- Franck-Condon-Prinzip
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Das Franck-Condon-Prinzip ist eine quantenmechanische Gesetzmäßigkeit, mit deren Hilfe sich Aussagen über die Wahrscheinlichkeiten von Übergängen zwischen verschiedenen Schwingungszuständen eines Moleküls machen lassen. Das Prinzip bezieht sich dabei auf den Fall, dass sich neben dem Schwingungszustand auch die elektronische Anregung des Moleküls ändert, und wird beispielsweise in der Molekularphysik, Spektroskopie und als aktives Medium von Moleküllasern (wie Farbstoff- und Molekülgaslaser) angewandt. Es ist nach den Physikern James Franck und Edward Condon benannt.
Inhaltsverzeichnis
Physikalischer Hintergrund
Der innere Zustand eines Moleküls kann laut der Quantenmechanik nur bestimmte, diskrete Werte annehmen. Ein Zustand wird dabei beschrieben durch eine Wellenfunktion und einen zugehörigen Energiewert, den das Molekül in dem Zustand annimmt. Bei einem Molekül kann eine Änderung des Zustands, das heißt, eine Änderung der inneren Anregung auf drei Arten stattfinden:
- elektronische Anregung (durch verschiedene Anregungszustände der Elektronen im Molekül),
- Vibrations-Anregung (durch die Vibration der Atomkerne des Moleküls),
- Rotations-Anregung (durch die Rotation des Moleküls; diese spielt für das Franck-Condon-Prinzip nur eine untergeordnete Rolle).
In Abbildung 1 sind schematisch zwei verschiedene elektronische Zustände eines Moleküls dargestellt (hier am Beispiel des einfachsten Falls: dem eines zwei-atomigen Moleküls). Abgebildet ist unten der Grundzustand sowie oben ein elektronisch angeregter Zustand. Beide elektronischen Zustände sind geteilt in verschiedene Vibrationszustände (v' bzw. v'') des Moleküls, die mit Zahlenwerten von 0 und größer benannt werden.
Zwischen diesen Zuständen können durch Absorption, Fluoreszenz oder auch durch Stöße des Moleküls mit Elektronen, Atomen oder anderen Molekülen Übergänge stattfinden. Findet ein Übergang, wie in der Abbildung gezeigt, zwischen den Vibrationszuständen zweier verschiedener elektronischer Zustände statt, so wird dies ein vibronischer Übergang genannt.
Aussage des Franck-Condon-Prinzips
Das Franck-Condon-Prinzip beruht auf der Tatsache, dass der Wechsel von Elektronen zwischen verschiedenen Zuständen so schnell stattfindet (in ca. 10−15 Sekunden), dass sich der Kernabstand während der Anregung nicht ändert (Eine Kernschwingungsperiode dauert ca. 10−13 s.). Diese hohe Geschwindigkeit des elektronischen Übergangs gegenüber der Kernbewegung wird durch die geringe Masse der Elektronen ermöglicht (analog zur Born-Oppenheimer-Näherung).
Wenn ein Molekül nun von einem elektronischen Zustand in einen anderen übergeht, so ist dieser Übergang umso wahrscheinlicher, je mehr die Vibrations-Wellenfunktionen der beiden Zustände zueinander kompatibel sind. Einige vibronische Übergänge sind damit wahrscheinlicher als andere. Mit dem durch das Franck-Condon-Prinzip gegebenen Formalismus lassen sich die Intensitäten dieser Übergänge berechnen, wie sie etwa für die Spektroskopie genutzt werden.
Am Beispiel der Zustände in Abbildung 1 bedeutet dies: Vom Vibrations-Grundzustand (v'' = 0) im elektronischen Grundzustand ist der wahrscheinlichste Übergang in den elektronisch angeregten Zustand derjenige, der im Vibrations-Zustand v' = 2 endet. Übergänge in andere Vibrations-Zustände können auch stattfinden, allerdings ist die Wahrscheinlichkeit dafür geringer.
Ein Beispiel für eine solche Intensitätsverteilung zeigt Abbildung 2. Vibronische Übergänge vom elektronischen Grundzustand in den angeregten Zustand (Absorption) sind blau, die umgekehrten Übergänge (Fluoreszenz) dagegen in grün dargestellt. Die schmalen Linien werden beobachtet, wenn die Moleküle in Gasform vorliegen. Die gestrichelte Linien zeigen dagegen den Fall, dass die Moleküle in flüssiger oder fester Phase vorliegen: hier findet eine sogenannte Linienverbreiterung statt. Ein Sonderfall stellt der Übergang (v'' = 0 ↔ v' = 0) dar, denn allein hier ist die Energiedifferenz zwischen oberen und unteren Zustand für Fluoreszenz wie Absorption gleich, beide Übergänge sind also bei der gleichen Energie bzw. Frequenz beobachtbar.
