Forster Stadteisenbahn

Forster Stadteisenbahn
Forster Stadteisenbahn
Streckenlänge: 24 km
Spurweite: 1000 mm (Meterspur)
Minimaler Radius: 15 m
Höchstgeschwindigkeit: 8 km/h

Die Forster Stadteisenbahn war eine meterspurige Kleinbahn in der Stadt Forst (Lausitz) zur Bedienung von Industriebetrieben. Sie war von 1893 bis 1965 in Betrieb. Im Volksmund wurde sie auch Jule oder Schwarze Jule genannt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gleisreste in der Inselstraße (Dezember 2008)

Die Stadt Forst war im 19. Jahrhundert zu einem Zentrum der Textilindustrie geworden. Zahlreiche Tuchfabriken waren in der Stadt angesiedelt. Die Versorgung der Fabriken mit Rohstoffen, vor allem von Kohle, wurde zum Problem. Der Transport mit Pferdefuhrwerken war umständlich und teuer. So gab es seit 1890 Pläne, eine Eisenbahn zu errichten.

Die Lokalbahn Aktien-Gesellschaft (LAG) aus München unterbreitete dem Magistrat das Angebot einer meterspurigen Bahn, auf der Normalspurwagen mit Rollböcken befördert werden sollten. Am 28. Juli 1892 erhielt die LAG die Konzessionsurkunde. Am 8. Mai 1893 wurde der Betrieb eröffnet. Die Bahn war als nebenbahnähnliche Kleinbahn errichtet und konzessioniert worden.

Im ersten vollen Betriebsjahr wurden bereits 120.400 Tonnen Güter befördert. 1914 waren es 220.760 Tonnen. Mit dem 1. Januar 1920 ging die Bahn in das Eigentum der Stadt über, da diese die Anlage einer elektrischen Straßenbahn plante.

Die Bahn wurde nach 1945 nicht verstaatlicht, weil sie nur im städtischen Raum verkehrte. Zusammen mit der Strausberger Eisenbahn war sie somit eine von nur zwei privaten Eisenbahngesellschaften in der DDR die nach dem Zweiten Weltkrieg nicht in die Deutsche Reichsbahn integriert wurden.

Durch die Zerstörung der Stadt waren viele Gleisanschlüsse überflüssig geworden, dennoch wurden 1959 immer noch 223.000 Tonnen Güter befördert. In den 1960er-Jahren galt die Bahn dem zunehmenden Kraftverkehr als Verkehrshindernis, zudem waren Lastkraftwagen als Alternative leichter verfügbar geworden. Nachdem der Stadtrat die Stilllegung beschlossen hatte, fuhr am 31. August 1965 der letzte Zug durch die Stadt. Zum 31. Dezember wurde der Betrieb formell eingestellt.

Anlagen

Betriebsmittelpunkt war der Stadtbahnhof, der über drei Rollbockgruben verfügte, nördlich des Staatsbahnhofes. Von dort führte ein regelspuriges Gleis der Stadtbahn zum Bahnhof der Staatsbahn. Die Gleisanlagen in der Stadt waren ringförmig angelegt, so dass die Bedienung der zahlreichen Gleisanschlüsse überwiegend in Rundfahrten erfolgte. Außer einem großen Ring gab es durch weitere Verbindungsgleise auch drei kleinere Ringe. Es gab sechs Umsetzstellen oder Ausweichen in weniger befahrenen Straßen, außerdem vier Gleisdreiecke.

Bei Eröffnung betrug das Gleisnetz 17,155 Kilometer und 59 Gleisanschlüsse, 1934 waren es 24 Kilometer und etwa 98 Anschlüsse. Die kleinsten Bögen hatten einen Halbmesser von 15 Metern. Als Achsfahrmasse war ein Gewicht von neun Tonnen zugelassen.

Betrieb

Mit eigenen Normalspurlokomotiven wurden die Wagen aus der Übergabe der Staatsbahn abgeholt und im Stadtbahnhof auf Rollböcke geladen. Bis zu vier, später auch fünf Normalspurwagen durften in einem Zug befördert werden. Die Rollböcke wurden mit Stangen gekuppelt, eine durchgehende Bremse gab es nicht. Daher betrug die Höchstgeschwindigkeit nur acht Kilometern in der Stunde. Da die Gleisanlagen ringförmig angelegt waren, konnten immer mehrere Züge gleichzeitig unterwegs sein. Alle Fahrten erfolgten nach Bedarf, einen Fahrplan gab es nicht. Die Wagen wurden rückwärts in die Anschlüsse geschoben. Auch zur Einfahrt in den Stadtbahnhof wurden die Züge geschoben.

Fahrzeuge

Bei Eröffnung waren zwei Regelspurlokomotiven und sechs Schmalspurlokomotiven vorhanden. Die Regelspurlokomotiven (LAG 30 und 31) waren von anderen Bahnen der Firma übernommen worden, sie wurden später gegen andere Lokomotiven (LAG 38, LAG 6) ausgewechselt. Schließlich kaufte die Stadt Forst noch eine Lokomotive, die keine Nummer erhielt. Die Schmalspurlokomotiven (LAG 32 bis 37) wurden neu von der Lokomotivfabrik Krauss hergestellt und waren als Kastenlokomotiven ausgeführt.

1922 bis 1925 wurden drei weitere Schmalspurlokomotiven vom gleichen Hersteller beschafft (Nummern 1 bis 3). Die Lokomotive 36 wurde nach der Einstellung vom Verkehrsmuseum Dresden übernommen. Von anfänglich 48 Rollböcken wuchs der Bestand auf 128 Rollböcke (1927) an, außerdem gab es zehn offene und fünf gedeckte Güterwagen.

Literatur

  • Klaus Jünemann, Erich Preuß: Schmalspurbahnen zwischen Spree und Neiße. Transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1988, ISBN 3-344-00307-0.

Weblinks


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