftsauskunfteien gespeichert wird. Dadurch ist der betroffene Geschäftsführer/Vorstand mit einem Makel behaftet, der ihn kreditunwürdig machen kann und somit einen selbstständigen Neuanfang erheblich erschweren würde. Dazu kommen die Veröffentlichungen in den Regionalzeitungen in der Rubrik Insolvenzbekanntmachungen.
Inhaltsverzeichnis
Legale Firmenbestattung
Sofern die „gewerbliche Firmenbestattung“ (Abwicklungsverkauf) nur dem Zweck dient, das Insolvenzverfahren mit einem neuen Geschäftsführer/Vorstand (und unter bestimmten Voraussetzungen) an einen anderen Gerichtsort zu führen und dabei die gesetzlichen Vorschriften (insbesondere die Insolvenzantragspflicht) eingehalten werden, ist diese Vorgehensweise rechtlich „nicht zu beanstanden“ (Oberlandesgericht Karlsruhe vom 30. Mai 2005, Az. 15 AR 8/05).
Illegale Firmenbestattung
Bei derartigen strafrechtlich zu beanstandenden Praktiken ist der neue Geschäftsführer/Vorstand in der Regel nur ein „Strohmann“ und nicht in der Lage, die Geschäfte der Gesellschaft ordnungsgemäß zu führen. Nicht selten ist er im Ausland ansässig und somit überhaupt nicht in der Lage, ein Insolvenzverfahren praktisch abzuwickeln. Die Insolvenzantragspflichten werden nicht eingehalten (Folge: Insolvenzverschleppung). Die Sitzverlegung erfolgt nur zum Schein (Briefkastenanschrift/nicht existenter Ort). Dadurch sollen die Gläubiger der Gesellschaft ins Leere laufen und zermürbt werden. Alles, was noch von Wert ist, wird veräußert, Gläubiger werden nicht befriedigt. Diese Einnahmen werden unterschlagen und nicht versteuert.
Die Geschäftsunterlagen, mit denen sich unter anderem nachweisen ließe, dass der bisherige Geschäftsführer sich diverser Insolvenzstraftaten schuldig gemacht hat, werden vernichtet. Auch sollen so Betrügereien und Unregelmäßigkeiten des Altgeschäftsführers vertuscht werden, zum Beispiel Bankrott durch unterlassene Bilanzerstellung oder Verletzung von Buchführungspflichten sowie Insolvenzverschleppung (unterlassene Insolvenzantragstellung).
Die Vorgehensweisen der kriminellen Firmenbestatter führen zu erheblichen Problemen für Gläubiger dieser Gesellschaft. Beantragen sie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, werden sie dies unter der ihnen bekannten alten Anschrift tun. Wegen der Verlegung des Sitzes ist das angerufene Insolvenzgericht aber nicht mehr zuständig. In manchen Fällen gibt es monatelange Zuständigkeitsstreitigkeiten, welche die Einleitung des Insolvenzverfahrens verzögern.
Da die gesamte Konstruktion lediglich auf Beweisvereitelung und Benachteiligung der Gläubiger ausgerichtet ist, wird sie auch als sittenwidrig beurteilt. Daraus folgt auch, dass die strafrechtliche Verantwortung des Altgeschäftsführers über die Zeit seiner formellen Geschäftsführung hinausgehen kann. Diese kriminelle Vorgehensweise begründet Schadensersatzansprüche auch gegen den „Altgeschäftsführer“, die zivilrechtliche Durchgriffshaftung in das Privatvermögen.
Häufig liegt einer Firmenbestattung die Vermittlung durch einen gewerblich tätigen „Firmenbestatter“ zu Grunde. Diese übernehmen dann im illegalen Zusammenwirken mit dem (Alt-) Gesellschafter die Aufgabe, die nötigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen vorzubereiten, einen geeigneten Scheingeschäftsführer zu engagieren und das noch vorhandene Vermögen zu Gunsten des Altgesellschafters und zur Deckung der eigenen „Honorare“ zu verwerten.
Siehe auch
Weblinks
- Beschluss des Oberlandesgericht Karlsruhe vom 30. Mai 2005, Az. 15 AR 8/05 (Abwicklungsverkauf)
- Firmenbestatter sind nicht totzukriegen, aus: FTD vom 30. September 2009
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