- Fischer-Tropsch-Reaktor
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Die Fischer-Tropsch-Synthese oder das Fischer-Tropsch-Verfahren ist ein von Franz Fischer und seinem Mitarbeiter Hans Tropsch in Mülheim an der Ruhr vor 1925 entwickeltes großtechnisches Verfahren zur Umwandlung von Synthesegas (CO/H2) in flüssige Kohlenwasserstoffe, die vor allem als synthetische Kraftstoffe genutzt werden sollen (XtL-Kraftstoffe).
Inhaltsverzeichnis
Verfahren
Es ist eine Aufbaureaktion von CO/H2-Gemischen an Eisen-,Magnesiumoxid-,Thoriumdioxid- oder Cobalt-Katalysatoren zu Paraffinen, Alkenen und Alkoholen. Die Reaktion findet bereits bei Atmosphärendruck (bei höheren Drücken entstehen hauptsächlich Alkene) und bei einer Temperatur von 160°C - 200°C statt und verläuft nach folgenden allgemeinen Formeln:
- (Alkane)
- (Alkene)
- (Alkohole)
Dabei entstehen rund 15% Flüssiggase (Propan und Butane), 50% Benzin, 28% Kerosin (Dieselöl), 6% Weichparaffin (Paraffingatsch), 2% Hartparaffine. Das Verfahren ist für die großtechnische Produktion von Benzin und Ölen aus Kohle, Erdgas oder Biomasse von Bedeutung.
Geschichte
Die Fischer-Tropsch-Synthese wurde 1925 am damaligen Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohleforschung in Mülheim an der Ruhr zur Kohleverflüssigung entwickelt. Geschichtlich war die Synthese besonders während des zweiten Weltkriegs für Deutschland von enormer Bedeutung, da so der Bedarf an flüssigen Kraftstoffen aus einheimischer Kohle gedeckt werden konnte. Es war eine Alternative zu der ebenfalls angewandten Kohleverflüssigung nach dem Bergius-Pier-Verfahren.
Anfänge: Autarkiebestrebungen in Deutschland
Im Zuge der Bestrebungen des Deutschen Reichs vor dem Zweiten Weltkrieg wurden eine Reihe von Anlagen zur Kraftstoffgewinnung aus der in großen Mengen verfügbaren Kohle aufgebaut, diese basierten allerdings vor allem auf dem 1913 entwickelten Bergius-Pier-Prozess während für die Fischer-Tropsch-Synthese nur geringe Kapazitäten aufgebaut wurden. Insgesamt wurden bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs Kapazitäten für 4,275 Mio. t/a nach dem Bergius-Pier-Verfahren und 1,55 Mio. t/a nach der Fischer-Tropsch-Synthese aufgebaut. Im Vergleich zu erdölbasierten Kraftstoffen waren allerdings beide Prozesse nicht konkurrenzfähig, sodass sie nach dem Krieg nahezu vollständig aufgegeben wurden. Dennoch nahm man in den 1970er Jahren, nach der schweren Ölkrise, die Forschung in diesem Bereich wieder auf und baute eigens in Bottrop eine Pilotanlage, die aber Ende der 1980er Jahre eingestellt wurde, da der Erdölpreis zwischenzeitlich unter 20 Dollar pro Barrel gesunken war und sich so das Verfahren nicht mehr rentierte.[1]
Ausbau von CtL-Anlagen in Südafrika
In der Republik Südafrika, die ebenfalls über ausreichend Kohleressourcen verfügte und Erdöl importieren musste, wurde aus politischen Gründen 1955 die erste moderne CtL-Anlage Südafrikas in Betrieb genommen. Gebaut wurde sie durch durch die eigens gegründete Suid Afrikaanse Steenkool en Olie (Sasol) unter Beteiligung der deutschen Lurgi AG. Die Pilotanlage Sasol 1 wurde für etwa 6.000 barrel Kraftstoff pro Tag ausgelegt. An 1980 wurden die Kapazitäten deutlich ausgeweitet, bedingt durch die politische Entwicklung Südafrikas.
