Friedrich Wilhelm Kritzinger (Ministerialdirektor)

Friedrich Wilhelm Kritzinger (Ministerialdirektor)
Friedrich Kritzinger
Kritzinger als Vertreter der Reichskanzlei im Besprechungsprotokoll der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942

Friedrich Wilhelm Kritzinger (* 14. April 1890 in Grünfier bei Filehne; † 25. April 1947 in Nürnberg) war deutscher Ministerialdirektor und Staatssekretär in der Reichskanzlei während der Zeit des Nationalsozialismus.

Kritzinger war nach Hans Heinrich Lammers, dem Chef der Reichskanzlei, die zweite Führungsperson dort. Er verfügte über Kenntnisse von allen antijüdischen Maßnahmen und war innerhalb der Reichskanzlei selbst mit „Judenproblemen“ befasst. So beteiligte er sich im Jahre 1939/40 an der Erarbeitung der so genannten Verordnung gegen Volksschädlinge und an der Elften Verordnung zum Reichsbürgergesetz, der Grundlage für den Einzug des Vermögens der deutschen Juden bei deren Deportation.

Leben

Geboren als Sohn eines Pfarrers in Grünfier (Netzekreis) erlangte er das Abitur 1908 und schloss ein Jurastudium in Freiburg, Berlin und Greifswald an. 1914-1918 war er im Kriegsdienst, zuletzt als Leutnant der Reserve, und war bis Februar 1920 in französischer Kriegsgefangenschaft. 1921 legte er das Assessorexamen ab und war danach als „Hilfsarbeiter“ im Reichsjustizministerium tätig. 1925/26 stieg er zum Regierungsrat im Preußischen Handelsministerium auf. 1926 wechselte er wieder zum Reichsjustizministerium. Seit 1935 war er Mitglied der NSDAP.

Im Februar 1938 wurde er in die Reichskanzlei übernommen als Leiter der Abteilung B mit der Amtsbezeichnung eines Ministerialdirektors. Anfang 1942 wurde Kritzinger Unterstaatssekretär und noch im gleichen Jahr zum Staatssekretär befördert. Als Staatssekretär war er 1942/43 mit der Ausarbeitung von Verordnungen zur Rechtsmittelbeschränkung für Juden befasst.

Kritzinger war einer der Teilnehmer an der Wannseekonferenz. Nach einem Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte verfügte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht über ein gesichertes Wissen vom Völkermord[1]. Am 21. November 1942 wurde er (zeitgleich mit Gerhard Klopfer) von Hitler zum Staatssekretär in der Reichskanzlei befördert.

Im April 1945 floh Kritzinger vor dem Kriegsgeschehen aus Berlin. Im Mai 1945 wurde er noch Staatssekretär in der Regierung Dönitz in Flensburg. Er wurde am 23. Mai in Flensburg von den Alliierten verhaftet und nach einem Aufenthalt im Kriegsgefangenenlager Nr. 32 (Camp Ashcan) im luxemburgischen Bad Mondorf nach Bruchsal überstellt. Im April 1946 wurde Kritzinger entlassen, jedoch im Dezember erneut inhaftiert. Kritzinger erhielt bald krankheitshalber Haftverschonung. Während der Vernehmungen nach 1945 räumte Kritzinger seine Teilnahme an der Wannseekonferenz ein, deren verbrecherischen Charakter er zugab.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hans Mommsen: Der Holocaust und die Deutschen. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft ZfG 56(2008), H. 10, S. 853

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