- František Palacký
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František Palacký (* 14. Juni 1798 in Hodslavice; † 26. Mai 1876 in Prag) war ein tschechischer Historiker und Politiker.
Inhaltsverzeichnis
Leben
František Palacký war der Sohn des lutherischen Dorfschullehrers Jiří (Georg) Palacký im nordmährischen Hodslavice. Von 1812 bis 1819 besuchte er die Schule in Trentschin und das evangelische Gymnasium in Preßburg, danach war er als Hauslehrer in adligen Familien tätig. 1823 wurde er in Prag Archivar der Grafen Sternberg. 1831 wurde er zum offiziellen Geschichtsschreiber (Histographen) des Königreichs Böhmen berufen. 1832 begann er an seiner monumentalen Geschichte von Böhmen zu schreiben, die ab 1836 auf Deutsch und ab 1848 auf Tschechisch erschien (unter dem Titel Dějiny národu českého v Čechách a v Moravě, übersetzt Geschichte des tschechischen Volkes in Böhmen und Mähren). Er unternahm auch den ersten Versuch, ein tschechisches Konversationslexikon vom Typ des Brockhaus-Lexikons herauszugeben. Wegen fehlender finanzieller Mittel konnte er das Vorhaben jedoch nicht verwirklichen. 1847 wurde er für seine Verdienste zum Mitglied der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien ernannt, er war außerdem Mitglied der Königlichen böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften und seit 1836 bereits auswärtiges Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Sein Sohn Jan Palacký wurde Geograph, sein Schwiegersohn František Ladislav Rieger war Politiker.
Leistungen
Palacký engagierte sich in den dreißiger und vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts für verschiedene Projekte der tschechischen Nationalbewegung (z. B. des Nationaltheaters), ab 1848 war er auch politisch tätig, so beispielsweise als Präsident des ersten Slawenkongresses. Die Wahl in die Frankfurter Nationalversammlung lehnte er mit einem berühmt gewordenen Brief ab, in dem er die Meinung vertrat, dass slawische Gebiete wie Böhmen nicht in das Deutsche Reich eingegliedert werden sollten (siehe hierzu auch Austroslawismus). Nach dem Scheitern der Revolution (Prager Pfingstaufstand) zog er sich zunächst zurück, ab den sechziger Jahren war er dann der führende Vertreter der konservativen und kaisertreuen Tschechen, beharrte aber gleichzeitig auf der Gleichberechtigung der Tschechen innerhalb der Monarchie. Ab 1861 war er Mitglied des österreichischen Herrenhauses. Nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867 radikalisierte sich seine Position zur Monarchie wieder, u. a. besuchte er in dieser Zeit Russland und knüpfte dort politische Kontakte.
Besonders einflussreich war Palackýs Geschichtskonzeption, die davon ausging, dass die Slawen schon von frühesten Zeiten an ein friedliches und demokratisches Volk waren. Seine idealisierte Betrachtung des böhmischen Mittelalters stützte sich z. T. auf die gefälschten Königinhofener und Grünberger Handschriften. Weiterhin idealisierte er die Hussiten, die er als Vertreter dieser demokratischen Grundhaltung ansah, und betrachtete die Niederlage der Protestanten in der Schlacht am Weißen Berg und die darauf folgende Rekatholisierung als eine nationale Katastrophe. Diese Konzeption hat bis weit ins 20. Jahrhundert hinein gewirkt und wurde auch von den Kommunisten in leicht veränderter Form instrumentalisiert.
Sein Einsatz für die tschechische Geschichte und Nation brachte ihm bei der Bevölkerung die Bezeichnung otec národa (Vater der Nation) ein. In seiner Forscherlaufbahn besuchte er insgesamt über siebzig Archive in ganz Europa, alleine in Vatikan fertigte er über 400 Abschriften an. Palacký sprach und beherrschte neben Latein und Altslawisch Deutsch, Ungarisch, Russisch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch und Portugiesisch.
