Frauen im Alten Testament

Frauen im Alten Testament
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Die Frau (אשה, ischâh ist ursprünglich die feminine Form von îsch, Mensch, sodass ischâh mit »weiblicher Mensch« übersetzt werden könnte (vgl. auch die Sprachspiele mit esch, Feuer))

Inhaltsverzeichnis

Die Frau im alten Testament

Die alttestamentliche Familienstruktur war in der mosaischen Sichtweise patriarchalisch bestimmt. Die ledige Frau blieb in der Familie ihres Vaters und unterstand dessen Rechtsgewalt. Die Belege in Genesis 19,8 und Richter 19,24 bieten deutliche, wenn auch überzogene Darstellungen dieser väterlichen Gewalt. Mit der Heirat ging die Rechtsgewalt über die Frau dann auf den Ehemann über. Vergleiche auch die Vorschrift zur Steinigung einer Frau, die die Jungfräulichkeit nicht mehr mit in die Ehe bringen kann in Deuteronomium 22,20f. Die zwischen den Zeilen erkennbare Position der kanaanäischen (der nichtjüdischen) Frau war wesentlich anders.

In eigentumsrechtlicher Verfügung der Frau blieb allerdings deren Mitgift (Ijob 42,15). Später kam ein patrimonialer Erbübergang hinzu (Numeri 27,1ff; 36,1ff). Auch der Grunderwerb aus eigenen Mitteln war der Frau möglich (Spr 31,16; Elephantine-Urkunde). Eine teilweise ausgeprägte, teilweise unterschwellige Matrilinearität (Mutterfolge) hat sich bis in das heutige orthodoxe Judentum gehalten, wo ein Jude derjenige ist, dessen Mutter jüdisch ist. Begründet wird dies damit, dass die Mutter eines Menschen sich im Gegensatz zum Vater stets mit Sicherheit feststellen lässt. Vergleiche Gen 38,8f.

Einzelne Frauenfiguren

Eva

Die erste und wohl auch eine der bekanntesten Frauengestalten des Alten Testaments ist Eva (hebr. hebräisch ‏חוה‎, „die Belebte“)., die Frau Adams, von der der 2. Schöpfungsbericht (Gen. 2-4) erzählt. Sie ist der erste weibliche Mensch der Schöpfung Gottes und wird damit der Erzählung nach zur Mutter aller Menschen. Eva wird aus der Rippe Adam erschaffen und scheint als dem Mann zur Seite gestellte Gehilfin. Besonders relevant im Bezug auf die Frage nach der Stellung der Frau ist die Frage nach der Rolle Evas in der Sündenfallgeschichte. Die traditionelle jüdische Auslegung, die sich auch im Neuen Testament niedergeschlagen hat (1. Tim.2,11-15) schreibt Eva die Hauptschuld an der Versündigung des ersten Menschenpaares zu und zeichnet sie gegenüber dem Mann als versuchlicher.

Frauen zur Zeit der Erzväter

In der Zeit der Erzväter sind als bedeutende Frauengestalten zu nennen: Sara, die Frau Abrahams, die ihren Mann aus Eifersucht dazu bringt seine Nebenfrau zu entlassen, und Hagar, dessen Nebenfrau, die von ihrem Mann entlassen ein Leben in Unabhängigkeit und auch Einsamkeit wagt (Gen. 16). Rebekka, die Frau Isaaks, die ihrem jüngeren Sohn hilft, den sich den Erstgeburtssegen zu erschleichen, und damit aktiv in die vorgeschriebene Erbfolge eingreift (Gen. 27). Rahel, die Frau Jakobs, die ihren Vater den Hausgötzen stiehlt, und mit einer List der väterlichen Durchsuchung entgeht (Gen. 31). Und schließlich Tamar (Gen. 38), die ebenfalls durch eine List dafür sorgt, dass sie Nachkommen haben wird und sich damit selbst hilft gegen das an ihr geschehene Unrecht (nicht vollzogene Levirathsehe).
In Zeiten des Patriarchats waren Frauen allgemein auch nicht kultfähig, was in der nachexilischen Zeit daran ersichtlich ist, dass es im 2. Tempel einen separaten Frauenvorhof gab. Dennoch wurden auch Frauen von Jahwe in den Dienst genommen und waren als Prophetinnen aktiv. Diese waren teilweise verheiratet und es kann vermutet werden, dass sie auch von ihrem Dienst lebten (vgl. Ez. 13, 17-23).

Prophetinnen

Unter den Prophetinnen, die in der Zeit zwischen 1200 und 400 v. Chr. gewirkt haben sich zu nennen:
Hulda (2. Kön. 22,14-20), die durch den König Josia um ein Wort Jahwes zur Auffindung des Gesetzbuches gebeten wird, obwohl zeitgleich mit ihr Jeremia, Habakuk und Zefanja gewirkt haben. Sie war verheiratet mit Schallum. Des Weiteren ist Jesajas Frau zu nennen (Jes. 8,3), wobei aber nicht ganz klar ist, ob sie den Titel „Prophetin“ hatte, weil sie selbst Prophetin war oder weil sie die Frau eines bedeutenden Propheten war. Debora (Ri. 4 + 5), die verheiratet war und „prophetische Frau“ (Ri. 4,4), „Mutter von Israel“ (Ri. 5,7) und „Richterin“ (Ri. 4,4b-5) genannt wird und von Jahwe die entscheidenden Offenbarungen im Kriegsgeschehen einiger Stämme gegen einen kanaanitischen Städtkönig empfängt. Und schließlich Mirjam (Ex. 15,20; Num 12, 1-16; 20, 1b), die unverheiratet war, die aber neben Aaron und Mose Adressatin für Jahwes Reden zu seinem Volk während der Wüstenzeit gewesen zu sein schien (Ex. 12,2).