Quantenmechanische Formulierung
Der Anfangszustand des Übergangs setzt sich aus einem elektronischen Anteil (ε) und einem Vibrationsanteil (v) zusammen und sei in der Bra-Ket-Notation mit bezeichnet. Für eine exakte Behandlung müsste zusätzlich noch der Spin berücksichtigt werden, der hier allerdings aus Gründen der Übersicht vernachlässigt wird. Der Endzustand sei analog mit bezeichnet.
Ein Übergang zwischen beiden Zuständen wird beschrieben durch den Dipoloperator , der sich aus der Elementarladung −e und den Orten der Elektronen, sowie den Ladungen eZj und Orten der Atomkerne zusammensetzt:
Die Übergangswahrscheinlichkeit von zu ist gegeben durch das Skalarprodukt
- ,
während die Intensität I des Übergangs das Quadrat dieser Übergangswahrscheinlichkeit ist:
- .
Um diese zu berechnen wird ausgenutzt, dass die Wellenfunktion näherungsweise durch ein Produkt aus elektronischer und Vibrationswellenfunktion ausgedrückt werden kann:
- ,
wobei die elektronische Wellenfunktion allein von den Koordinaten der Elektronen abhängt und die Vibrationswellenfunktion ψv allein von denen der Kerne.
Diese Separation der Wellenfunktionen ist analog zu der Born-Oppenheimer-Näherung zu verstehen. Sie ist die fundamentale Annahme bei dem Franck-Condon-Prinzip. Zusammengefasst ergibt sich eine Gleichung für die Berechnung der Intensitäten:
Hier wurde eine Vereinfachung vorgenommen, nämlich
,
die nur zulässig ist, solange das über die Elektronen-Koordinaten gehende Skalarprodukt wirklich unabhängig ist von der Position der Kerne. Dies ist in der Realität zwar nicht der Fall, aber für den hier vorliegenden Fall hinreichend gegeben.
Der zweite Term in oben gezeigter Gleichung verschwindet, da die Elektronen-Wellenfunktionen verschiedener Zustände zueinander orthogonal sind.
Übrig bleibt ein Produkt aus zwei Termen: Das Quadrat des ersten Terms (Überlappungsintegral) ist der sogenannte Franck-Condon-Faktor, während der zweite Term die Wahrscheinlichkeitsamplitude angibt, die die Auswahlregel des Übergangs bestimmt.
Das Franck-Condon-Prinzip macht Aussagen über erlaubte vibronische Übergänge zwischen zwei verschiedenen elektronischen Zuständen, wobei weitere quantenmechanische Auswahlregeln die Wahrscheinlichkeiten dieser Übergänge modifizieren oder diese gar ganz verbieten können. Auswahlregeln in Bezug auf die Rotation des Moleküls wurden hier vernachlässigt. Sie spielen in Gasen eine Rolle, während sie in Flüssigkeiten und Festkörpern vernachlässigbar sind.
Hervorzuheben ist, dass die quantenmechanische Formulierung des Franck-Condon-Prinzips das Ergebnis einer Reihe von Annäherungen ist, vor allem der Dipol-Näherung sowie der Born-Oppenheimer-Näherung. Die mit ihrer Hilfe berechenbaren Intensitäten können in der Realität abweichen, beispielsweise dann, wenn zusätzlich magnetische Dipolübergänge oder elektrische Quadrupolübergänge berücksichtigt werden müssen oder die beschriebene Faktorisierung in einen elektronischen sowie Vibrations- und Spin-Anteil nicht hinreichend zulässig ist.
Literatur
Originale Veröffentlichungen von Franck und Condon in Fachzeitschriften:
- J. Franck: Elementary processes of photochemical reactions. In: Trans. Faraday Soc. 21, 1926, S. 536–542.
- E. U. Condon: A Theory of Intensity Distribution in Band Systems. In: Phys. Rev. 28, 1926, S. 1182–1201.
- E. U. Condon: Nuclear Motions Associated with Electron Transitions in Diatomic Molecules. In: Phys. Rev. 32, 1928, S. 858–872.
Lehrbücher zum Thema:
- Peter W. Atkins, Ronald S. Friedman: Molecular Quantum Mechanics. 4. Auflage, Oxford University Press, 2004, ISBN 0-19-927498-3.
- Gerhard Herzberg: Molecular Spectra and Molecular Structure. (3 Bände), 2. Auflage, Krieger Publishing Company, 1992, ISBN 0-89464-789-X.
Übersichtsartikel:
- Heinz Mustroph, Steffen Ernst: Das Franck-Condon-Prinzip. Wer kennt es heute noch. In: Chemie in unserer Zeit. 45, Nr. 4, Wiley-VCH Verlag, Weinheim 2011, ISSN 0009-2851, S. 256–269, doi:10.1002/ciuz.201100547.
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