Werke
Poesie
- Na horu Radhošť – Gedicht
- Má modlitba dne 26. července 1818 – Hymne
- Ideál říše – Ode
Wissenschaftliche Literatur
- Staročeský všeobecný kalendář
- Život Jana Amose Komenského
- Zběrky ze starožitnosti českoslovanské
- Počátkové českého básnictví, obzvláště prosodie – (1818)
- Krásověda čili o kráse a umění knihy patery
- Okus české terminologie filosofické
Geschichtliche Literatur
- Staří letopisové čeští od roku 1378 do roku 1527
- Geschichte von Böhmen
- 1. Band "Die Urgeschichte und die Zeit der Herzöge in Böhmen bis zum Jahre 1197" - 1836 online bei Google Books
- 1. Buch: "Böhmens Urgeschichte, vor der Einwanderung der Čechen" (bis 451)
- 2. Buch: "Böhmen unter den Čechen vor Verbreitung des Christentums" (451-894)
- 3. Buch: "Böhmen als Herzogtum unter dem Einflusse Deutschlands" (895-1197)
- 2. Band
- 1. Abteilung: "Böhmen als erbliches Königreich unter den Přemysliden" (1198-1306) - 1847
- 2. Abteilung: "Böhmen unter dem Hause Luxemburg, bis zum Tode Kaiser Karls IV" (1306-1378)
- 3. Band
- 4. Band "Das Zeitalter Georgs von Poděbrad" (1439–1471)
- 1. Abteilung: "Die Zeit von 1439 bis zu K. Ladislaws Tode 1457" - 1860
- 2. Abteilung: "K. Georgs Regierung." (1457 - 1471)
- 5. Band "Das Zeitalter der Jagelloniden"
- 1. Abteilung "König Wladislaw II." (1471-1500) - 1865
- 2. Abteilung "König Wladislaw II. und König Ludwig I." (1500-1526) - 1867
- 1. Band "Die Urgeschichte und die Zeit der Herzöge in Böhmen bis zum Jahre 1197" - 1836 online bei Google Books
- Dějiny národa českého v Čechách a v Moravě
- Pomůcky ku poznání řádů zemských království Českého v druhé polovině XIII. století
- Würdigung der alten böhmischen Geschichtschreiber (1869)
- Pomůcky ku poznání staročeského práva i řádu soudního
- Přehled současných nejvyšších důstojníků a ouředníků zemských i dvorských v královstvím Českém, od nejstarších časův až do nynějška
- Popis království Českého (1848)
- Skizze einer Geschichte von Prag (tsch. Stručné dějiny Prahy)
Politisches Werk
- Österreichs Staatsidee – (1866)
Literatur
- Josef Kalousek: O vůdčích myšlenkách v historickém díle Františka Palackého. 1896
- Zdeněk Nejedlý: František Palacký. 1921
- Jiří Kořalka: František Palacký (1798 - 1876) : der Historiker der Tschechen im österreichischen Vielvölkerstaat, Studien zur Geschichte der österreichisch-ungarischen Monarchie ; Bd. 30, herausgegeben von der Historischen Kommission für die Geschichte der Habsburgermonarchie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Deutschsprachige Neubearbeitung vom Verfasser unter Mitarbeit von Helmut Rumpler und Peter Urbanitsch, Wien 2007.
- W. Goldinger-K.Kučera: Palacký, Frantíšek (1798-1876), Historiker und Politiker. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 7, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1978, ISBN 3-7001-0187-2, S. 294–296 (Direktlinks auf S. 294, S. 295, S. 296).
Weblinks
Commons: František Palacký – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- František Palacký (1798—1876) – Bibliographie
- Kompletter Text seines Buches Idea státu rakouského
- Literatur von und über František Palacký im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Palacký Franz, In Constantin von Wurzbach: Biografisches Lexikon des Kaisertums Österreich. 21. Band. Wien 1870. Elektronische Version: [1]
Kategorien:- Historiker
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