- Gastrektomie
-
Als Gastrektomie (griechisch γαστρεκτομή, vergleiche altgriechisch γαστήρ, gastér und die Ektomie) wird im medizinischen Sprachgebrauch die vollständige Entfernung des Magens bezeichnet. Sie wird in der Regel zur Behandlung des Magenkarzinoms erforderlich. Abzugrenzen ist der Begriff von der Magenresektion, bei der nur ein Teil des Magens entfernt wird zur Behandlung gutartiger Erkrankungen des Magens und Zwölffingerdarms (Duodenum).
Inhaltsverzeichnis
Indikation
Eine absolute Indikation zur Gastrektomie ist das kurativ entfernbare Magenkarzinom, es sei denn, der Allgemeinzustand des Patienten lässt einen so großen Eingriff nicht zu. Nur in Ausnahmefällen, wenn ein sehr kleiner Tumor (Stadium bis T1) nahe am Magenausgang (Antrum) liegt, kann eine 4/5-Magenresektion durchgeführt werden.
Regelhaft gehört zur Tumor-Gastrektomie die systematische Lymphknotenausräumung, je nach Lage und Größe des Tumors muss gegebenenfalls eine erweiterte Gastrektomie vorgenommen werden. Häufig wird hier die Milz und der Schwanz der Bauchspeicheldrüse mitentfernt („abdominal erweiterte linksregionale Gastrektomie“).
Bei sehr distal gelegenem Tumor muss gegebenenfalls der Zwölffingerdarm (Duodenum) und der Kopf der Bauchspeicheldrüse teilweise entfernt werden (partielle Duodenopankreatektomie), man spricht dann von einer „abdominal erweiterten rechtsregionalen Gastrektomie“.
Als „transmediastinal erweiterten Gastrektomie“ wird die Gastrektomie mit Entfernung des unteren Drittels der Speiseröhre bezeichnet. Dieser Eingriff ist bei sehr hohem Tumorsitz im Bereich der Cardia erforderlich.
Selten ergeben sich Indikationen zur Gastrektomie bei gutartigen Erkrankungen: Das Mallory-Weiss-Syndrom ist eine blutende (hämorrhagische) Entzündung der Schleimhaut im unteren Bereich der Speiseröhre (Ösophagus) und/oder im Bereich des Mageneingangs (Kardia) und kann im Extremfall zu anderweitig nicht stillbaren Massenblutungen führen. Das „Ulcus Dieux-la-foie“ ist ein seltenes, hoch an der Kardia sitzendes Magengeschwür, gelegentlich mit heftiger arterieller Blutung; gelingt hier eine endoskopische Blutstillung nicht, muss gegebenenfalls notfallmäßig eine Gastrektomie erfolgen.
Schmerzausschaltung, Lagerung und Zugang
Die Gastrektomie wird ausschließlich in Intubationsnarkose vorgenommen. Ein zusätzlich vor der Operation (präoperativ) gelegter PDA-Katheter (Rückenmarkskatheter) hilft während der Operation (intraoperativ) Schmerzmittel zu sparen und erleichtert nach der Operation (postoperativ) Schmerzbehandlung.
Der Eingriff wird in Rückenlagerung mit etwas Überstreckung der unteren Brustwirbelsäule durchgeführt. Als Zugang kann der Oberbauchlängsschnitt (mediane Oberbauchlaparotomie) bei schlanken Patienten ausreichen, eine bessere Übersicht bietet eine Kombination aus Längs- und Querlaparotomie im Sinne eines auf dem Kopf stehenden T. Hiermit lässt sich auch eine der oben beschriebenen Erweiterungen ohne Probleme durchführen. Das Operationsfeld wird durch ein so genanntes Retraktorsystem offen gehalten.
Im Falle der erforderlichen transmediastinalen Erweiterung muss der Zugang gelegentlich um eine rechtsseitige Eröffnung des Brustkorbs (Thorakotomie) ergänzt und die Operation als „Zweihöhleneingriff“ (Brusthöhle und Bauchhöhle eröffnet) durchgeführt werden.
Entfernung des Magens und Lymphadenektomie
Die Gastrektomie beginnt mit der Ablösung des linken Leberlappens vom Zwerchfell zur Freilegung des unteren Ösophagus, um vorab festzustellen, ob der Eingriff abdominal durchführbar ist oder eine Thorakotomie nötig wird. Dann wird das große Netz (Omentum majus) vom Dickdarm abgelöst und somit die Bursa omentalis eröffnet. Jetzt kann die Ausbreitung des Tumors in das Retroperitoneum beurteilt werden, also in Richtung Bauchspeicheldrüse und linker Niere.