So wurden 1980 und 1982 Sasol II und Sasol III in Betrieb genommen, damit stand eine Gesamtkapazität von 104.000 barrel/Tag zur Verfügung. Mit der politischen Öffnung wurde das Programm auf Erdgas als Rohstoffquelle ausgedehnt und 1995 und 1998 wurden weitere Kapazitäten für 124.000 barrel/Tag CtL- und GtL-Kraftstoff geschaffen. Da die Steinkohle im Tagebau relativ preisgünstig gewonnen werden kann, deckte das Land noch 2006 etwa 30% seines Kraftstoffbedarfs aus Kohlebenzin.[1]
GtL als moderner Kraftstoff
Sasol wurde durch die südafrikanischen Entwicklungen Weltmarktführer in den XtL-Technologien und baute 2006 ein modernes GtL-Werk in Qatar mit einer Kapazität von 34.000 barrel/Tag. Gemeinsam mit Foster Wheeler plante Sasol zudem eine Anlage in China mit einer Jahreskapazität von 60.000 barrel/Jahr. Bei beiden Anlagen werden Fischer-Tropsch-Verfahren verfolgt: Ein Hochtemperaturverfahren mit Prozesstemperaturen von 350°C (Synthol und Advanced Synthol), bei dem Ottokraftstoffe und Alkene als Plattformchemikalien produziert werden, und ein Niedrigtemperaturverfahren bei 250°C zur Gewinnung von Dieselkraftstoff und Wachsen.
1993 nahm auch der Mineralölkonzern Royal Dutch Shell seine erste GtL-Anlage in Betrieb. Die Anlage in Bintulu in Malaysia hat eine Kapazität von 12.000 barrel/Tag und wird in einem eigens entwickelten Fischer-Tropsch-Verfahren, der Shell Middle Distillate Synthesis (SMDS-Verfahren), betrieben. Gemeinsam wollen Shell und Sasol weitere GtL-Kapazitäten von etwa 60.000 barrel GtL/Tag aufbauen.
Biokraftstoffe der zweiten Generation: BtL
Im Zuge der Rohstoffwende rückten in den letzten Jahren vor allem Biokraftstoffe in den Fokus der Kraftstoffherstellung. Dabei wurden international große Kapazitäten für so genannte Biokraftstoffe der ersten Generation wie Biodiesel und Bioethanol aufgebaut. Mit der weiteren Entwicklung rückte auch die Fischer-Tropsch-Synthese zunehmend in den Fokus der Forschung und Entwicklung, BtL-Kraftstoffe werden als Biokraftstoffe der zweiten Generation vor allem in Europa stark gefördert. Aktuell gibt es noch keine BtL-Produktion - einzelne Pilotprojekte sind allerdings mittlerweile angelaufen und die Choren Industries haben auch ein erstes Werk in Freiberg, Sachsen, für den von ihnen als SunFuel und SunDiesel bezeichneten BtL-Kraftstoff aufgebaut.
Synthetischer Treibstoff in der Luftfahrt
Die US-Luftwaffe sieht sich angesichts gestiegener Treibstoffpreise bei gleichzeitig sehr hohem Bedarf gezwungen, ernsthafte Gedanken über mögliche Kosteneinsparungspotentiale zu machen. Viele Ölquellen sind in "politisch instabilen Regionen", gleichzeitig aber verfügen die USA über sehr große, dicht an der Oberfläche liegende Kohleflöze, die relativ leicht im Tagebau ausgebeutet werden können.
Am 19. September 2006 startete auf der Edwards Air Force Base eine Boeing B-52H zu einem Testflug, bei dem zwei der acht Triebwerke mit einem 50:50-Gemisch aus gewöhnlichem JP-8-Treibstoff und synthetisch aus Kohle gewonnenen Treibstoff betrieben wurden. Die Fragestellung war, wie sich dieser Treibstoff in der Praxis bewährt und ob ein wirtschaftlicher Betrieb zuverlässig möglich sei.
Literatur
- Thorsten Gottschedt: Biomass-to-Liquid(BtL)-Kraftstoffe – Übersicht und Perspektiven, darin Exkurs XtL. In: Kraftwerk Feld und Wald. Bioenergie für Deutschland. Tagungsband zum aid-Forum Landwirtschaft 2006 am 10. November 2006 in Bonn.
Weblinks
- ChemgaPedia - ausführliche Darstellung der FT-Synthese (setzt Grundkenntnisse in Chemie und Verfahrenstechnik voraus)
- The Fischer-Tropsch Archive
- Sasol Unternehmensgeschichte
- Sasol Synthetisches Wachs
- Choren
- CUTEC
Quellen
- ↑ a b vgl. Technology Review: Billig, aber schmutzig, Dezember 2006, Seite 44 ff.
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