Ruth

Die Novelle um Ruth (so auch das biblische Buch) zeigt eindrücklich, wie am Leben einer Frau eine so hohe geistliche und menschliche Tugend wie Treue visualisiert wird. Ruth hält ihrer Schwiegermutter Noomi die Treue über den Tod ihres Mannes hinaus. Doch wird Ruth über diese sehr „typische“ Darstellung einer Frau (als Ehefrau, in der Sorge um ihre Schwiegermutter) auch noch als außergewöhnlich engagierte Frau gezeichnet, die ihr Lebensschicksal selbst in die Hand nimmt: Nachts, nach der Feldarbeit legt sie sich zu Boas, einem Verwandten Noomis, der daraufhin verspricht, Ruth zu heiraten. Damit ist ihr Leben gesichert und Ruth wird nach dem neutestamentlichen Zeugnis ein Platz in der Ahnengalerie des Messias Jesus zugedacht.

Esther

Ähnlich wie bei Ruth, so wird auch nach Esther ein ganzes biblisches Buch benannt. Sie, eine Jüdin, wird nach biblischem Bericht Königin von Persien durch ihre Heirat mit dem Perserkönig Ahasveros (Xerxes I.). Durch ihre mutige Fürbitte wirkt sie dem Erlass zur Vernichtung der Juden, den Ahasveros Regierungsbeamter Haman erlassen hat, entgegen und bewirkt ein neues Edikt, dass den Juden erlaubt, sich gegen ihre Feinde zur Wehr zu setzen. Esther erscheint hier nicht nur als kluge und selbstbewusste Königin, sondern sie wird auch äußerst couragiert und mutig gezeichnet und mit einem großen Herzen für ihr eigenes Volk. Noch heute gedenken die Juden dieser starken Frauengestalt am Purimfest, was ihre immense Bedeutung für das jüdische Bewusstsein als starkes und gesegnetes Volk deutlich macht.

weitere Frauen im Alten Testament

Zuletzt ist noch hinzuweisen auf einige andere Frauen, die als Königinnen einflussreich waren – natürlich immer gemessen an den Zeitumständen, die Frauen generell nur wenig Macht und Einfluss zugestanden: a) als Königin im Sinne einer Alleinherrscherin: die Königin von Juda Atalja (845-840, 2. Kön.11). b) als Hauptfrau des regierenden Königs: Michal (1.Sam. 18-19; 2.Sam. 3+6), Isebel (1.Kön.16,31; 1.Kön. 18, 19 + 21), Waschti (Est. 1,9-1,2) und Esther. c) Als Nebenfrau des regierenden Königs und Königinmutter: Rizpa, Abigail (1.Sam. 25; 27,3; 30,5 und 2. Sam.2,2; 3,3) und Bathseba (2.Sam.11,3; 12,24; 1. Kön. 1-2).
All diese Beispiele zeigen, dass Frauen sehr häufig heimlich, mit List und eher aus dem Hintergrund heraus Einfluss nehmen konnten, dies jedoch mit Mut und Courage taten und auch in diesem Handeln oft als von Jahwe Berufene auftraten. Selbstbewusste Frauen, die sich hier ihrem Gewissen stärker verpflichtet wussten als den kulturellen Konventionen und damit oft, wenn auch nicht immer, Gutes für ihr Volk erwirkten, hat es zu allen Zeiten in Israel gegeben.
Debora ist hier ein besonders schillerndes Beispiel, da ihre Aufgaben vielfältige gewesen zu sein schienen und sie herausragende Führungspersönlichkeit war in einer Zeit, in der Frauen dem Leser des Richterbuches vornehmlich in der Rolle des Opfers begegnen (vgl. Siseras Mutter, Ri. 5,28-30; Jiphtas Tochter, Ri. 11,30-40; Simsons 1. Frau (Ri. 14; 15,1-6) und die 400 Jungfrauen aus Jabes (Ri.21).

Literatur

  • K. Engelken, Frauen im Alten Israel. Eine begriffsgeschichtliche und so­zial­rechtliche Studie zur Stellung der Frau im Alten Testament; (=BWANT 130), 1990
  • G. Karssen, Frau, Mensch und Mutter in der Bibel (1. Mose 2, 23); 1976
  • C. Locher, Die Ehre der Frau in Israel. Exegetische und rechtsvergleichende Studien zu Deuteronomium 22,13-21; 1986
  • E. S. Gerstenberger u. W. Schrage, Frau und Mann, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz: Kohlhammer, 1980. ISBN 3-17-005067-2
  • C. Maier, Die "fremde Frau" in Proverbien 1-9. Eine exegetische und sozialgeschichtliche Studie; 1995
  • E. Modersohn, Die Frauen des Alten Testament; 1972
  • I. Müller, Stellung der Frau im Recht altorientalischer Kulturen und Altägyptens. Eine Bibliographie; 1996
  • E. Otto, Zur Stellung der Frau in den ältesten Rechtstexten des Alten Testaments (Exodus 20,14; 22, 15f.); in: ders., Kontinuum und Proprium. Studien zur Sozial- und Rechtsgeschichte des Alten Orients und des Alten Testaments, (=Orientalia Biblica et Christiana 8), Wiesbaden 1996, 30-48
  • E. Roellenbleck, Magna Mater im Alten Testament. Psychoanalytische Untersuchung; 1949
  • U. Winter, Exegetische und ikonographische Studien zum weiblichen Gottesbild im alten Israel und in dessen Umwelt; 1983
  • G. Weiler, "Das Matriarchat im Alten Israel", Kohlhammer 1989, ISBN 3-17-010773-9

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