Die Blutversorgung der großen Kurvatur (s. erstes Bild), bestehend aus der Arteria gastroepiploica dextra und sinistra sowie den begleitenden Venen wird abgangsnah durchtrennt. Es folgt die Eröffnung der kleinen Kurvatur, das Aufsuchen der Arteria gastrica dextra nahe am Pylorus und Durchtrennen derselben. Der obere Zwölffingerdarm wird nun knapp unterhalb des Pylorus durchtrennt; hierzu wird meist ein Klammernahtgerät (Stapler) verwendet. Im Bereich der durchtrennten Arterienstümpfe nahe der Bauchschlagader (Aorta abdominalis) wird nun mit der Lymphadenektomie begonnen. Hierbei wird das lymphknotenhaltige Bindegewebe über der Leberarterie (Arteria hepatica communis), der Milzarterie (Arteria lienalis) entlang der Oberkante der Bauchspeicheldrüse und der Zwölffingerdarm-Arterie (Arteria gastroduodenalis) entfernt und diese Arterien somit völlig freigelegt. Am gemeinsamen Ursprung dieser Arterien (Truncus coeliacus) wird das Lymphgewebe bis zur Bauchschlagader entfernt. Die kurzen Arterien zwischen Milz und Magen (Arteriae gastricae breves) werden jetzt durchtrennt und die große Kurvatur bis zur Speiseröhre freigelegt. Im Fall der linksregionalen Erweiterung werden die kurzen Arterien belassen und die Milz an Gefäßstiel abgesetzt. Nun kann der Endabschnitt der Speiseröhre ebenfalls mit einem Stapler durchtrennt werden. Als Präparat entfallen nun en-bloc der Magen, das große Netz und die Milz.
Magenersatz
Es existieren eine große Zahl von Methoden für den Magenersatz. Hier werden daher nur die drei wichtigen Grundformen erläutert.
Darminterposition
Zwischen Ösophagus- und Duodenalstumpf wird ein isoliertes, an seiner Gefäßversorgung belassenes Teilstück des Dünndarms (Jejunum) oder Dickdarms (Koloninterposition) eingenäht. Bevorzugt wird wegen seiner guten Beweglichkeit das Jejunum verwendet. Die Verbindung zwischen Ösophagus und dem Interponat („Ösophago-Jejunostomie“) kann als End-zu-Seit-Anastomose oder mit einer zusätzlichen „Jejunoplicatio“, einer Umschlingung der Anastomose mit dem oberen Dünndarmteil, ausgeführt werden. Diese hat den Zweck, als Ersatz für die Ventilfunktion der Kardia einen Reflux zu verhindern.
Dünndarmschlinge mit Ersatzmagenbildung
Analog dem Vorgehen bei der Billroth-II-Resektion kann eine Jejunumschlinge am Ösophagus anastomosiert werden, Durch eine lange Seit-zu-Seit-Anastomose dieser Schlinge dicht unterhalb der Ösophagojejunostomie kommt eine Art Reservoir zustande im Sinne eines Ersatzmagens. Auch hier wird eine Braunsche Fußpunktanastomose angelegt. Der Duodenalstumpf wird blind verschlossen.
Einfache Dünndarmschlinge
Hier wird das obere Jejunum an einer geeigneten Stelle durchtrennt. Die distale, abführende Schlinge wird zum Ösophagus hochgezogen und mit diesem - mit oder ohne Jejunoplicatio - anastomosiert. Das Ende der zuführenden Schlinge wird End-zu-Seit mit der abführenden Schlinge verbunden (Roux-Y-Anastomose). Der Duodenalstumpf wird ebenfalls blind verschlossen.
Risiken und Komplikationen
Unspezifische Operationsrisiken sind intra- und postoperative Blutung (Blutkonserven müssen bereitgehalten werden), Wundheilungsstörungen, Entstehung von Narbenbrüchen (Hernien), Thrombose, Lungenembolie und postoperative Lungenentzündung.
Spezifische Risiken sind Verletzungen der Gallenwege, der Leber, der Milz (falls nicht ohnehin entfernt) und der linken Niere. Die Gefahr einer Anastomoseninsuffizienz ist besonders an der Ösophagusanastomose relativ hoch und kann nur durch genaueste Beachtung der Durchblutung und absolute Spannungsfreiheit vermieden werden. Außer einer Peritonitis droht hier ggf. auch eine mindestens ebenso gefährlich Mediastinitis, wenn die Anastomose oberhalb des Zwerchfells liegt.
Spätkomplikationen sind zum einen die perniziöse Anämie aufgrund des Fehlens von Vitamin B12, welches nur durch den in der Magenschleimhaut gebildeten Intrinsic-Faktor aufgenommen werden kann. Zur Prophylaxe muss alle drei Monate Vitamin B12 injiziert werden, da es peroral durch den fehlenden Magen nicht mehr verwertet werden kann. Zum anderen kann es zur Ausbildung eines Dumping-Syndroms durch Wegfall der Reservoirfunktion des Magens bei Aufnahme großer kohlenhydratreicher Nahrungsmengen kommen. Beim Frühdumping entziehen die im Dünndarm befindlichen Kohlenhydrate dem Gefäßsystem Wasser, was zusammen mit einer Stimulation des Parasympathikus zu einem Blutdruckabfall, bis hin zum Volumenmangelschock führen kann. Das Spätdumping entsteht dagegen ca. 2 Stunden nach Nahrungsaufnahme durch überschießende Insulinsekretion, was zu Herzrasen und Hypoglykämie führt. Meistens verschwinden die Beschwerden mit der Zeit durch Gewöhnung und Anpassung der Ernährungsgewohnheiten.
Quellen
- J.R. Siewert, A.H. Hölscher, J. Lange et al.: Eingriffe beim Magenkarzinom in Breitner. Hrsg. von F. Gschnitzer et al. Chirurgische Operationslehre Bd. IV: Chirurgie des Abdomens 2, 2. Aufl., Verlag Urban&Schwarzenberg, München - Wien - Baltimore, 1989, ISBN 3-541-14442-4
Bitte den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten! Kategorien:- Therapeutisches Verfahren in der Viszeralchirurgie
- Operatives Therapieverfahren
Wikimedia Foundation.