Fritz Karl Mann

Fritz Karl Mann

Fritz Karl Mann (* 10. Dezember 1883 in Berlin; † 14. September 1979 in Washington D. C.) war ein deutscher Finanzwissenschaftler und Finanzsoziologe. Er lehrte an den Universitäten zu Kiel, Königsberg und zu Köln.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung für die Finanzwissenschaft

Er begann seine akademische Laufbahn mit dem juristischen Studium, das er 1906 mit der Promotion zum Dr. jur. an der Universität Göttingen beendete. In Göttingen wurde der Grundstein gelegt zur Entwicklung seiner wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiet der Staatswissenschaften. Mann war Schüler von Adolph Wagner und Gustav von Schmoller; er promovierte 1913 in Berlin zum Dr. phil. Anschließend setzte er seine Studien in London und Paris fort, wurde Mitarbeiter von französischen staatswissenschaftlichen Zeitschriften und entdeckte in französischen Archiven das berühmte "Memoire inedit" von Montesquieu. In den Jahren vor dem Ausbruch des Weltkrieges war Manns Monographie "Der Marschall Vauban und die Volkswirtschaftslehre des Absolutismus. Eine Kritik des Merkantilsystems" das bedeutendste Resultat seiner Forschungen. Der 1. Weltkrieg musste den international orientierten Wissenschaftler besonders schmerzlich treffen, soweit Martin Heilmann von der Universität zu Kiel.

Nach dem Krieg erhielt Mann seine erste Berufung als Professor nach Kiel. Dort wirkte er als Finanzwissenschaftler, Theoretiker und Dogmenhistoriker bis zur Berufung nach Königsberg Anfang 1922. In den Königsberger Jahren konzentrierte er sich auf die historische Durchdringung der ökonomischen, politischen und soziologischen Beziehungen der Finanzwirtschaft zur Staatswirtschaft. In dieser Zeit wurde der junge Rudolf Heberle sein Mitarbeiter und Schüler.

Von Königsberg aus erhielt Mann den ersten, ausschließlich der Finanzwissenschaft zugeordneten Lehrstuhl an der Universität Köln, den er von 1927 bis 1936 innehatte. Er gründete hier im Mai 1927 das Institut für internationale Finanzwirtschaft (aus dem das heutige Finanzwissenschaftliche Forschungsinstitut an der Universität zu Köln (FiFo)) hervorging.[1] Seine grundlegenden Erkenntnisse fanden in dieser Zeit ihren Niederschlag in den Monographien "Deutsche Finanzwirtschaft" (1929), "Die Staatswirtschaft unserer Zeit" (1930) und vor allem in dem Werk "Steuerpolitische Ideale. Vergleichende Studien zur Geschichte der ökonomischen und politischen Ideen und ihres Wirkens in der öffentlichen Meinung 1600-1935" (1937), einem wichtigen Beitrag für die Klassiker der Finanzwissenschaft.[2]

Mann - getaufter Jude - emigrierte, wie viele Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler, nach Hitlers Machtübernahme. Als Fellow, finanziert vom Emergency Committee in Aid of Displaced Foreign Scholars, analysierte er 1935-44 als Ökonom im Kriegsministerium der Vereinigten Staaten die deutsche Kriegswirtschaft.

Am nächsten der Kieler Wirkensphase steht seine "Deutsche Finanzwirtschaft". Hier erkennt man, dass Mann in den zwanziger Jahren noch stark der Tradition seines Lehrers Wagner verpflichtet war; seine Analyse konzentriert sich auf die Steuerbelastung und die Gefahren eines Fiskalismus. Im Unterschied zu seinem späteren Kieler Nachfolger, Gerhard Colm, bleibt die Analyse noch dominant auf die Einnahmenseite des Budgets bezogen, werden öffentliche Ausgaben kurzerhand als Kaufkraftentzug der Volkswirtschaft deklariert, ohne die Rückwirkungen der Staatsausgaben auf den Wirtschaftskreislauf, wie es der Keynesianismus tat, zu berücksichtigen. Zu der Zeit, da Mann diese Schrift herausgab, hatten die Kollegen am Kieler Institut bereits andere Wege eingeschlagen. Allerdings sollte sich Mann unter dem Einfluss seiner finanzsoziologischen und historischen Studien bald aus dieser Tradition lösen und den Zugang zur makroökonomisch orientierten Finanzwissenschaft finden.[3]

Bedeutung für die Finanzsoziologie

Mann verfasste volkswirtschaftliche und finanzsoziologische Abhandlungen zum Steuersystem einer Gesellschaft. Nach Erwin K. Scheuch ist er der Begründer der Finanzsoziologie.[4] Fritz Karl Mann definierte die Finanzsoziologie als jene Wissenschaft, die sich mit folgenden Fragen beschäftigt: "Die finanzwirtschaftlichen Institutionen eines Landes sind unter einem doppelten Aspekt zu betrachten: einerseits als Erzeugnis gesellschaftlicher Kräfte; andererseits als ein Mittel, die bestehende Gesellschaftsordnung zu erhalten oder umzugestalten. (…) Gegenstand der Finanzsoziologie bilden (…) die Wechselbeziehung von „Finanzwirtschaft“ und Gesellschaftsordnung. Hierbei wir die Finanzwirtschaft in dem üblichen Sinne verstanden: meist als die Finanzverwaltung des Staaten, Gemeinden und sonstigen politischen Verbände oder auch als funktioneller Komplex: die in der Mittelbeschaffung und Mittelverwendung kulminierenden Tätigkeiten des ´Fiskus´".[5]

Einen guten Überblick über seine finanzsoziologischen Arbeiten bietet sein Werk Finanztheorie und Finanzsoziologie, erschienen bei Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen 1959, in dem verschiedene frühere Beiträge abgedruckt sind.

