Fritz Heider

Fritz Heider

Fritz Heider (* 19. Februar 1896 in Wien; † 1. Februar 1988 in Lawrence, Kansas, USA) war ein österreichischer Psychologe der Gestaltpsychologie, der seit 1930 in den USA lebte und arbeitete.

Heider wurde im deutschsprachigen Raum vor allem mit dem Aufsatz „Ding und Medium“ bekannt. Er gilt als der Begründer der Attributionstheorie sowie der P-O-X-Balancetheorie und erforschte naiv-psychologische Ansichten.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Heider wurde 1896 als Sohn von Moriz und Eugenie in Wien geboren. Als er ein halbes Jahr alt war, zog die Familie nach Graz, der damaligen Hauptstadt der Provinz Steiermark. Dort war sein Vater Architekt bei der Provinzialregierung. Als Heider sechs Jahre alt war, entschieden sich die Eltern aufgrund seines sensiblen und nervösen Gemüts gegen den Besuch einer öffentlichen Schule. Statt dessen erhielt er häuslichen Privatunterricht von einer Lehrerin. Mit neun Jahren besuchte er eine öffentliche Vorbereitungsklasse für zukünftige Gymnasiasten und Realschüler. 1906 verletzte Heider sich beim Spielen mit einer Zündkapsel am linken Auge. Durch eine Explosion vor seinem Gesicht wurde seine Netzhaut verletzt, was zum Erblinden des linken Auges führte. Dieser Umstand bewahrte ihn später vor dem Militärdienst im 1. Weltkrieg. Mit zehn trat er zunächst auf das Realgymnasium über, wechselte aber bereits kurze Zeit später auf ein privates Gymnasium über, das auch von seinem zwei Jahre älteren Bruder Eduard besucht wurde. Später entschloss er sich, mit zwei Schulkollegen auf das staatliche Gymnasium zu wechseln, da dies einen höheren Lehrstandard versprach.[1]

Nach dem Abitur begann er Architektur zu studieren, brach dieses Studium jedoch ab. Dann fing er mit dem Jurastudium an, das er aber ebenfalls abbrach. Es folgten vier Jahre weiteren Studiums der Psychologie und Philosophie in Graz. Im März 1920 promovierte er bei Alexius Meinong mit einer Arbeit über Kausalität. Ab 1921 hielt er sich in München und Berlin auf, wo er mit Max Wertheimer zusammenarbeitete. 1927 wurde er Assistent bei William Stern in Hamburg. Ab Herbst 1930 arbeitete er am Smith College bei Kurt Koffka in Northampton (Massachusetts). Bereits drei Monate nach seiner Ankunft heiratete er zu Weihnachten 1930 Grace Moore, eine Mitarbeiterin, mit der er später Kurt Lewins „Grundzüge der topologischen Psychologie“ ins Englische übersetzte. Mit ihr hatte er drei Söhne: John, Karl und Stephan. 1947 wurde er an die University of Kansas berufen. 1958 entstand sein Hauptwerk „The Psychology of Interpersonal Relations“. 1965 wurde er zum „University Distinguished Professor“ ernannt. Im folgenden Jahr, 1966, wurde er pensioniert.

Wirken

Heider unterhielt Beziehungen zu wichtigen Psychologen des 20. Jahrhunderts, darunter Charlotte und Karl Bühler, William Stern, den Gestaltpsychologen Wolfgang Köhler, Max Wertheimer und Kurt Koffka und vor allem Kurt Lewin. Bereits 1944 schrieb er einen Aufsatz über soziale Wahrnehmung.[2] Heider gilt mit seinen bahnbrechenden Forschungen zur Psychologie interpersonaler Beziehungen als Wegbereiter einer „Psychologie des Alltags“.

Ehrungen

  • 1959: "Lewin Memorial Award" der "Society for the Psychological Study of Social Issues (SPSSI)"
  • 1965: Distinguished Scientific Contribution Award
  • 1981: Ehrendoktorwürde der Universität Graz
  • 1987: Psychological Science Gold Medal

Einzelnachweise

  1. vgl. Heider, Fritz: Das Leben eines Psychologen, engl. Orig. The Life of a Psychologist, 1983, University Press of Kansas, Weinheim/Basel: Beltz Verlag, 2004
  2. Fritz Heider (1944). Social perception and phenomenal causality. Psychological Review, 51, S. 358-374

Literatur

  • Ding und Medium, Kulturverlag Kadmos, Berlin 2005, ISBN 3-931659-71-2 (erstmals 1926)
  • Das Leben eines Psychologen, Autobiografie, Beltz, Weinheim 2004, ISBN 3-407-22756-6
  • Psychologie der interpersonalen Beziehungen (Originaltitel: The psychology of interpersonal relations), Klett, Stuttgart 1977, ISBN 3-12-923410-1

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Fritz Heider — (February 18, 1896 – January 2, 1988) was an Austrian psychologist whose work was related to the Gestalt school. In 1958 he published The Psychology of Interpersonal Relations , which systematized and expanded upon his creation of balance theory… …   Wikipedia

  • Fritz Heider — (1896 1988) est un psychologue autrichien connu pour ses travaux sur l attribution causale et sur les relations interpersonnelles. Étudiant à l université de Graz, il obtient son doctorat en 1920. En 1930, il émigre aux États Unis, enseigne à la… …   Wikipédia en Français

  • Heider — ist der Familienname folgender Personen: August Heider (1775–1836), deutscher Maler Daniel Heider (1572–1647), deutscher Jurist und Rechtshistoriker Fritz Heider (1896–1988), österreichischer Gestaltpsychologe Gustav Heider (1819–1897),… …   Deutsch Wikipedia

  • Fritz Volbach — (* 17. Dezember 1861 in Wipperfürth; † 30. November 1940 in Wiesbaden) war ein deutscher Dirigent, Komponist und Musikwissenschaftler. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 3 Literatu …   Deutsch Wikipedia

  • Fritz Lehmann (Kameramann) — Fritz Lehmann (* 12. Januar 1912 in Großröhrsdorf, Sachsen; † 26. Dezember 2006 in Ramelsloh, Niedersachsen) war ein deutscher Kameramann. Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 2 Filmografie 3 …   Deutsch Wikipedia

  • Heider, Fritz — (1896 1988) A psychologist who was born in Vienna and, after a period in Germany, emigrated to the United States. Heider s most influential work is The Psychology of Interpersonal Relations (1958) in which he uses concepts from Gestalt psychology …   Dictionary of sociology

  • Werner Heider — (* 1. Januar 1930 in Fürth / Mittelfranken) ist ein deutscher Komponist, Pianist und Dirigent. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Ehrungen 3 Kompositionen …   Deutsch Wikipedia

  • Karl G. Heider — Karl Heider (born January 21 1935) is an American anthropologist whose work ranges from psychological anthropology to visual anthropology. He is the child of psychologists Fritz and Grace (neé Moore) Heider. He has two brothers: John and Stephan …   Wikipedia

  • Хайдер Фриц / Heider, Fritz — (1896 1988). Хайдер работал в исследовательской лаборатории Курта Коффки, занимаясь проблемами, связанными с глухотой. Концепции Хайдера изложены в его книге «Психология межличностных отношений» (The psychology of interpersonal relations) …   Психологическая энциклопедия

  • Liste der Biografien/Hei — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”