Publikationen (Auswahl)

  • Die Volkswirtschafts- und Steuerpolitik des Marschalls Vauban, 1913
  • Die Staatswirtschaft unserer Zeit. Eine Einführung, 1930
  • Steuerpolitische Ideale. Vergleichende Studien zur Geschichte der ökonomischen und politischen Ideen und ihres Wirkens in der öffentlichen Meinung 1600 – 1935, 1937
  • Finanztheorie und Finanzsoziologie, 1959
  • Der Sinn der Finanzwirtschaft, 1978

Ein umfassendes Schriftenverzeichnis findet sich bei Julia C. Ahrend: Fritz Karl Mann. Ein Pionier der Finanzsoziologie und der Theorie der Parafiski im Schnittfeld deutscher und amerikanischer Wissenschaftskultur.[6]

Quellen

  1. Informationen auf der Homepage des Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstituts an der Universität zu Köln, abgerufen am 9. September 2011.
  2. Klassiker der Nationalökonomie
  3. Lehrstuhl für Finanzwissenschaft, Sozialpolitik und Gesundheitsökonomik der Universität zu Kiel, abgerufen am 16. Mai 2011
  4. vgl. Scheuch, Erwin K., Sozialer Wandel, VS Verlag 2003, S. 22
  5. Mann, Fritz Karl, Finanzsoziologie, in: Bernsdorf, Wilhelm (Hrsg.), Wörterbuch der Soziologie, Enke, Stuttgart 1969. S. 290
  6. Ahrend, Julia C., Fritz Karl Mann: Ein Pionier der Finanzsoziologie und der Theorie der Parafiski im Schnittfeld deutscher und amerikanischer Wissenschaftskultur. Beiträge zur Geschichte der deutschsprachigen Ökonomie, Metropolis Verlag, ISBN 978-3-89518-785-8

Literatur

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Fritz Karl — (Romyverleihung 2011 in Wien) Fritz Karl (* 21. Dezember 1967 in Gmunden, Oberösterreich) ist ein österreichischer Theater , Film und Fernsehschauspieler. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Mann (Familienname) — Mann ist ein deutscher Familienname. Der Name geht zurück auf Mann und mittelalterliche Nebenbedeutungen des Begriffs (tüchtiger Kerl, Lehnsmann, Vasall, Ministeriale[1]) sowie auf Ableitungen aus den altdeutschen Rufnamen Maganhart, Mannhart,… …   Deutsch Wikipedia

  • Fritz Ries — (* 4. Februar 1907 in Saarbrücken; † 20. Juli 1977 in Frankenthal) war ein deutscher Industrieller. Inhaltsverzeichnis 1 Familie 2 Leben 3 Weblinks …   Deutsch Wikipedia

  • Fritz K. Beller — Fritz Karl Beller (* 17. Mai 1924 in München; † 12. März 2008 in Fort Myers) war ein deutscher Gynäkologe. Beller studierte Medizin in Berlin, Prag und Marburg. 1949 wurde er in Marburg mit der Arbeit „Versuch einer vergleichenden Pathologie der… …   Deutsch Wikipedia

  • Karl (Familienname) — Karl ist ein deutscher Familienname. Herkunft und Bedeutung Relative Häufigkeit des Familiennamens Karl in Deutschland Karl wurde vom althochdeutschen „karal“ abgeleitet und bedeutet „Mann“, „Ehemann“. Auch „der Freie “, „der Tüchtige “. Der… …   Deutsch Wikipedia

  • Karl Welunschek — (* 26. Mai 1955 in Wien) ist Theaterregisseur, Bühnenbildner, Theaterintendant und Kurator. Er lebt derzeit in Graz, Wien und Berlin. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Die Entdeckung des theatralen Genius …   Deutsch Wikipedia

  • Fritz Achterberg — auf einer Fotografie von Alexander Binder Fritz Achterberg; gebürtig Fritz Karl Walther Achterberg (* 2. November 1880 in Berlin; † 12. Oktober 1971 in Weimar, DDR) war ein deutscher Schauspiel …   Deutsch Wikipedia

  • Fritz Neubert — (* 2. Juli 1886 in Bautzen; † 2. Juli 1970 in Berlin) war ein deutscher Romanist. Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Werk 2 Weitere Werke 3 Literatur …   Deutsch Wikipedia

  • Fritz von Loßberg — Friedrich (Fritz) Karl von Loßberg (* 30. April 1868 in Bad Homburg vor der Höhe; † 4. Mai 1942 in Lübeck) war ein deutscher Offizier, zuletzt General der Infanterie. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Auszeichnungen 3 …   Deutsch Wikipedia

  • Mann — männlicher Mensch; Herr; Kerl (umgangssprachlich); Angetrauter; Ehegatte; Ehemann; Gatte; Gemahl * * * Mann [man], der; [e]s, Männer [ mɛnɐ] und (als Mengenangabe nach Zahlen) : 1. erwach …   Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”